Springe zum Hauptinhalt Skip to main navigation Skip to site search

Die Wasserstoffproduktion in Rumänien

Während die meisten Länder im Westen Europas längst ihre Strategien zur Wasserstoffgewinnung ausformuliert und veröffentlicht haben, bleibt der südosteuropäische Mitgliedstaat der Europäischen Union diesen Schritt bisher schuldig. Die rumänische Regierung will ihre Wasserstoffstrategie erst im Jahr 2023 bekanntgeben. Die Voraussetzungen für die Erzeugung von CO2-freiem Wasserstoff sind ausgesprochen gut, da Rumänien einen beeindruckend klimafreundlichen Energiemix hat.

Mehr als 30 Prozent des in Rumänien verbrauchten Stroms wurden im Jahr 2021 durch Wasserkraft erzeugt. Fast 20 Prozent der Elektrizitätsproduktion stammen aus Kernkraftwerken. Mit über elf Prozent übernimmt darüber hinaus die Windkraft einen bedeutenden Anteil, der zudem mit enormer Dynamik wächst.

Auch ohne eine entsprechende nationale Strategie wird in Rumänien bislang bereits an der Entwicklung von Wasserstoff gearbeitet. Dabei wird die Infrastruktur von der Drei-Meere-Initiative (3SI – Three Seas Initiative) unterstützt. Die Drei-Meere-Initiative ist seit 2016 in allen Staaten zwischen der Ostsee, dem Schwarzen Meer und der Adria aktiv. Das Ziel ist die gemeinsame Umsetzung von wichtigen Infrastrukturvorhaben, die die Region ökonomisch vernetzen und voranbringen können.

Unter anderem hilft 3SI dem rumänischen Netzbetreiber Hidroelectrica Romania bei der Gründung einer Projektgesellschaft für den Bau von Wasserstoffpipelines. Darüber hinaus arbeitet Hidroelectrica in dem Projekt Green Hydrogen @ Blue Danube mit Österreich zusammen (s. Abb. 1). Im Rahmen dieses von der Europäischen Kommission geförderten IPCEI-Vorhabens (Important Projects of Common European Interest) sollen die Donauanrainerstaaten und Südosteuropa entlang der Donau und in Südosteuropa mit grünem Wasserstoff versorgt werden. Unter anderem sind auch das österreichische Stromunternehmen VERBUND sowie Hydrogenious LOHC Technologies aus Deutschland involviert.

Eine Vielzahl von Einzelinitiativen

Bereits im Jahr 2009 wurden in Rumänien das Nationale Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Kryogen- und Isotopentechnologien Ramnicu Valcea (ICSI) sowie das Nationale Zentrum für Wasserstoff und Brennstoffzellen (CNHPC) gegründet. Sie haben den Auftrag, wasserstoffbasierte Energietechnologien einzuführen, zu entwickeln und zu verbreiten. Die Erfolge dieser Initiativen blieben aber übersichtlich. Bis dato haben die Forscher vom ICSI zwei Elektroauto-Prototypen, die mit Brennstoffzellen angetrieben werden und eine maximale Reichweite von etwa 320 km aufweisen, entwickelt.

Für die ersten 100 MW an Produktionsleistung für grünen Wasserstoff sind 115 Mio. Euro an Fördermitteln vorgesehen. Diese Gelder sind Bestandteil des nationalen Wiederaufbauprogramms Național de Redresare și Reziliență (PNNR). In Rumänien arbeiten die Branchenriesen Hidroelectrica, Romgaz (SNG), OMV Petrom (SNP), Liberty Galați und gleich mehrere Windenergieproduzenten an den Möglichkeiten, grünen Wasserstoff zu produzieren.

Liberty Galati verkündete kürzlich, man wolle grünen Stahl erzeugen und zudem wasserstoffbetriebene Fahrzeuge entwickeln. Romgaz (SNG) will grünen Strom mithilfe von Photovoltaik gewinnen und den damit erzeugten Wasserstoff im eigenen Fuhrpark einsetzen, der zu 20 Prozent auf diese Antriebsart umgestellt werden soll. Mit dabei ist auch der russische Konzern Lukoil mit seiner Raffinerie in Ploiești. Auch hier soll es erste Schritte in Richtung der Herstellung von grünem Wasserstoff geben. Derzeit gibt es in Rumänien 13 industrielle Wasserstoffproduzenten, wobei vorrangig fossile Brennstoffe eingesetzt werden. Nur Chimcomplex (CHOB) und Liberty Galati haben Projekte zur Erzeugung von grünem Wasserstoff im Programm.

Es fehlt in Rumänien also nicht an Initiativen der Wasserstoffwirtschaft, doch das Ausbleiben einer koordinierten strategischen Planung wird auch von heimischen Experten kritisch betrachtet. Răzvan Nicolescu, der ehemalige rumänische Energieminister, vermisst insbesondere die Investitionen in integrierte Produktionsketten, die die Wasserstoffindustrie benötigt. „Wir reden viel über Wasserstoff (...), aber wir haben uns noch nicht einmal gefragt, wie wir Cummins, einen der größten Hersteller von Wasserstoffanlagen, der bereits in Craiova ansässig ist, davon überzeugen können, Elektrolyseure in Rumänien zu produzieren", erklärte Răzvan Nicolescu enttäuscht.

Der Infrastrukturausbau

Der Betreiber des nationalen Erdgasnetzes Transgaz (TGN) wurde von der Drei-Meere-Initiative bei der Gründung einer Projektgesellschaft für den Bau von Wasserstoffpipelines unterstützt. Der Ausbau der Leitungsinfrastruktur ist vor dem Hintergrund des rumänischen Energiebedarfs von zentraler Bedeutung. Rumänien sieht den Einsatz von Wasserstoff vor allem in der Industrie. Im Land besteht insbesondere eine entsprechende Nachfrage durch heimische Raffinerien, Chemiewerke und Stahlproduzenten.

Der regionale Schwerpunkt bei der Entwicklung einer rumänischen Wasserstoffwirtschaft liegt im Südosten des osteuropäischen Landes, weil die Standorte der wichtigsten Industriezweige sowie des geplanten Ausbaus von Offshore-Windkraftanlagen an der Schwarzmeerküste liegen. Immer wieder im Gespräch ist hier außerdem der Hafen Constanta.

Rumänien verfügt im Schwarzen Meer über ein riesiges Windenergiepotenzial von über 70.000 MW. „Diese Energie soll auch für die Wasserstoffproduktion genutzt werden“, sagte der ehemalige Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Energie und Unternehmensumwelt, Niculae Havrilet.

Die Region, die im Norden an die Ukraine grenzt und im Süden Bulgarien als Nachbarn hat, wird als Dobrudscha bezeichnet. „Die Dobrudscha hat nach Schottland das zweitgrößte Potenzial für die Windenergieerzeugung in Europa. Und hier kommt die Elektrolysetechnologie ins Spiel, mit der die von den Windturbinen erzeugte grüne Energie in grünen Wasserstoff umgewandelt werden kann", sagte Alexandru Bădescu vom Cluster South East Europe, Linde Gaz Romania, den rumänischen Medien.

In Dobrudscha sind die Windbedingungen für die Stromerzeugung geradezu ideal. Das Gebiet weckt reges Interesse bei nationalen und internationalen Windkraftparkentwicklern. Führend im Zusammenhang mit der Nutzung der Windenergie für die Wasserstoffherstellung in Dobrudscha sind die Unternehmen Romgaz und OMV Petrom, die bereits im Bereich der Erdgasförderung im Schwarzen Meer zusammenarbeiten.

Autorin: Aleksandra Fedorska