Der TÜV Nord sieht unterirdische Wasserstoffspeicher als zentrale Voraussetzung für eine zuverlässige Versorgung energieintensiver Industrien. Alexander Holle, Leiter des Bereichs HydroHub bei der TÜV Nord Group, betont: „Unterirdische Speichersysteme können aber nicht von heute auf morgen realisiert werden. Die Politik muss deshalb den Weg für Investitionssicherheit ebnen, während Speicherbetreiber in Pilotprojekten bereits jetzt die technischen Herausforderungen angehen.“
Solche Speicher könnten mehrere Funktionen im künftigen Energiesystem übernehmen: Sie dienen als Fluktuationsspeicher zur Netzstabilisierung, als saisonale Speicher für Wintermonate, als strategische Reserve bei Importunsicherheiten und als Puffer für eine gleichmäßige Auslastung von Infrastruktur wie Importterminals und Pipelines.
Salzkavernen als bevorzugte Speicherlösung
Technisch besonders geeignet für die großvolumige Speicherung sind Salzkavernen. Diese gelten als chemisch stabil und geologisch langzeitbeständig. In Norddeutschland gibt es große Salzvorkommen, die sich laut Holle als Standortvorteil für den Aufbau einer Speicherinfrastruktur nutzen lassen. Bestehende Kavernen könnten umgerüstet, neue zusätzlich geschaffen werden.
Die benötigte Speicherkapazität hängt vom künftigen Wasserstoffbedarf der Industrie ab. Laut Langfristszenarien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird dieser von 17 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2035 auf bis zu 80 TWh im Jahr 2045 steigen. Der Anstieg ist vor allem auf den geplanten Einsatz von Wasserstoff in Kraftwerken und der Großindustrie zurückzuführen.
Lange Vorlaufzeiten und technische Hürden
Die Umrüstung bestehender Kavernen dauert laut TÜV Nord vier bis sechs Jahre, der Neubau sogar zehn bis zwölf Jahre. Beim Neubau ist insbesondere die sogenannte Solung – das Ausspülen des Salzes zur Hohlraumbildung – zeitintensiv. Hinzu kommen Genehmigungsverfahren und technische Herausforderungen wie die Anpassung der obertägigen Anlagenteile, Materialfragen oder die Gasreinigung.
Viele dieser Fragen werden derzeit in Pilot- und Demonstrationsprojekten untersucht. Die daraus entstehenden Standards und Normen könnten den späteren Ausbau erleichtern. Holle fordert daher gezielte politische Unterstützung: „Die Bundesregierung muss jetzt klare Rahmenbedingungen für den Ausbau der Speicherinfrastruktur schaffen und ein Zielbild für deren Rolle im europäischen Energiesystem formulieren. Zudem sollten Investitionsanreize für die Umrüstung und den Neubau von Kavernen geschaffen werden.“
Unsicherheit hemmt Investitionen
Trotz des absehbaren Bedarfs gibt es bislang kaum finale Investitionsentscheidungen für großvolumige Speicherprojekte. Grund sei die unsichere Marktlage und fehlende Klarheit über die künftige Entwicklung der Energiewende auf europäischer Ebene. Holle warnt: „Die Investitionsentscheidungen müssen 2026 oder 2027 getroffen werden, um die nötigen Kapazitäten rechtzeitig zu erreichen.“