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Produktionstechnik

Schneller stapeln

Text: Magdalena Helmle, Matthias Fischer

Auf der Hannover Messe 2022 war der High-Speed-Stacker von VAF erstmals zu sehen. Er ermöglicht die Produktion von bis zu 70.000 Stacks im Jahr und setzte damit neue Maßstäbe für die Großserienfertigung von PEM-Brennstoffzellen-Stacks. Seitdem hat VAF gemeinsam mit Kunden aus aller Welt die Leistungsfähigkeit der Anlage bei jedem neuen Projekt optimiert und kontinuierlich weiterentwickelt. Herzstück sind das patentierte Stapelverfahren und der für jedes Produkt angepasste Werkstückträger. Das macht das Verfahren flexibel und für viele Produkte einsetzbar.

Bauteile orientieren sich am Anschlag

Die Zellkomponenten werden dabei im Werkstückträger präzise mechanisch orientiert, indem sie mit einer patentierten Push-Technologie gegen einen Festanschlag positioniert ­werden – ähnlich, wie man einen Papierstapel durch Aufsetzen der Kanten auf dem Schreibtisch in Form bringt. So erreichen sie die notwendige Genauigkeit. Die Herausforderung dieses Prozesses besteht darin, das Vorgehen so durchzuführen, dass keine Beschädigungen auftreten. Dies kann nur durch eine präzise Prozessoptimierung und eine geeignete Materialauswahl der werkstückberührenden Bauteile erreicht werden.

In der Konsequenz resultiert daraus die Möglichkeit, beim vorgelagerten Pick-and-Place-Prozess höhere Geschwindigkeiten zu realisieren, da der Roboter die Zellkomponenten nicht so präzise ablegen muss.

Greiftechnik limitiert das Tempo

An die Greiftechnik wird sowohl beim Bau von Elektrolyseuren als auch Brennstoffzellen hohe Anforderungen gestellt. Bei dem High-Speed-Stacker setzt VAF auf Strömungsgreifer, die die Zellkomponenten mit Unterdruck ansaugen. Diese werden speziell an die Bauteile angepasst. Doch es ist auch eine Frage der richtigen Parameter im Prozess, ob und wie die Greifer funktionieren. Aspekte wie Haltezeiten beim Aufnehmen, Saugleistung des Greifers und Verhalten des Bauteils geben die Taktzeit vor.

Herausfordernd sind hierbei die mit fortschreitender Entwicklung der Technologie größer werdenden Zellflächen und damit größeren und schwereren Bauteile. Diese erschweren durch ihre Trägheit die hochdynamischen Prozesse. Ein geringes Gewicht des Greifers wirkt sich dementsprechend auch positiv auf die Prozesse aus. Zugleich muss der Greifer eine gewisse Steifigkeit behalten, denn manche Membran-Elektroden-Einheiten sind biegeschlaff und die Außenkonturen sind filigran. Um auch solche Komponenten positionsgenau ablegen zu können, müssen Greiftechnik und Prozessparameter genau abgestimmt sein.

Grundsätzlich ließe sich diese für PEM-Stacks entwickelte Technologie auch auf andere Brennstoffzellen-Arten übertragen, doch die PEM-Technologie erhält durch die Fahrzeugtechnik die stärkste Aufmerksamkeit.

Zwischen Sondermaschine und Serie

Der Hauptvorteil einer Sondermaschine besteht darin, dass die Anlage vollständig an die Kundenwünsche angepasst ist. Doch komplette Neuanlagen bergen immer ein Risiko und erst nach der Fertigstellung ist die Funktion der Anlage bewiesen. Bei hochdynamischen Prozessen wie der Stackfertigung ist das Risiko deutlich höher, dass sich Problematiken erst im Nachgang zeigen. Zusätzlich sind Neukonstruktionen deutlich teurer als Anlagen, die mehrfach gebaut werden können. Daher ist der High-Speed-Stacker eine Kombination aus beiden. Das Grundkonzept der Anlagen ist gleich. Nur die Schlüsselelemente – wie der Greifprozess und der Werkstückträger – sind jeweils individuell. Zusätzlich bietet VAF seinen Kunden die Möglichkeit, vorab auf der werkseigenen Pilotanlage ausführliche Testreihen zu fahren und die gewonnenen Informationen in die Anpassung der Kundenanlage einfließen zu lassen. Das spart Engineering-Stunden und senkt zugleich das Risiko.

Elektrolyseure sind spezieller

Der Stapelprozess von Elektrolyseuren unterscheidet sich in mehreren Hinsichten von dem bei einer Brennstoffzelle. Die meisten Brennstoffzellen bestehen mittlerweile aus maximal zwei verschiedenen Bauteilen – den Membran-Elektroden-Einheiten und den Bipolarplatten. Bei Elektrolyseuren sind die Komponenten vielfältiger, in der Fläche größer und in der Geometrie oft herausfordernd in der Automatisierung.

Die Elektrolyseurfertigung ist in der Skalierung noch nicht so weit wie die Brennstoffzellenfertigung. Hierdurch liegen die Anforderungen, die an die Anlagen gestellt werden, in anderen Bereichen. Die gesamte Anlage fällt wegen der Außenmaße der Bauteile größer aus. Durch die höhere Vielfalt an Zelldesigns, und die unterschiedlichen Werkstoffe und engen Toleranzen sind die Ansprüche an das Stapelkonzept und den innovativen Greifers hoch. Schon kleinere Anpassungen des Zelldesigns können jedoch die Anlagenkomplexität deutlich reduzieren, wodurch die Kosten entsprechend sinken. Die Erfahrungen aus dem Aufbau der ersten Anlagen für die Stackmontage können für viele Konzepte und Prozesse in den nächsten Anlagengenerationen genutzt werden.

Enge Zusammenarbeit nötig

Der Ruf von Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Präzision bringt deutschen Maschinenbauunternehmen weiterhin einen Vorteil, gerade in der Brennstoffzellen- und Elektrolyseurproduktion. Jedoch ist der zunehmende Wettbewerb aus Asien deutlich spürbar. Dies führt nicht nur zu einem hohen Preisdruck, sondern auch zu einer technischen Auseinandersetzung auf hohem Niveau.

Punkten können die deutschen Unternehmen allerdings mit der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Stackhersteller pflegen mit den Maschinenbauern einen engen Austausch in Bezug auf ihre Technologien. Dessen Ziel ist die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen für die Produktion sowie die Optimierung der Produkte, um die Komplexität der Maschinen und die Kosten zu senken. Dieses Vorgehen baut auf eine solide Vertrauensbasis, da die Hersteller umfangreiche Fachkenntnisse offenlegen müssen, damit die Maschinenbauer innovative Lösungen finden und bereitstellen können. Dieser Austausch hat dazu beigetragen, dass die Maschinen einen hohen Reifegrad in Bezug auf Prozessstabilität erreicht haben und die Qualitätsansprüche erfüllen, sodass die Stackhersteller eine zuverlässige Produktionslinie erhalten.

Magdalena Helmle
Entwicklungsingenieurin VAF GmbH Bopfingen

Matthias Fischer
Leiter Entwicklung, VAF GmbH Bopfingen

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