In die Zellen von PEM-Elektrolyseuren kann man leider nicht hineinschauen. Aber die Zellspannung ist ein untrügliches Zeichen, aus dem man auf den Gesundheitszustand einzelner Zellen schließen kann. Dafür braucht es neue Konzepte für den Aufbau des Stacks und für die Überwachung der Zellspannung. Der Stack-Hersteller Hystar will zusammen mit Smart Testsolutions die Messung der Zellspannung in seiner Gigawatt-Fertigung serienmäßig integrieren.
Zellspannung zeigt Alterung an Der elektrochemische Prozess und damit auch die Wasserstoff-Ausbeute reagieren sehr empfindlich auf die Zellspannung. Verschiedene schleichende Prozesse setzen der Zelle im Lauf ihres Lebens zu. So kann der Katalysator aus Edelmetall, der das Zerlegen der Wassermoleküle fördert, mit der Zeit seine Funktionsfähigkeit durch sogenannte Katalysatorgifte einbüßen. Das sind Verunreinigungen, die sich auf die Oberfläche des Edelmetalls legen. Auch kann es zu Rissen oder sogenannten Pinholes in der Membran kommen, durch die der Wasserstoff strömt.
Viele dieser Prozesse machen sich durch ein Verändern der Zellspannung bemerkbar. Die Elektrolyse beginnt theoretisch bei einer Zellspannung von 1,48 V. Betrieben werden die Zellen meist bei höheren Spannungen, die sich aus der Gesamtspannung des Stacks geteilt durch die Zahl der Zellen ergibt. Steigt der Widerstand in der Membran an, steigt bei gleichbleibendem Strom auch die Spannung an. Irgendwann verlässt die Zelle das vorgegebene Spannungsfenster und es laufen unerwünschte chemische Reaktionen ab, die die Zelle schädigen.
Die Zellspannung sagt also etwas darüber aus, wie „gesund“ die Zelle ist und wie lange sie voraussichtlich noch leben wird.

© Hystar
Zellmonitoring serienmäßig In ihren Laboren überwachen die Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen die Spannung jeder einzelnen Zelle, um in der Entwicklung die elektrochemischen Prozesse besser zu verstehen. In Seriengeräten leisten sich die Hersteller diesen Luxus üblicherweise nicht, dort werden meist nur einige Zellen stichprobenartig gemessen oder gar nur die Gesamtspannung des Stacks. Aus diesem Wert kann man aber nur sehr grob ableiten, wie es um den Elektrolyseur steht. Ideal wäre, wenn man die Spannung jeder einzelnen Zelle kennen würde.
Auch wenn man von Seriengeräten spricht, sollte man sich bewusst sein, dass Elektrolyseure heute in der Regel noch Einzelanfertigungen sind, die für ein Projekt manuell gefertigt werden, etwa für eine 5-Megawatt-Anlage von Hystar in Polen. Das ändert sich jedoch gerade. Hystar stellt zum Beispiel gerade den Aufbau ihrer automatisierten Produktionslinie mit einer Kapazität von 4,5 GW fertig. Für diese Produktionslinie erhielt das Unternehmen erst kürzlich eine Zusage 26 Millionen Euro Förderung aus europäischen Mitteln (EU Innovation Fund). „Wir möchten Elektrolyseanlagen aus standardisierten Komponenten wie Lego aufbauen“, sagt Produktmanager Jan Schmidt. Das gelte auch für das Monitoring der Zellspannung, wo Hystar als Hersteller jede einzelne Zelle überwache.
Zellkontakte für ultrakompakte Elektrolyseure
Hier sind Zulieferer wie Smart Testsolutions gefragt. Der Spezialist für Messtechnik und Testanwendungen entwickelt seit über 30 Jahren Lösungen für das Cell Voltage Monitoring (CVM) für Brennstoffzellen, die nun auch in den Elektrolyseuren von Hystar eingesetzt werden. Ein CVM-System misst die Zellspannung aufs Millivolt genau. Es umfasst die Zellkontaktierung (Cell Voltage Pickup, CVP), die Mechanik für die Platzierung am Stack und den Kabelbaum. Für die CVPs haben die Stuttgarter filigrane Zellkontakte entwickelt, die elektrisch und mechanisch eine absolut sichere Verbindung schaffen, obwohl die Zellen von Brennstoffzellen – und nun auch die der Elektrolyseure von Hystar – kaum dicker als ein Millimeter sind. „Dank unserer Erfahrung bei Brennstoffzellen passen unsere CVPs ideal für die kompakten Elektrolyseure von Hystar“, betont Norbert Witteczek, Business Line Manager e-Cell Electronics bei Smart Testsolutions.
