Fest- und Aufbruchstimmung lag am 2. September über dem Stuttgarter Neckarhafen, wo fünf Logistiker wie Amazon oder Holcim über ihre einjährigen Erfahrungen mit ihren Brennstoffzellen-Lkw berichteten. Insgesamt hatten die Firmen 225.000 Kilometer mit ihren Mercedes-Benz GenH2 Trucks zurückgelegt und bei 285 Betankungen in Wörth am Rhein oder in Duisburg rund 15 Tonnen unterkühlten Flüssigwasserstoff (sLH2-Standard) aufgenommen.
In dieser Pilotphase, in der bei allen fünf Firmen der Lkw in den Regelbetrieb integriert war, hatte jedes Fahrzeug seinen persönlichen Betreuer bei Daimler Truck, der ihm rund um die Uhr ganzjährig zur Verfügung stand. Dadurch lag die Verfügbarkeit der Lkw bei 80 Prozent – wünschen würden sich die Firmen eine Quote von 99 Prozent.
Michael Scheib, der beim Hersteller die Fahrzeugentwicklung leitet, ist guter Dinge, diesen Wert mittelfristig zu erreichen: „Wir müssen ohnehin den Wartungsaufwand je Truck senken, wenn wir bis Ende 2026 schon 100 Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf der Straße haben wollen und Ende 2029 bereits 500.“ Die gute Nachricht sei, dass in keinem der Fälle ein konzeptioneller Fehler zugrunde gelegen habe, sondern meist die Software betroffen gewesen sei, die zum Beispiel ein Fahrer nicht ohne Hilfe neustarten konnte.
Kritischer ist die Frage der Wirtschaftlichkeit. Roger Haschke, der beim Beton- und Zementhersteller Holcim den Fuhrpark mit 120.000 Fahrzeugen verantwortet und alle Baustoffe von Subunternehmern fahren lässt: „Marktfähig ist der Wasserstoff bei Kilopreisen von 2,50 bis maximal fünf Euro.“ Aktuell kostet das Kilo zehn bis 15 Euro. Auch die Tankinfrastruktur müsse ausgebaut werden, so Scheib, „wenn ich an tausend oder 10.000 Brennstoffzellen-Lkw auf Deutschlands Straßen denke.“ Bezüglich der Kosten der Fahrzeuge sei ein Punkt, die Lebensdauer von Komponenten wirtschaftlich auszulegen, um günstig zu produzieren. Heißt: Welches Teil sollte idealerweise 1,2 Millionen Kilometer halten und welches wird nach 400.000 ersetzt.
Bereits im vierten Quartal 2025 nehmen fünf weitere Logistiker je einen GenH2 Truck von Daimler in Betrieb. So wollen die Beteiligten mehr Erfahrung in der Breite der Einsätze sammeln und sich der Serienreife nähern, die dann auch in Werkstätten und in Schulung der Monteure skalierbar ist. Die technische Tauglichkeit der Lkw, die mit einer Tankfüllung 1.000 Kilometer zurücklegen, bestätigen alle Beteiligten. Deren Fahrer, die teils mit vor Ort waren, loben den Fahrkomfort, die Leistungsfähigkeit und die Geräuscharmut. Der Fahrer der Geislinger Spedition Wiedmann & Winz: „Der GenH2 hält jedem Vergleich mit Diesel- oder Elektroantrieb Stand.“
Dennoch betonen alle Nutzer, sie blieben technologieoffen. In ihren Fuhrparks haben sie auch den Actros, die elektrische Variante von Mercedes-Benz. Thomas Hollad, Transportchef von Air Products, die auch die Tankstelle in Duisburg betreiben und Flüssiggas oder Wasserstoff speditieren, sagt, das Unternehmen sei bereit, die Tankinfrastruktur auszubauen und suche dafür Partner. Wasserstoff sei ein effizienter Energiespeicher. Alle Akteure schauen auch auf EU und Bundestag, weil von den politischen Rahmenbedingungen vieles abhängt. Scheib versichert: „Aus dieser Technologie steigen wir nicht mehr aus, sondern nehmen volle Fahrt auf.“