Was waren das für vollmundige Aussagen zum Wachstum in den kommenden Jahren mit 30 Prozent pro Jahr. Jetzt der Rückschlag, weil ein Großauftrag des Unternehmenspartners SK group/Sk ecopland die Jahresziele für 2023 im 4. Quartal um 160 Millionen US-Dollar verfehlt hat. Was ist davon zu halten? Eine nur vorübergehende Eintrübung der Wachstumsperspektiven?
Für mich ist diese Frage mit einem klaren JA zu beantworten, denn Bloom Energy überzeugt mit seiner Technologie und seinem Geschäftsmodell, sichere und saubere Energie rund um die Uhr zu liefern. Hinzu kommt die Einführung der eigenen SOFC-Elektrolyse, die ab 2025 durch Aufträge sichtbar wird – man startet mit einer Kapazität von 2 GW pro Jahr.
Zu den Zahlen: Bloom Energy hat im 4. Quartal 2023 einen Umsatz von 357 Mio. US-$ erzielt. Für das Gesamtjahr 2023 sind es 1,33 Mrd. US-$ – geplant waren 1,4 bis 1,5 Mrd. US-$, also 160 Mio. US-$ weniger. Noch wichtiger: Die Non-GAAP-Gewinnmarge soll bis 2024 auf 28 Prozent steigen. Der milliardenschwere Rahmenvertrag mit der südkoreanischen SK Group, die auch größter Einzelaktionär von Bloom ist, soll nun besser definiert werden, indem feste Umsatzgrößen pro Quartal vereinbart werden. Die 160 Millionen US-Dollar sollen dann in das neue laufende Geschäftsjahr einfließen. Allerdings wird das Wachstum im 1. Halbjahr 2024 geringer ausfallen als erwartet, bis es im 2. Halbjahr wieder anzieht (40:60). Bloom spricht nun für 2024 von einem Umsatzziel von 1,4 bis 1,6 Mrd. US-Dollar – es sollten einmal mehr 1,8 Mrd. US-Dollar für 2024 werden. Ein Blick auf den Unternehmensgewinn zeigt: Mit einem Plus von 27,4 Mio. US-$ als Non-GAAP-Gewinn im 4. Quartal 2023 ist es sehr gut gelaufen. Ein positiver Ausblick, denn der Gewinn ist wichtiger als der Umsatz. Der Non-GAAP-Gewinn wird für dieses Jahr auf 75 und 100 Mio. US-$ prognostiziert, ein gutes Zeichen auf dem Weg zu nachhaltigen und steigenden Gewinnen.
CFO Cameron verlässt das Unternehmen, doch Zukunftsaussichten überzeugen
Finanzvorstand Greg Cameron verlässt das Unternehmen aus persönlichen Gründen. Das ist eigentlich eine schlechte Nachricht. Angesichts der guten Perspektiven dürfte sie aber bald vergessen sein, sofern ein geeigneter neuer CFO gefunden wird – die Suche läuft.
Bloom verfügt über einen Auftragsbestand von 12 Mrd. USD (Backlog – 3 Mrd. USD für Hardware und 9 Mrd. USD für langfristige Serviceverträge). Das Unternehmen ist mit seinen Energieservern sehr gut positioniert und hat bereits eine führende Position im Bereich der Hochtemperatur-Elektrolyseure, die 2025 mit einer Anfangsleistung von 2 GW pro Jahr auf den Markt kommen werden. Testreihen, unter anderem beim Idaho National Lab, seien „extrem positiv“ verlaufen, hieß es bei der Bilanzpressekonferenz. Fast 750 Mio. US-$ an liquiden Mitteln auf dem Konto sind ein gesundes Polster für die Finanzierung aus eigener Kraft. Erst im 2. Halbjahr 2025 müssen Schulden in Höhe von 250 Mio. US-$ refinanziert werden – kein Problem.