Auch für den „Kabelbaum“ hat sich das Unternehmen etwas Neues einfallen lassen. Statt wie üblich jeden Zellkontakt mit einer Einzelader zu verbinden, kommen hier sogenannte Flexkarten, das sind flexible Leiterkarten, zum Einsatz. Die sind kompakt und flexibel bei nahezu unbegrenzter Lebensdauer – im Gegensatz zu den hunderten Einzeladern, die von Hand abgelängt und gecrimpt werden müssen.
„Smart Testsolutions hat eine spannende Lösung, die gut auf unser Stack-Konzept passt“, sagt Jan Schmidt von Hystar. „Gemeinsam wollen wir das Cell-Voltage-Monitoring für hohe Stückzahlen zu günstigen Kosten skalieren – als Teil unseres Baukastensystems.“ Dies ermögliche das CVM für jede Zelle auch in Serien-Elektrolyseuren.
Serviceintervallanzeige für Betreiber Für Norbert Witteczek ist die Zusammenarbeit mit Hystar vorbildlich, weil die Ingenieure aus Norwegen frühzeitig auf Smart Testsolutions zugekommen seien. Das sei leider die Ausnahme, so Witteczek: „Wir empfehlen allen Herstellern von Elektrolyseuren, das Cell Voltage Monitoring bei der Konstruktion frühzeitig mitzudenken und mit unserem Team Kontakt aufzunehmen.“ 
Dünne Membran, hohe Effizienz
Das norwegische Unternehmen Hystar produziert den nach eigenen Angaben derzeit weltweit effizientesten Stack für PEM-Elektrolyseure – vor allem wegen der dünnen Membran.
Hystar hat mit seinem patentierten Prozess einen Kniff gefunden, die Dicke der Membranen der PEM-Elektrolyseure von üblicherweise etwa 180 Mikrometern auf 18 Mikrometer zu reduzieren. Wasser wird dabei auf der Seite der Kathode zugeführt, wodurch die Anodenseite frei bleibt. Damit ergibt sich die Möglichkeit die Anodenseite zu spülen und potenzielle Wasserstofflecks über die Membran zu verdünnen. Dies ermöglicht eine sichere Kontrolle der Diffusion von Wasserstoff über die Membran und erlaubt es, die Dicke der Membran zu reduzieren, welche in herkömmlichen Systemen als Diffusionshindernis verwendet wird. Der Wasserstoff entsteht weiterhin auf der Kathodenseite so wie in herkömmlichen PEM-Elektrolyseuren. Die dünne Membran verringert den Widerstand für die Produktion von Wasserstoff deutlich und steigert somit die Effizienz der Zelle und des gesamten Stacks.
Durch die aktive Kontrolle der Wasserstoffkonzentration auf der Anodenseite wird das Risiko einer Knallgasreaktion von Wasserstoff mit dem auf der Anodenseite produzierten Sauerstoff auf ein absolutes Minimum reduziert. „Dadurch ist unser Stack der sicherste auf dem Markt“, erklärt Jan Schmidt, Produktmanager bei Hystar.
Ein weiterer Vorteil der dünnen Membran in den Elektrolyseuren von Hystar ist, dass die Zellen denen in Brennstoffzellen ähneln und sie sich mit den gleichen Maschinen verarbeiten lassen. „So können wir die für Brennstoffzellen existierende Supply-Chain auch für Elektrolyseure nutzen, und für die wachsende Nachfrage die Produktion schneller und mit weniger Kapital hochskalieren“, sagt Jan Schmidt.
Hystar Produktmanager Jan Schmidt mit den Stack-Modulen. Je Modul sind vier Stacks verbaut, die gemeinsam 500 Nm³ H₂/h oder 46 kg H₂/h erzeugen. Das ist vergleichbar mit einer 2,5 MW Prozessleistung von herkömmlichen Anbietern. Teil der integrierten Sensorik ist auch die CVM von Smart Testsolutions.