Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

28. Februar 2023

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Wie weit ist die „H2-Gesellschaft“ in Japan?

Japan hat sich zum Ziel gesetzt, die erste Wasserstoffwirtschaft der Welt zu werden. Was wurde erreicht, seit das Land 2017 den weltweit ersten nationalen Wasserstoffplan vorgelegt hat? Die Anwenderseite wurde weiter ausgebaut, und auch die Regierung Kishida investiert kräftig in wegweisende Pilotprojekte. Der Fokus liegt aber weiterhin auf dem Import von blauem Wasserstoff. Ein Update zum HZwei-Bericht vom Juli 2021.

Ein eigentlich bereits für 2021 ausgegebenes Etappenziel beim Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur hat Japan im Herbst 2022 erreicht: Stand Oktober waren 163 Wasserstofftankstellen in Betrieb. Für 2025 ist eine Verdopplung auf 320 H2-Tankstellen geplant, im Jahr 2040 sollen es 900 sein. Im April 2022 waren fast 5.270 Brennstoffzellenfahrzeuge auf den japanischen Straßen unterwegs. Bis 2025 sollen es nach den Ausbauplänen der Regierung allerdings 200.000, bis 2040 dann 800.000 sein. Ob sich die 430.000 in Japan installierten Mini-BHKW Ene-Farm in Zukunft wirklich einmal von Gas auf Wasserstoff werden umrüsten lassen, ist fraglich.

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Zwischen 2030 und 2050 soll im Inland eine Elektrolysekapazität von 15 bis 30 GW aufgebaut werden. Die Systemkosten für die Wasserstoffproduktion per Elektrolyse aus erneuerbaren Energien sollen bis 2030 auf 52.000 Yen (ca. 360 Euro) pro kW gesenkt werden. Dabei könnte der geplante massive Ausbau der Kapazitäten zur Offshore- und küstennahen Windkrafterzeugung in Japan helfen. Noch fällt Japan beim Ausbau der Produktion von grünem Wasserstoff im Inland klar hinter die EU oder auch China zurück.

Um bis 2050 klimaneutral zu werden, investiert auch die Regierung unter Premierminister Kishida weiter kräftig in den Aufbau der Hydrogen Society. „Wasserstoff ist der Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung“, erklärte Eiji Ohira, Generaldirektor der Abteilung für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie der NEDO jüngst auf dem World Energy Storage Day in Indien.

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Im Rahmen des Green Innovation Fund sollen 70 Mrd. Yen in die Entwicklung von Elektrolyseur-Großprojekten zur Wasserstoffproduktion fließen, 300 Mrd. Yen in den Ausbau der Lieferketten, einschließlich Import per H2-Tanker, Transport- und Verflüssigungstechnologien. 26 Mrd. Yen fließen in die Förderung von Demonstrationsprojekten zur H2-Beimischung in Gasturbinen – auch im Ausland.

Deutsch-japanisches Projekt in Lingen

Mit Unterstützung der japanischen New Energy and Industrial Technology Development Organization (NEDO) entsteht im niedersächsischen Lingen die weltweit erste wasserstofffähige Gasturbine im Industriemaßstab. Mit der Turbine von Kawasaki Heavy Industries soll im RWE Gaskraftwerk Emsland die Rückverstromung von Wasserstoff erprobt werden. Das Vorhaben ist eines der ersten weltweit, bei dem eine Gasturbine 100 Prozent Wasserstoff großindustriell in Strom umwandelt. Die Anlage mit einer Leistung von 34 Megawatt könnte Mitte 2024 in Betrieb gehen. Im Projektverlauf sollen zwei von Kawasaki entwickelte Verbrennungssysteme zum Einsatz kommen. Beide wurden in 1-MW-Varianten bereits in einem Demonstrationsprojekt in Kobe, Japan, erfolgreich getestet. In Lingen würden diese Technologieprinzipien erstmals auf industriellen Maßstab skaliert werden.

