Bloom Energy enttäuscht – aber nur vorübergehend

Bloom Energy enttäuscht – aber nur vorübergehend

Was waren das für vollmundige Aussagen zum Wachstum in den kommenden Jahren mit 30 Prozent pro Jahr. Jetzt der Rückschlag, weil ein Großauftrag des Unternehmenspartners SK group/Sk ecopland die Jahresziele für 2023 im 4. Quartal um 160 Millionen US-Dollar verfehlt hat. Was ist davon zu halten? Eine nur vorübergehende Eintrübung der Wachstumsperspektiven?

Für mich ist diese Frage mit einem klaren JA zu beantworten, denn Bloom Energy überzeugt mit seiner Technologie und seinem Geschäftsmodell, sichere und saubere Energie rund um die Uhr zu liefern. Hinzu kommt die Einführung der eigenen SOFC-Elektrolyse, die ab 2025 durch Aufträge sichtbar wird – man startet mit einer Kapazität von 2 GW pro Jahr.

Zu den Zahlen: Bloom Energy hat im 4. Quartal 2023 einen Umsatz von 357 Mio. US-$ erzielt. Für das Gesamtjahr 2023 sind es 1,33 Mrd. US-$ – geplant waren 1,4 bis 1,5 Mrd. US-$, also 160 Mio. US-$ weniger. Noch wichtiger: Die Non-GAAP-Gewinnmarge soll bis 2024 auf 28 Prozent steigen. Der milliardenschwere Rahmenvertrag mit der südkoreanischen SK Group, die auch größter Einzelaktionär von Bloom ist, soll nun besser definiert werden, indem feste Umsatzgrößen pro Quartal vereinbart werden. Die 160 Millionen US-Dollar sollen dann in das neue laufende Geschäftsjahr einfließen. Allerdings wird das Wachstum im 1. Halbjahr 2024 geringer ausfallen als erwartet, bis es im 2. Halbjahr wieder anzieht (40:60). Bloom spricht nun für 2024 von einem Umsatzziel von 1,4 bis 1,6 Mrd. US-Dollar – es sollten einmal mehr 1,8 Mrd. US-Dollar für 2024 werden. Ein Blick auf den Unternehmensgewinn zeigt: Mit einem Plus von 27,4 Mio. US-$ als Non-GAAP-Gewinn im 4. Quartal 2023 ist es sehr gut gelaufen. Ein positiver Ausblick, denn der Gewinn ist wichtiger als der Umsatz. Der Non-GAAP-Gewinn wird für dieses Jahr auf 75 und 100 Mio. US-$ prognostiziert, ein gutes Zeichen auf dem Weg zu nachhaltigen und steigenden Gewinnen.

CFO Cameron verlässt das Unternehmen, doch Zukunftsaussichten überzeugen

Finanzvorstand Greg Cameron verlässt das Unternehmen aus persönlichen Gründen. Das ist eigentlich eine schlechte Nachricht. Angesichts der guten Perspektiven dürfte sie aber bald vergessen sein, sofern ein geeigneter neuer CFO gefunden wird – die Suche läuft.

Bloom verfügt über einen Auftragsbestand von 12 Mrd. USD (Backlog – 3 Mrd. USD für Hardware und 9 Mrd. USD für langfristige Serviceverträge). Das Unternehmen ist mit seinen Energieservern sehr gut positioniert und hat bereits eine führende Position im Bereich der Hochtemperatur-Elektrolyseure, die 2025 mit einer Anfangsleistung von 2 GW pro Jahr auf den Markt kommen werden. Testreihen, unter anderem beim Idaho National Lab, seien „extrem positiv“ verlaufen, hieß es bei der Bilanzpressekonferenz. Fast 750 Mio. US-$ an liquiden Mitteln auf dem Konto sind ein gesundes Polster für die Finanzierung aus eigener Kraft. Erst im 2. Halbjahr 2025 müssen Schulden in Höhe von 250 Mio. US-$ refinanziert werden – kein Problem.