Das Ziel ist klar definiert: 2024 setzt Bloom auf eine Steigerung der Gewinnmarge, die sich aus Kostenmanagement, höheren Margen im Dienstleistungssegment und Preisdisziplin zusammensetzt. Die Ausgaben für Material zur Vermeidung von Problemen in der Lieferkette (Lagerbestände) werden in diesem Jahr deutlich sinken – Bloom sei gut aufgestellt. Die Produktionsstätte in Fremont habe eine Kapazität von 700 MW pro Jahr, die leicht verdoppelt werden könne. Zudem werden neue Geschäftsmodelle (Energie auf Abruf 24/7 und Heat & Power) sowie viele Innovationen das neue Geschäftsjahr bestimmen.
Klar sei: KI sowie die zunehmende Elektrifizierung – man denke nur an batterieelektrische Autos – werden den Energiebedarf nicht wie bisher um 0,5 Prozent pro Jahr steigen lassen, sondern um das Zehnfache, so CEO Sridhar. Der fehlende Netzausbau (Stromtrassen) werde Insellösungen wie die von Bloom begünstigen. O-Ton Bloom: Regenerativ erzeugter Strom werde das Defizit stillgelegter Kohle- und Atomkraftwerke nicht ausgleichen können. Damit steige das Risiko von Stromausfällen und mangelnder Verfügbarkeit von Energie in erheblichem Maße. Ging es bisher oft um den Preis der Energie, so geht es jetzt um die Verfügbarkeit und die Versorgungssicherheit, denn ein Stromausfall kann enorme Schäden verursachen. All dies spielt Bloom Energy perfekt in die Hände, so CEO Sridhar.
Bloom als Partner für Rechenzentren und Energieversorger
Im Bereich der Rechenzentren entwickelt sich eine große Nachfrage nach Energielösungen wie denen von Bloom. Man spricht mit den führenden Unternehmen der Branche. Hier geht es inzwischen um Gigawatt und nicht mehr um Megawatt. Bloom setzt dabei auch auf seine schnelle Projektumsetzung (‚rapid deployment capability‘) und Flexibilität. Der große zusätzliche Energiebedarf kommt von den sogenannten Greenfield Data Centers, die quasi auf der grünen Wiese entstehen und einen Energiezugang benötigen. Hier werden bis 2024 viele Aufträge vergeben. Abwärme aus Rechenzentren über Net-Zero-Stream und Net-Zero-Cooling als CO2-freies Abfallprodukt für Prozesswärme soll genutzt werden (= CHP = „combined heat and power“). Mit diesen Lösungen kann Bloom auch Energieversorger (Utilities) unterstützen, denn Energie kann flexibel, sauber und um 50 Prozent günstiger und fünfmal schneller bereitgestellt werden, als wenn z. B. Dieselgeneratoren oder Gasturbinen zugeschaltet werden. Damit ist Bloom auch ein Partner für Energieversorger.
Als neuer CTO = Chief Technical Officer konnte Dr. Ravi Prasher gewonnen werden. Dieser ist unter anderem Mitglied der renommierten National Academy of Engineering. Er ist nun Chief Commercial Officer von Bloom mit dem Ziel, Geschäftsmöglichkeiten in konkrete Aufträge umzuwandeln. Wie so viele Bloom-Manager kommt er von GE, wo er 20 Jahre lang tätig war. Er sieht die Hochtemperatur-Brennstoffzellen von Bloom als Game Changer, da bei der Verbrennung von Wasserstoff kein SOx, kein NOx und null CO2-Emissionen entstehen. Bloom, so Dr. Prasher, könne alle Probleme lösen, die viele Industrieunternehmen mit ihrer Energienutzung hätten. Zudem sei die Elektrolyse-Technologie von Bloom die effizienteste auf dem Markt.
