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Ballard Power – Jeder Markt wird individuell angegangen

Ballard Power positioniert sich als ein führender Player beim Einsatz von Brennstoffzellen im Mobilitätssektor. Das kanadische Unternehmen will eine Top-Position im neuen Megatrend besetzen und diese ausbauen, um von dem in den kommenden Jahren zu erwartenden gewaltigen Wachstum zu profitieren (Aufträge und Skalierung = Umsatz und Gewinn). Wie auf der letzten Bilanzpressekonferenz zum dritten Quartal dargelegt, entwickelt Ballard eine Global Manufacturing Strategy, die es zum Ziel hat, Kostensenkungspotentiale und Skalierungseffekte sowie Lieferkettenthemen vor Ort anzugehen und für sich zu nutzen. Man spricht von einer Local-for-Local-Strategie. Dies bedeutet, dass Ballard jeweils in den Ländern bzw. auf den Kontinenten eigene Produktionsstätten errichtet, wo es von den Gegebenheiten vor Ort profitiert. Das Sourcing von Zulieferteilen, aber auch die Forschung und Entwicklung sowie die Lieferketten werden dort angesiedelt. Ein perfektes Beispiel ist China.

Ballard unterhält zusammen mit Weichai ein Joint Venture (49:51), welches bereits heute eine BZ-Stack-Kapazität für 20.000 Fahrzeuge (Busse, Gabelstapler, Lkw) besitzt und nach Bedarf sehr schnell weiter hochgefahren und ausgebaut werden kann, was durchaus angepeilt wird. Nun plant Ballard, mit einem Invest in Höhe von 130 Mio. US-$ über einen Zeitraum von drei Jahren eine eigene MEA-Produktion in China anzusiedeln sowie ein eigenes Forschungszentrum aufzubauen. Als Standort wurde der im Großraum Shanghai gelegene Jiading Hydrogen Port ausgewählt, da diese Region eines der größten Cluster aus Kfz-Zulieferbetrieben in China ist. Für 20.000 Fahrzeuge soll hier die MEA-Produktion anlaufen.

Die Membran-Elektroden-Einheiten (MEA) sind das Kernstück der Brennstoffzelle und haben an dieser einen Kostenanteil von beachtlichen 60 Prozent. Mit dieser Produktionsstätte wird Ballard einer der größten MEA-Produzenten des Riesenreiches sein. Neben den Förderprogrammen stellt China aber auch Bedingungen, nach denen im Land produziert werden muss, um a) an diesen Förderprogrammen teilnehmen zu können und b) nicht steigenden Zöllen ausgesetzt zu werden, sollten Teile wie MEA importiert werden. Man spricht von Zöllen, die bei drei bis fünf Prozent beginnen und auf fünfzehn Prozent innerhalb von drei Jahren steigen. Dies würde die zukünftige Gewinnmarge massiv negativ beeinflussen. Ballard-Chef Randy McEwen sagte dazu: “Importierte MEA haben einen Wettbewerbsnachteil.“

Förderprogramme stehen in China in den Startlöchern

Bislang waren es einzelne Provinzen und Großstädte wie Guangdong und Shanghai, die die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik für sich als Wachstumsmarkt erkannt haben. Nun setzt auch die Kommunistische Partei Chinas, wie auf ihrem 20. Parteitag verkündet, mit Förderprogrammen, die allerdings erst in Teilbereichen definiert sind, verstärkt auf dieses Themenfeld. Es werden sehr große Programme erwartet. Bislang fiel das Chinageschäft von Ballard aber kleiner aus als erhofft, was u. a. an den durch die Covid-Pandemie bedingten Restriktionen liegt, die zu einem Rückgang der dortigen Aktivitäten um beachtliche 68 Prozent beigetragen haben. Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme – das Potential könnte nicht größer sein, da China mit hoher Wahrscheinlichkeit den Themenkomplex Wasserstoff und Brennstoffzelle in gleicher Weise angeht wie Solarzellen und Windkraft.

