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Wasserstoff-Motoren

Gleicher Kraftstoff, ­andere Steuer

Text: Sybille Riepe

Die Wasserstoffmobilität steht vor einer neuen Hürde: An der Tankstelle unterscheidet das Steuerrecht zwischen Brennstoffzellen- und Wasserstoffverbrennerfahrzeugen. Diese Regelung könnte die Entwicklung der Wasserstoffverbrenner-Technologie ausbremsen, wenn keine steuerrechtliche Lösung gefunden wird.

Stolperfalle Energiesteuergesetz

Die Ungleichbehandlung ergibt sich dabei implizit. Das deutsche Energiesteuergesetz nennt Wasserstoff nicht ausdrücklich als Energieträger. Deshalb greift das Ähnlichkeitsprinzip: Wasserstoff in Verbrennungsmotoren wird wie Erdgas besteuert. Der Steuersatz liegt derzeit bei 0,90 Euro pro Kilogramm und steigt 2027 auf etwa 1,25 Euro. Eine Dienstvorschrift des Bundesfinanzministeriums befreit dagegen den in Brennstoffzellen verwendeten Wasserstoff von der Energiesteuer. Es gilt also: Keine Steuer für Brennstoffzellen-Fahrzeuge, Wasserstoffverbrenner hingegen zahlen.

Tankverbot für H2-Verbrenner

Die unterschiedliche Besteuerung stellt Wasserstofftankstellenbetreiber vor eine technische Herausforderung: Sie müssen zwischen den Fahrzeugtypen unterscheiden, um den Wasserstoff korrekt abzurechnen. Diese Information wird aber bei der Betankung nicht abgefragt. Das sorgt für komplizierte Verfahren und individuelle Absprachen mit den Hauptzollämtern und führt zu einem Flickenteppich in Deutschland: Während einige Tankstellen Wasserstoffverbrenner in ihren AGB ausschließen, erlauben andere sie, und wieder andere lassen jede Betankung behördlich genehmigen.

Kommunikationsschnittstelle als schnelle Lösung

Um schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen, arbeitet die Internationale Organisation für Normung (ISO) mit Unterstützung durch die Clean Energy Partnership (CEP) an technischen Lösungen – unter anderem einer Kommunikationsschnittstelle (einer „Advanced Communication“), die eine automatisierte Datenübertragung zwischen Fahrzeug und Tankstelle, einschließlich Informationen über Fahrzeugtyp und Antriebssystem, ermöglicht. Damit wird Wasserstoff für Brennstoffzellen und Verbrennungsmotoren technisch unterscheidbar, für Tankstellenbetreiber entsteht Rechtssicherheit und die ersten Wasserstoffverbrenner können einfach, auch an öffentlichen Wasserstofftankstellen, tanken.

Florian Brandau, Vorstand der Clean Energy Partnership (CEP)

© Cosima Hanebeck / Fotoetage

Florian Brandau, Vorstand der Clean Energy Partnership (CEP)

„Wir brauchen dringend eine Lösung, die alle Wasserstoff-Antriebskon­zepte gleichstellt und den Tankstellen­betreibern Rechts­sicherheit gibt.“

Florian Brandau, Vorstand der Clean Energy Partnership (CEP)

Politische Lösung ist nötig

Unabhängig von einer technischen Lösung: Die steuerliche Ungleichbehandlung von Wasserstofffahrzeugen mit Verbrennungsmotor und Brennstoffzelle gehört auf den Prüfstand. Beide Technologien nutzen klimafreundlichen Wasserstoff und tragen zur Dekarbonisierung des Verkehrs bei. Angesichts der Dringlichkeit, CO2-Emissionen zu senken, ist eine solche Differenzierung weder sinnvoll noch zielführend. Entscheidend ist der Emissionsvorteil – und der besteht bei beiden Konzepten, wenn grüner Wasserstoff verwendet wird. Eine einheitliche steuerliche Regelung würde Innovationsfreiheit fördern, Investitionen sichern und den Markthochlauf klimafreundlicher Mobilität beschleunigen.
Florian Brandau, Vorstand der CEP, fordert daher: „Wir brauchen dringend eine Lösung, die alle Wasserstoff-Antriebskonzepte gleichstellt und den Tankstellenbetreibern Rechtssicherheit gibt.“

Wasserstoff-Verbrennungsmotoren: Hersteller und Anwendungen

H2-Verbrenner finden vor allem in Land- und Baumaschinen, im Logistikverkehr und im Motorsport Anwendung. Sie ergänzen Brennstoffzellen und erweitern die Möglichkeiten der Wasserstoffmobilität. Einige Hersteller und Zulieferer setzen bereits auf diese Technologie – hier eine Auswahl:

Zukunftsperspektiven und Handlungsbedarf

Die Lösung des Steuerrechtskonflikts ist mitentscheidend für die Zukunft der Wasserstoffmobilität. Gesetzgeber, Industrie und Forschung müssen zusammenarbeiten, um praktikable Lösungen zu entwickeln, die den steuerrechtlichen Anforderungen und den Marktbedürfnissen gerecht werden. Anderes Gesetz, ähnliches Problem: Der Inverkehrbringer von Wasserstoff ist derzeit je nach Rechtsrahmen (zum Beispiel Energiesteuergesetz, BImSchV/RED III) und Anwendungsfall unterschiedlich definiert. Dies führt zu Rechtsunsicherheit und praktischen Hürden im Markt. Die CEP fordert daher in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote eine Harmonisierung dieser Definition.
Das Dilemma an der Wasserstofftankstelle zeigt, dass der regulatorische Rahmen mit der Technologie Schritt halten muss. Effizienzdebatten hin oder her: Parallele Entwicklungen dürfen nicht durch Bürokratie ausgebremst werden. Nur wenn rechtliche Hürden fallen, kann Wasserstoff sein Potenzial als Schlüssel zur Verkehrswende entfalten.

Schwerlastverkehr

• Deutz produziert den TCG 7.8 H2-Motor, einen 6-Zylinder-Wasserstoff-Verbrennungsmotor mit 220 kW Leistung und 1.000 Nm Drehmoment bereits in Serie.

• MAN testet H2-Lkw auf Basis des TGX-Modells.

• Volvo Trucks entwickelt Lkw mit Verbrennungsmotoren, On-Road-Tests sollen ab 2026 starten, kommerzieller Marktstart gegen Ende des Jahrzehnts.

• Komatsu testet eine Co-Entwicklung mit Keyou: einen 92-Tonnen-Muldenkipper (Modell HD785) mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor im Proof-of-Concept, mit Tankanlage und Systemen.

• Keyou hat den ersten 18-t-Wasserstoff-Verbrenner-Truck an EP-Trans übergeben, auf Basis eines Actros-Fahrgestells mit Deutz 7,8-L-Zylinder (umgerüstet). Keyou will ab 2026 außerdem 40-Tonner mit H2-Verbrenner ausliefern.

• Cummins hat einen H2-Verbrenner in Europa vorgestellt und zeigte zudem auf der IAA die H2-ICE-Motoren (X10, X15H) und damit verbundene Technologien.

• Ashok Leyland kooperiert mit Reliance zur Entwicklung von H2-Motoren für Lkw im 19–35-t-Segment.

Baumaschinen und Landwirtschaft

• JCB produziert H2-Bagger und Teleskoplader für Bau und Landwirtschaft; Feldversuche und seriennahe Prototypen laufen.

• CNH Industrial entwickelt H2-­Traktoren unter den Marken New Holland und CASE.

Sybille Riepe
Kommunikation CEP

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