Jüngste Nachricht: Bloom Energy plant eine Kooperation mit Shell zur Nutzung der eigenen SOFC-Elektrolyse für die großtechnische Produktion von Wasserstoff (Pressemitteilung vom 6.3.24). Bloom verweist darauf, dass man bereits sehr erfolgreiche Testreihen mit dem NASA Armes Research Center in Mountain View durchgeführt habe: 2,4 Tonnen Wasserstoff pro Tag konnten dort produziert werden. Das ist mehr Wasserstoff pro Megawatt Energie, als mit PEM- und Alkalin-Elektrolyseuren möglich ist. Gute Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit Shell.
Fazit: Mit einer Börsenbewertung von nur 2 Mrd. US-$ ist ein Niveau erreicht, das den Wachstumsperspektiven nicht entspricht und Bloom sogar zu einem Übernahmekandidaten macht. GE oder Siemens Energy sollten sich – so mein Vorschlag – das Unternehmen genau anschauen und eine Strategie wie SK Group verfolgen (Beteiligung und gemeinsame Nutzung der Bloom-Technologien). Die Börse wird die Perspektiven bald wieder richtig einschätzen und die aktuelle Unterbewertung schnell vergessen lassen, so mein Fazit. 2024 wird ein wachstumsschwächeres Übergangsjahr sein, dem aber viele Jahre mit sehr starkem Wachstum folgen werden. Wichtig ist vor allem, dass Bloom auf einem guten Weg ist, profitabel zu werden. Das kann auch bedeuten, dass einige Großaufträge hereinkommen, die dann 2025 und in den Folgejahren umsatzwirksam werden. Bloom befinde sich in vielen zielführenden Gesprächen mit potenziellen Kunden, hieß es auf der Pressekonferenz. Mehr als 70 Prozent institutionelle Investoren stehen hinter dem Unternehmen und könnten die derzeit stark gedrückten Kurse als ‚bargain‘ (Schnäppchen) ansehen, also weiter aufstocken und bestehende Positionen erhöhen. Kurse von 25 US-Dollar auf Jahressicht mögen unrealistisch sein – bei guten Nachrichten aber auch nicht. Das Segment Elektrolyseure wird weiteres Wachstumspotenzial generieren und ist in der Börsenbewertung noch überhaupt nicht eingepreist.
RISIKOHINWEIS
Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein. Dies ist keine Anlage- und Kaufempfehlung, sondern nur eine persönliche Einschätzung – ohne Obligo.
Am Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP) hat eine Metallband-Pilotanlage für eine effiziente Beschichtung von Bipolarplatten für Elektrolyseure und Brennstoffzellen in Betrieb genommen. Das Institut ist nach eigenen Angaben führend in der Entwicklung von Elektronenstrahl- und Plasmatechnologien. Dieses Know-how könnte künftig auch die Wasserstofftechnologie voranbringen.
Ein Beispiel dafür wäre die plasmaaktivierte Elektronenstrahlverdampfung. Das ist ein Vakuumbeschichtungsverfahren, welches zugleich großen Durchsatz und hohe Schichtqualität ermöglicht. Genau diese Kombination ist für die Beschichtung von Bipolarplatten für Elektrolyseure sowie Brennstoffzellen entscheidend. Denn diese müssen in einer chemisch aggressiven Umgebung lange und stabil funktionieren. Dafür müssen sie mit Beschichtungen versehen werden, die die Platten zuverlässig schützen und zugleich eine elektrische Leitfähigkeit gewährleisten.
Mittels Elektronenstrahlverdampfung könnten beispielsweise umformbare Schichten auf Metallband aufgebracht werden, bevor diese zu Bipolarplatten geprägt werden, erklärte Burkhard Zimmermann, Bereichsleiter für Elektronenstrahltechnologien am Fraunhofer FEP. Die Beschichtung des Materials gilt als entscheidender Schritt für eine Skalierung der Produktion im Rolle-zu-Rolle-Verfahren. Herausforderung sei dabei die Umformbarkeit der Schicht. Um dies sicherzustellen sei eine dichte Makrostruktur in der Schicht mit möglichst großen Kristalliten erforderlich. Genau diese Schichteigenschaften lassen sich durch die entwickelten Prozesse realisieren.