Großes Interesse an Schienenfahrzeugen

Im Mobilitätssektor ist Ballard bestens aufgestellt. Von Siemens Mobility liegt ja bereits ein Auftrag über 100 BZ-Module vor, außerdem eine Absichtserklärung für weitere 100. Allein in Europa werden in den kommenden 15 Jahren 13.000 Lokomotiven von Diesel auf Wasserstoff und Batterie umgestellt, für Deutschland sprechen wir von 3.000. Das Ganze kann man hochrechnen für die USA und viele andere Länder. Ballard ist zudem am ersten H2-Zug in Indien sowie in den USA beteiligt. Dass daraus nach Pilotprojekten Großaufträge entstehen, kann als sehr wahrscheinlich angenommen werden.

Mit der Canadian Pacific Railway (CP) in Kanada ist der BZ-Hersteller bereits bei vier verschiedenen Lok-Typen dabei, diese von Diesel auf Wasserstoffbetrieb umzustellen. CP hat über 1.400 Loks im Einsatz, so dass allein bei diesem Kunden ein Potential von sehr vielen Schienenfahrzeugen zu sehen ist. CP steht ja nur stellvertretend für viele andere Eisenbahngesellschaften (z. B. Amtrak). Der BZ-Einsatz in Zügen sieht gerade den Durchbruch, wir stehen aber erst am Anfang.

Ballard ist der erste Anbieter seiner Art für Schienenfahrzeuge in den USA. Die Firma Stadler Rail aus der Schweiz bringt dort einen Zug mit BZ-Systemen von Ballard auf die Schienen. Zudem ist zu hören, dass Amtrak California Pläne für weitere 27 Züge in petto haben soll, die dann wohl auch als Auftrag an Stadler und damit indirekt an Ballard gehen könnten. Über den Auftrag von Siemens Mobility (14 Module für 7 Mireo Plus H) sowie die Absichtserklärung für bis zu 200 weitere Module – 100 davon fest – berichteten wir ja bereits.

Da entstehen gerade gewaltige Märkte, denn allein in den USA ist nur circa ein Prozent aller Eisenbahnstrecken elektrifiziert. Diese werden perspektivisch durch Batterien (Kurzstrecken) und die Brennstoffzelle (Langstrecken) wie auch durch Kombinationsmodelle (BZ als Range Extender) ersetzt. Ballard ist zudem in China mit dem weltgrößten Schienenfahrzeugkonzern CRRC verbunden, der bereits Straßenbahnen mit Ballard inside testet (erst mit blauem Wasserstoff, der durch grünen ersetzt wird, sobald ausreichend verfügbar).

Investment in Quantron

Zusammen mit Neuman & Esser hat Ballard eine H2-Allianz mit dem Nfz-Hersteller Quantron gebildet. Diese bezieht sich auf Lkw und Busse. An dem ersten Invest in Höhe von 50 Mio. Euro haben sich beide Partner beteiligt. Auf der IAA Transportation hat Quantron seine Lkw mit der Typenbezeichnung QHM vorgestellt (s. S. 32), deren Energiebereitstellung auf der Brennstoffzelle von Ballard beruht. Perspektivisch könnten diese Fahrzeuge eine Reichweite von bis zu 1.500 km zumindest in Norwegen – mit 120 kg haben. Wasserstoff an Bord und Ballard inside. Quantron gab kürzlich einen ersten Auftrag für 500 Lkw aus den USA bekannt. Wettbewerber wie MAN (das eventuell ab 2030 auch auf die Brennstoffzelle setzt) und Daimler Truck lassen sich da (zu) viel Zeit.