Wasserstoff – übergangsweise auch Ammoniak – soll bis 2050 als eine „dekarbonisierte Stromquelle“ mit zehn Prozent zur Deckung des Strombedarfs dienen. Allerdings ist Wasserstoff auch dafür vorgesehen, die fossile Energieerzeugung zu dekarbonisieren. So sollen ältere Kohlekraftwerke in Japan so umgerüstet werden, dass sie mit einer Mischung aus Kohle und Wasserstoff betrieben werden und dadurch noch weiterlaufen können. Der Vorteil für die Energieunternehmen ist, dass die Kraftwerke, die sie sonst mit Blick auf die CO2-Reduktionsziele schließen müssten, weiterbetrieben werden können.

Fokus weiter auf blauem Wasserstoff

Auf der Versorgungsseite konzentriert sich die japanische Regierung weiterhin auf blauen Wasserstoff, der zwar mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird, aber durch Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCU/CCS) klimaneutral oder zumindest „low-carbon“ wird (s. HZwei-Heft Juli 2021). Allerdings ist ein Unsicherheitsfaktor, ob die CCUS-Technologien (Carbon Capture Utilisation and Storage) kostengünstig genug werden und ob es überhaupt genug Speicherkapazitäten im Landesinneren gibt. Geeignete geologische Formationen finden sich weit entfernt von Industriezentren, was den Transport teuer macht. Einige sind zudem erdbebengefährdet.

Außerdem macht sich Japan so erneut von Importen abhängig, wodurch das Problem der Energiesicherheit nicht gelöst wird, die seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine noch höher auf der politischen Agenda steht. Hinsichtlich Dekarbonisierung ist dies kein wirklicher Fortschritt.

Neues von den H2-Demonstrationsprojekten

Auf dem Fukushima Hydrogen Research Field (FH2R) in dem Küstenörtchen Namie sind neben dem 10-MW-Elektrolyseur von Asahi Kasei Freiflächen-Photovoltaikanlagen mit 20 MW und 100 MW entstanden. In einem Modellprojekt wird der lokal erzeugte Wasserstoff über ein H2-Verteilnetz an 22 Gebäude, eine Schule, mehrere Supermärkte und Tankstellen zur Versorgung von 100 Brennstoffzellenbussen geliefert. In den ein bis eineinhalb Stunden entfernten Großstädten Fukushima und Kōriyama wird der Wasserstoff zudem über mobile Tankstationen und stationär in einem öffentlichen Park und einem Großhandelsmarkt eingesetzt. In der jetzt laufenden zweiten Projektphase soll die Präfektur weiter zu einem Innovation Hub für die Hydrogen Society ausgebaut und mehr und mehr regionale Unternehmen und Forschungseinrichtungen einbezogen werden.

Ausgebaut wurde auch das H2-Informations- und -Demonstrationszentrum Hydrogen/Fuel Cell Valley, das etwas außerhalb von Kofu, der Hauptstadt der Präfektur Yamanashi, gelegen ist. Auf dem Berg Komekura ist hier zusätzlich zu der 10-MW-PV-Freiflächenanlage, zu dem Elektrolyseur von Kobelco (1,5 MW) und zu der Wasserstofftankstelle dieses Jahr noch ein weiterer Elektrolyseur von Hitachi Zosen installiert worden, der in mehreren Ausbaustufen bis 2025 auf eine Gesamtkapazität von 16 MW erweitert und 450.000 Nm3 Wasserstoff pro Jahr liefern soll.

Das Fuel Cell Nanomaterials Research Center und das Clean Energy Research Center der örtlichen Universität gehören zu den weltweit führenden und anerkanntesten Institutionen im Bereich Materialinnovationen für Brennstoffzellentechnologie. Das Institut für Technische Chemie und Technische Elektrokatalyse (ITEC) an der TU Braunschweig unterhält schon seit längerem enge Beziehungen zu dem Forschungszentrum in Kofu und baut derzeit gemeinsam mit der Yamanashi University ein German-Japanese Joint Fuel Cell Technology Laboratory auf. Ziel ist die Optimierung der Wasserelektrolyse, der Elektrokatalyse sowie von Wasserstoffanwendungen im Bereich Mobilität, insbesondere durch Materialinnovationen.

FC Expo

In Kofu ist Mitte März 2023 anlässlich der FC Expo in Tokyo ein deutsch-japanischer Expertenworkshop von NEDO und NOW GmbH zum Thema Elektrolysetechnologie geplant.

Autorin: Johanna Schilling ECOS Consult GmbH, Osnabrück

Quelle: ECOS

Kategorien: 2023 | Allgemein | News
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