Federn von Hühnern oder anderem Federvieh könnten künftig als Membranmaterial helfen, Brennstoffzellen effektiver und billiger zu machen. ForscherInnen der ETH Zürich und der Technischen Universität in Singapur (NTU) haben aus Abfallfedern das natürliche Protein Keratin extrahiert, das als Eiweißbaustein wesentlicher Bestandteil von Haaren und damit ein Naturprodukt ist. Jährlich fallen davon weltweit 40 Mio. Tonnen an, die sonst meist verbrannt werden. Die ForscherInnen verarbeiten das Keratin zu feinsten Fasern, um daraus Membranen zu weben. Diese werden dann in den Brennstoffzellen als Elektrolyt eingesetzt.
In herkömmlichen Brennstoffzellen werden für solche Membranen bislang toxische Chemikalien verwendet. Die sind zudem teuer und nicht ökologisch abbaubar. Die neue Membran ist hingegen viel billiger. Die Herstellung im Labor senkt laut EHT die Kosten auf ein Drittel. Die Hühnerfedermembran könnte auch bei der H2-Gewinnung durch Elektrolyse nützlich sein: Denn die Membran ist protonendurchlässig und ermöglicht, die für die Wasserspaltung nötige Teilchenwanderung zwischen Anode und Kathode.
In einem nächsten Schritt werden die ForscherInnen nun untersuchen, wie stabil und langlebig die Keratinmembran ist. Das Team hat bereits ein Patent für die Membran angemeldet und sucht nun nach Investoren oder Firmen, die die Technologie weiterentwickeln und auf den Markt bringen wollen.
Gastbeitrag von André Steinau, CEO von GP Joule Hydrogen
Immerhin, die Ampelkoalition hat sich kurz vor Jahresende doch noch geeinigt. Und der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft wird – das zweite Immerhin – nicht komplett ausgebremst, sondern weitergehen. Aber: Unter anderem die „Zuschüsse zur Errichtung von Tank- und Ladeinfrastruktur“ werden im Klima- und Transformationsfonds 2024 um 290 Millionen Euro sinken (von 2,21 auf 1,92 Milliarden Euro), und – das zweite Aber – schon der bisherige Rahmen reichte und reicht für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland schlicht nicht aus.
Das ist angesichts der enormen Relevanz, die die Wasserstoffproduktion bei der Erreichung der Ausbauziele der erneuerbaren Energien und damit auch bei der Erreichung der Klimaziele hat, besonders unverständlich. Die Erzeugung von Strom aus Wind und Sonne ist nun mal wetterabhängig. Dementsprechend muss alles, was dabei hilft, die Erneuerbaren in unser Gesamtenergiesystem zu integrieren, zwischenzuspeichern und zu den Verbrauchern zu transportieren, gefördert werden. Die Elektrolyse hat dabei einen besonders hohen Wert, da sie die Energie in Form von Wasserstoff zeitlich unabhängig nutzbar macht und die Verteilung der Energie über den Transport auf der Straße, der Schiene und in Pipelines erst ermöglicht.
Hier wächst ein gigantischer Markt. Nachhaltig und gleichzeitig überlebenswichtig, wollen wir die schlimmsten Folgen der Klimakatastrophe noch abwenden. In den USA wurde das erkannt. Dort werden im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) viele Milliarden in den Aufbau der grünen Wasserstoffwirtschaft und damit auch in die Transformation der Industrie investiert.
Und hier? Hier werden Subventionen noch immer viel zu häufig so betrachtet, als wären sie Geschenke für risikoloses Unternehmertum. Das Gegenteil ist richtig. Allein bei den Wasserstoffprojekten, die GP Joule gerade umsetzt, reizen gut 30 Millionen Euro beantragte oder bewilligte Fördermittel fast 60 Millionen Euro private Investitionen an.