Die Partnerschaft Ballard-Quantron-NEA nimmt sich auch des Themas Infrastruktur an. So sollen auch Wasserstofftankstellen sowie die H2-Produktion entwickelt werden, um den Kunden ein Gesamtpaket anbieten zu können. Solche Kooperationen – wie bereits bestehende, sehr erfolgreiche mit diversen Busherstellern – werden Ballard in den kommenden Jahren in die Lage versetzen, die Kapazitäten der BZ-Module hochzufahren, um im Timing an der Spitze dieses neuen Weltmarktes zu stehen. Da kommt auch die Börse nicht umhin, dieses Potential zu bewerten.

Zahlen zum dritten Quartal wenig aussagefähig

Die Unternehmenszahlen (Umsatz, Ergebnis) werden auf absehbare Zeit für Ballard nicht die Relevanz haben, die Analysten darin sehen, da sich das Unternehmen in unterschiedlichen Regionen der Welt peu à peu positioniert, um als ein Marktführer von sehr hohem langfristigem Wachstum zu profitieren. Im dritten Quartal setzte das Unternehmen 21,3 Mio. US-$ um, was im Jahresvergleich einem Minus von 15 Prozent entspricht. Aussagekraft: null. Verlust pro Aktie: minus 0,14 US-$. Der Bargeldbestand liegt bei 957,4 Mio. US-$ per 30. September 2022. Der Börsenwert beträgt damit gerade nur 1,6 Mrd. US-$. Der Auftragsbestand stieg aber um über 30 Mio. US-$ auf 101,7 Mio. US-$ im Quartal.

Zu guter Letzt: Solaris ordert 25 BZ-Module

Nach der jüngsten Meldung hat Solaris, ein polnischer Busbetreiber, weitere 25 BZ-Module bei Ballard für den Einsatz in Polen in Auftrag gegeben. Solche Aufträge werden wir nun häufig sehen, und diese mit steigender Zahl an Modulen, da sich viele Städte, vor allem in Europa, verpflichtet sehen, sich dem Klimawandel und der geforderten CO2-Reduktion mithilfe solcher emissionsfreien Busse zu stellen. Wir wären nicht überrascht, wenn auch Städte wie Hamburg größere Aufträge für BZ-Module bzw. BZ-Busse vergeben.

Fazit

Die Aktie wird in den kommenden 12 bis 18 Monaten nicht von Quartalsergebnissen getrieben werden, sondern von Einzelnachrichten über Kooperationen – sogenannte Plattform-Partnerschaften – und von strategisch wichtigen News. Da mag auch mancher Auftrag (BZ-Stacks/Module) für Schienenfahrzeuge, Lkw, Busse und Schiffe Fantasie für die Kursentwicklung der Aktie schaffen, aber die richtig großen Aufträge, bedingt durch die laufenden Skalierungsmaßnahmen in Form des Aufbaus von Produktionsstätten, kommen erst im Jahresverlauf 2023 und dann richtig ab 2024/25 zur Geltung. Die Börse wird geneigt sein, diese Perspektiven in die Kursentwicklung der Aktie antizipativ einfließen zu lassen, auch wenn die hohen Investitionen und Kapitalabflüsse (Invest in die Produktion in den USA, in Europa und in China sowie Beteiligungen wie an Forsee Power) logische Verluste verursachen. Bedenken Sie, dass die H2- und BZ-Technik ein neuer Megatrend ist, der langsam und dann mit immer mehr Geschwindigkeit Fahrt aufnimmt und völlig neue Märkte kreiert. Wer da technologisch vorne liegt (u. a. mit wettbewerbsfähigen Produkten) wird von der Börse mit einer guten Kursentwicklung der Aktie belohnt. Sonderfantasie wird es auch immer wieder geben, sollte ein Großkonzern wie die indische Adani-Group die aktuell sehr niedrigen Kurse für eine Beteiligung zu nutzen wissen. Man muss nur die Zeit mitbringen, bis das Invest over time belohnt wird, so unsere Analyse aller Gegebenheiten. Aktuelle Kurse sind eindeutig Kaufkurse.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: verfasst von Sven Jösting am 16.12.2022