Mit gleich zwei Tagebauen in Hambach und Inden sowie dem benachbarten Tagebau Garzweiler ist der Kreis Düren vom Strukturwandel im Rheinischen Revier stark betroffen. In Spitzenzeiten förderte der zwischenzeitlich bis zu 411 m tiefe Tagebau in Hambach so viel Braunkohle für die Kraftwerke vom Energieversorger RWE, dass mit ihr 5 % des gesamten deutschen Strombedarfs gedeckt wurden. Mit seiner Jahresförderung von rund 15 Millionen Tonnen Braunkohle sichert der Tagebau Inden die Versorgung des Kraftwerks Weisweiler. Damit hatte sich der Kreis zu einer der Energieregionen Deutschlands entwickelt und mehrere tausend Arbeitsplätze geschaffen.
Doch das soll nicht für immer so weiter gehen: Im Jahr 2029 wird die Kohlegewinnung in den Tagebauen im Zuge des gesetzlichen Kohleausstiegs enden. Werden in den Kohlekraftwerken die Stecker gezogen, fallen nach dem Institut der deutschen Wirtschaft im Rheinischen Revier rund 14.400 Arbeitsplätze weg. Mehr als 15 Milliarden Euro Fördermittel sollen die Wertschöpfung in der Region halten und bis zu 27.000 neue Arbeitsplätze schaffen.
„Wir müssen diesen Wandel als Chance begreifen, weil wir jetzt auf viele Prozesse Einfluss nehmen können, wo wir sonst wenig Spielraum haben“, sagt Anne Schüssler, Leiterin der Stabsstelle für Klimaschutz und Mobilität im Kreis Düren. Von Forschungszentren über Produktionsanlagen und Tankstelleninfrastruktur bis hin zu einem Informationszentrum und einer Messe packt die Region westlich von Köln die Energiewende mit Wasserstoff an allen Gliedern der Wertschöpfungskette an.
Forschung von der Nano- bis zur Systemebene Der Kreis Düren ist nicht nur Energieregion, sondern auch Forschungsregion. Das Forschungszentrum Jülich der Helmholtz-Gesellschaft ist bekannt für seine frühe Erforschung der Kernenergie und seine Pionierarbeit im Quantencomputing. Heute forschen hier über 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an neuen Technologien und Anwendungen rund um die Themen Energie und Information.
Kein Wunder also, dass Wasserstoff auch im Forschungszentrum Jülich eine zentrale Rolle spielt. Das Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW), Teil des Helmholtz-Clusters für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft (HC-H2), baut im Rheinischen Revier Demonstrationsprojekte auf, in denen Wasserstofftechnologien technologisch und wirtschaftlich erforscht werden. Von der Nano- bis zur Systemebene untersuchen die Forscherinnen und Forscher beispielsweise Katalysatoroberflächen für die Hydrierung und Dehydrierung von Wasserstoffspeichermolekülen bis hin zur optimierten Nutzung von Wasserstoff in Großspeichersystemen. Das INW ist im Brainergy Park in Jülich angesiedelt. Hier errichten die drei Kommunen Jülich, Niederzier und Titz sowie der Kreis Düren auf 52 Hektar ein Gewerbegebiet, in dem sich Unternehmen und Institute aus den verschiedenen Bereichen der Energiewende ansiedeln und austauschen. Eine Produktionsanlage für grünen Wasserstoff ist bereits im Bau.
10-MW-Elektrolyse wird 2025 fertiggestellt Auf einer Fläche von 17.500 m2 entsteht bis Herbst 2025 eine 10-MW-Elektrolyseanlage. Ziel ist es, 700 bis 1.000 t grünen Wasserstoff pro Jahr zu erzeugen und in der Region zu speichern, zu verkaufen und für die Mobilitätspläne des Landkreises zu nutzen. Neben der H2-Produktion und der Energieversorgung werden derzeit Verdichtereinheiten, Abfüll- und Qualitätskontrollanlagen installiert sowie ein Verwaltungsgebäude errichtet. Der benötigte Strom stammt aus benachbarten erneuerbaren Quellen. Neuman & Esser liefert die beiden PEM-Elektrolyseure. Die Firma Messer übernimmt die Speicherung, Abfüllung und Qualitätskontrolle des erzeugten Wasserstoffs. Beide Projektpartner sind in Nordrhein-Westfalen ansässig.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur fördert den Bau der H2-Anlage mit rund 14,7 Mio. Euro. Die Förderung erfolgt im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff 2, die Gesamtinvestition beläuft sich auf rund 35 Mio. Euro. In Zukunft soll die Leistung der Elektrolyse erweitert werden.
H2-Busse zuverlässiger als konventionelle An die Elektrolyse soll zukünftig eine Tankstelle für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge angeschlossen werden. Eine solche wird bereits im Kreisgebiet von H2 Mobility für Busse und PKW betrieben. Eine Trailer-Tankstelle sowie eine eigene Tankstelle für Busse am Bahnhof der Stadt Düren sollen folgen.
Wasserstoffbusse sind ein wesentlicher Bestandteil der Dürener Mobilitätsstrategie. Seit 2024 sind bereits 20 Fahrzeuge im Einsatz. Die Busse des Herstellers Solaris speichern 1.560 Liter H2 in rund neun Minuten und legen damit 350 Kilometer zurück. In den kommenden Jahren plant der Kreis, die Flotte entsprechend der Förderkulisse jährlich zu erweitern. Bis Ende 2025 integrieren die Betreiber fünf weitere Gelenkbusse. Werden alle 180 Busse in Düren und Umgebung ersetzt, spare das mehr als 10.000 t Kohlendioxid pro Jahr ein. „Von der Beteiligungsgesellschaft, die die Fahrzeuge beschafft und die Infrastruktur bereitstellt, haben wir die Rückmeldung erhalten, dass unsere neuen Wasserstoffbusse zuverlässiger sind als die alten Dieselbusse“, erklärt Anne Schüssler.
Informationszentrum und Messe informieren Bevölkerung Um zu erfahren, was der Kreis Düren bereits umsetzt und welche Projekte geplant sind, müssen die Menschen in der Region nicht lange recherchieren. Das Wasserstoff-Informationszentrum bietet seit 2023 Schulklassen, Unternehmen sowie der Bevölkerung die Möglichkeit, mehr über den Energieträger zu erfahren. Was ist Wasserstoff, wofür wird er verwendet und warum ist das für mich wichtig? Diese Fragen werden in der interaktiven Ausstellung beantwortet. Auch hier wird die Relevanz für die Region aufgezeigt. Im vergangenen Jahr fand in Düren außerdem bereits zum vierten Mal eine Wasserstoffmesse statt. Über 50 Aussteller präsentierten ihre Technologien und Lösungen der Öffentlichkeit. 

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