Doch Unsicherheit verschreckt Investoren, egal ob Banken, Unternehmerinnen und Unternehmer oder andere Kapitalgeber. Die Finanzierung grüner Wasserstoffprojekte wird immer schwieriger. Die Banken verlangen höhere Risikoprämien. Gleichzeitig sinkt die Förderung – siehe oben – eher, als dass sie anzieht. Die Bundesregierung verhält sich zögerlich. Einst angekündigte Förderprogramme lassen auf sich warten. Alles keine guten Signale.
Dabei müssten die versprochenen Förderaufrufe für Elektrolyseure, Wasserstofftankstellen und vor allem Brennstoffzellen-Lkw zügig auf die Straße gebracht werden, denn der Hochlauf der Wasserstofferzeugung braucht Abnahmesicherheit. Diese Sicherheit haben Wasserstofferzeuger, Infrastrukturbetreiber und Lkw-Hersteller nur, wenn Fahrzeuge gefördert werden.
Der Staat müsste mit einer kohärenten Politik aber nicht nur Sicherheits-, sondern auch Sicherheitengeber sein. Wenn die Finanzierung von Wasserstoffprojekten – auch aufgrund der internationalen Krisen von der Ukraine bis in den Nahen Osten – immer unmöglicher wird, wird es auch immer schwieriger, grünen Wasserstoff konkurrenzfähig günstig zu produzieren. Banken und Unternehmen aus der Kapital- und Finanzwelt suchen ja nach Wegen der Finanzierbarkeit von H2-Projekten. Doch dabei ist in der aktuellen Markthochlaufphase auch der Staat mit industrie- und wirtschaftspolitischen finanziellen Impulsen zwingend gefordert.
Vorschläge, wie diese Impulse aussehen können, wie der Staat zum Sicherheitengeber werden kann, gibt es genug: Statt einer reinen Investitionsförderung könnte eine Art feste Vergütung auf der Grundlage der Kapazität der Wasserstofftankstellen, die über einen Zeitraum von acht bis zehn Jahren unter der Bedingung einer anhaltend hohen Leistung der Tankstellen ausgezahlt wird, den jetzt benötigten Infrastrukturaufbau kommerziell möglich machen.
Auch könnte der Staat im wahrsten Sinne des Wortes Sicherheitengeber werden und für vergünstigte Kredite für Wasserstoffprojekte sorgen, zum Beispiel über ein KfW-Darlehensprogramm.
Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland braucht es dringend starke Anreize. Die Instrumente liegen auf dem Tisch. Werden sie nicht genutzt, könnte Deutschland nach der Abwanderung der Solar- und Windkraftanlagenindustrie vor dem Wegbrechen des nächsten entscheidenden Pfeilers der Energiewende stehen. Es wäre nicht nur eine schlechte Nachricht fürs Klima, sondern auch für den Wirtschaftsstandort.
Meine Empfehlung, zwischenzeitlich sehr schwache Kurse bei Cummins für Zu- und Neukäufe zu nutzen, hat sich bereits ausgezahlt: Die Aktie zog von circa 200 auf über 255 US-$ an. Und es wird weitergehen, setzt Cummins doch verstärkt auf neue Märkte wie den Wasserstoff (Motoren, Elektrolyse, Stacks für Nfz u.v.a. – wir berichteten).
Cummins kann das eigene Wachstum durch seine Unternehmenserträge selbst gut aus eigener Kraft finanzieren. Durchschnittlich 34 Prozent der Unternehmensgewinne werden als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet – in 2022 immerhin 6,28 US-$/Aktie. Diese wurde am 11. Juli um sieben Prozent auf 1,68 US-$/Aktie im Quartal aufgestockt. Das Unternehmenswachstum von durchschnittlich 26 Prozent pro Jahr in den vergangenen fünf Jahren ist solide. Cummins sieht nun den Umsatz im laufenden Geschäftsjahr bei 33 Mrd. US-$ und erwartet einen Gewinn pro Aktie in Höhe von 19,80 US-$, was immerhin einem Wachstum von 31 Prozent entspricht. Eine gute Begründung für weiter steigende Kurse.
