Der Deutsche Wasserstoff-Verband (DWV) hat am 21. November 2025 eine neue Studie veröffentlicht, die gemeinsam mit der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik (LBST) erstellt wurde. Sie untersucht laut dem Verband erstmals detailliert, welche Auswirkungen eine vollständige Elektrifizierung des schweren Straßengüterverkehrs auf das Stromnetz hätte. Dabei berücksichtigt sie ausdrücklich die realen betrieblichen Abläufe im Fernverkehr.
Laut Modellierung steigt der tägliche Energiebedarf einer elektrischen Fernverkehrsflotte bis 2040 auf über 60 Gigawattstunden (GWh). Das entspricht dem 1,5-fachen des heutigen Jahresstromverbrauchs von Berlin. Besonders problematisch ist die zeitliche Bündelung der Ladevorgänge: Da viele Fahrerinnen und Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebene 45-Minuten-Pause zur Mittagszeit einlegen, enstünden so starke Lastspitzen im Stromnetz.
Um diese Spitzen abzufangen, wären tagsüber rund 8 GW Ladeleistung nötig, was zum Beispiel 1.000 Mal 8 MW oder 350 Mal 22 MW entspricht. Zusätzlich müssten nachts 60.000 bis 80.000 AC-Ladepunkte an Rasthöfen bereitgestellt werden. Allein an den heutigen Autobahntankstellen würde dies im Schnitt 228 zusätzliche AC-Ladepunkte sowie einen zusätzlichen 5-MW-Netzanschluss pro Standort bedeuten, so die Studie.
Im Vergleich dazu benötigen Wasserstofftankstellen laut Studie nur rund 1 MW Anschlussleistung – also etwa ein Achtel eines vergleichbaren Ladeparks. Das impliziert, dass der Wasserstoff lokal erzeugt werden soll, obwohl das nicht ausdrücklich gesagt wird. Zudem könnten die Wasserstofftankstellen aufgrund ihres hohen Energie-Durchsatzes mehr Fahrzeuge pro Tag versorgen: etwa 125 Wasserstoff-Lkw gegenüber rund 64 batterieelektrischen Lkw. Die Tankzeiten von 10 bis 15 Minuten passen besser zum engen betrieblichen Takt im Fernverkehr.
Die Studie bestätigt damit, dass die Ladeinfrastruktur zum strukturellen Engpass wird. Das ist allerdings keine wirkliche Neuigkeit, auch wenn die Modellierung mit den Pausenzeiten der Fahrer eine neue Detailtiefe in die Debatte bringt. Betreiber von E-Ladepunkten sind sich des Engpasses ebenfalls bewusst und planen ihre Stationen bereits mit Batterien als Netzpuffer, denn Anschlussleistung ist teuer, selbst wenn sie verfügbar ist. In den meisten Szenarien für den Lkw-Fernverkehr findet sich zudem bereits eine Kombination aus batterieelektrischen und brennstoffzellenelektrischen Fahrzeugen. In der Regel gelten brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge dort als Technologie der Wahl, wo es um hohe Fahrleistungen, lange Strecken und hohe Einsatzzeiten geht. Der Anteil der beiden Technologien variiert jedoch je nach Szenario und Studie.
„Wasserstoff ermöglicht kurze Tankzeiten, verlässliche Standortentwicklung und entlastet das Stromnetz deutlich. Erst das Zusammenspiel beider Technologien schafft ein tragfähiges Gesamtsystem“, sagt Bernd Pitschak, Vorstandsvorsitzender des DWV. Die Studie bestätigt somit, dass „100 % batterieelektrisch“ nicht der Weg für Lkw auf Langstrecken ist. Die Frage, wie sich dieser Sektor am besten aufteilen sollte, behandelt die Studie nicht.
Die vollständige Studie ist auf der Website des DWV abrufbar.