Kursrückgang trotz guter Zahlen
Cummins meldet für das zweite Quartal einen Umsatz in Höhe von 8,6 Mrd. US-$ (plus 31 Prozent) und 720 Mio. US-$ Gewinn, der allerding niedriger als erwartet ausfiel und den Aktienkurs von über 255 US-$ auf 230 US-$ sinken ließ – damit schon wieder auf Kaufniveau, da die Guidelines unverändert sind.
Zusammen mit Air Liquide hat Cummins Engine die kanadische Hydrogenics 2019 für 290 Mio. US-$ übernommen. Bei der Transaktion behielt Air Liquide damals einen Anteil in Höhe von 19 Prozent. Diesen Anteil hat Air Liquide nun für geschätzte 156,5 Mio. US-$ an Cummins verkauft, so dass sich der rechnerische Wert von Hydrogenics per heute auf über 823,7 Mio. US-$ beläuft. Cummins plant mit der Tochter Accelera, in der Hydrogenics konsoldiert ist, in den nächsten Jahren eine jährliche Elektrolysekapazität von 3,5 GW aufzubauen. Diverse Großaufträge – 500 MW in China, 500 MW in den USA, 500 MW in Spanien und 1 GW in Belgien – sind bereits in den Büchern von Cummins respektive Accelera.
Wenn man überlegt, dass Plug Power in wenigen Jahren 5 GW an Elektrolysekapazität aufbauen will und an der Börse aktuell mit gut 6 Mrd. US-$ bewertet wird, sollte Cummins überlegen, seine Tochter eventuell auch bei Beibehaltung einer Mehrheitsbeteiligung an der Börse zu platzieren oder so wie es Thyssenkrupp mit Nucera gemacht hat. Folge dieser rein theoretischen Überlegung: Kapitalfluss von über 2 Mrd. US-$, mit dem einerseits der Kaufpreis an Hydrogenics abgedeckt wird (zurückfließt), zudem ein außerordentlicher Gewinn winkt und drittens Accelera über die Börse neues Wachstumskapital (für Akquisitionen?) erhalten würde – nur so als Gedankenspiel.
Wasserstoffbetriebene Motoren
Das Autofachjournal WardsAuto berichtet darüber, wie fortgeschritten Cummins daran arbeitet, Motoren auf den Markt zu bringen, die mit Wasserstoff betrieben werden. Dazu soll es eine weitere Version des erfolgreichen B6.7-Motors geben, der mit seiner Powertrain Wasserstoff verbrennt und dies im Einsatz bei schweren Lkw. Immerhin gibt es bereits Restriktionen in Kalifornien, die den Betrieb von Diesel-Trucks u. a. auf dem Areal von Häfen bereits ab 2024 untersagen. Fahrzeuge, die vor dem Jahr 2010 produziert wurden, dürfen schon demnächst nicht mehr auf den Straßen dieses Bundesstaates fahren. Eine Steilvorlage für alle Hersteller von Alternativantrieben – also dem Einsatz der Brennstoffzelle oder der direkten Einspritzung von Wasserstoff neben batterieelektrischen Systemen.
Der neue B6-7H 6.7l hydrogen Motor (483 km Radius) kann damit schnell ein Volltreffer werden, wenn Wasserstoff und die dazugehörige Infrastruktur vorhanden sind. Da passt es perfekt, dass die US-Regierung via IRA 8 Mrd. US-$ für den Bau von sechs bis zehn H2-Terminals verteilt über die USA vorgesehen hat – neben den vielen Einzelprogrammen von Bundesstaaten wie Kalifornien.
Fazit: Cummins Engine arbeitet an diversen Plattformen für die Nutzung von Wasserstoff in vielen Anwendungen wie im Schwertransport, der Schiene, aber auch bei der Elektrolyse, ob PEM oder alkalisch. Die Börse wird dies immer mehr in die Unternehmensbewertung einfließen lassen. Ein richtiger H2/BZ-Blue-Chip, zu dem sich Cummins entwickelt.
Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.