Das Ziel ist klar definiert: 2024 setzt Bloom auf eine Steigerung der Gewinnmarge, die sich aus Kostenmanagement, höheren Margen im Dienstleistungssegment und Preisdisziplin zusammensetzt. Die Ausgaben für Material zur Vermeidung von Problemen in der Lieferkette (Lagerbestände) werden in diesem Jahr deutlich sinken – Bloom sei gut aufgestellt. Die Produktionsstätte in Fremont habe eine Kapazität von 700 MW pro Jahr, die leicht verdoppelt werden könne. Zudem werden neue Geschäftsmodelle (Energie auf Abruf 24/7 und Heat & Power) sowie viele Innovationen das neue Geschäftsjahr bestimmen.

Klar sei: KI sowie die zunehmende Elektrifizierung – man denke nur an batterieelektrische Autos – werden den Energiebedarf nicht wie bisher um 0,5 Prozent pro Jahr steigen lassen, sondern um das Zehnfache, so CEO Sridhar. Der fehlende Netzausbau (Stromtrassen) werde Insellösungen wie die von Bloom begünstigen. O-Ton Bloom: Regenerativ erzeugter Strom werde das Defizit stillgelegter Kohle- und Atomkraftwerke nicht ausgleichen können. Damit steige das Risiko von Stromausfällen und mangelnder Verfügbarkeit von Energie in erheblichem Maße. Ging es bisher oft um den Preis der Energie, so geht es jetzt um die Verfügbarkeit und die Versorgungssicherheit, denn ein Stromausfall kann enorme Schäden verursachen. All dies spielt Bloom Energy perfekt in die Hände, so CEO Sridhar.

Bloom als Partner für Rechenzentren und Energieversorger

Im Bereich der Rechenzentren entwickelt sich eine große Nachfrage nach Energielösungen wie denen von Bloom. Man spricht mit den führenden Unternehmen der Branche. Hier geht es inzwischen um Gigawatt und nicht mehr um Megawatt. Bloom setzt dabei auch auf seine schnelle Projektumsetzung (‚rapid deployment capability‘) und Flexibilität. Der große zusätzliche Energiebedarf kommt von den sogenannten Greenfield Data Centers, die quasi auf der grünen Wiese entstehen und einen Energiezugang benötigen. Hier werden bis 2024 viele Aufträge vergeben. Abwärme aus Rechenzentren über Net-Zero-Stream und Net-Zero-Cooling als CO2-freies Abfallprodukt für Prozesswärme soll genutzt werden (= CHP = „combined heat and power“). Mit diesen Lösungen kann Bloom auch Energieversorger (Utilities) unterstützen, denn Energie kann flexibel, sauber und um 50 Prozent günstiger und fünfmal schneller bereitgestellt werden, als wenn z. B. Dieselgeneratoren oder Gasturbinen zugeschaltet werden. Damit ist Bloom auch ein Partner für Energieversorger.

Als neuer CTO = Chief Technical Officer konnte Dr. Ravi Prasher gewonnen werden. Dieser ist unter anderem Mitglied der renommierten National Academy of Engineering. Er ist nun Chief Commercial Officer von Bloom mit dem Ziel, Geschäftsmöglichkeiten in konkrete Aufträge umzuwandeln. Wie so viele Bloom-Manager kommt er von GE, wo er 20 Jahre lang tätig war. Er sieht die Hochtemperatur-Brennstoffzellen von Bloom als Game Changer, da bei der Verbrennung von Wasserstoff kein SOx, kein NOx und null CO2-Emissionen entstehen. Bloom, so Dr. Prasher, könne alle Probleme lösen, die viele Industrieunternehmen mit ihrer Energienutzung hätten. Zudem sei die Elektrolyse-Technologie von Bloom die effizienteste auf dem Markt.

Jüngste Nachricht: Bloom Energy plant eine Kooperation mit Shell zur Nutzung der eigenen SOFC-Elektrolyse für die großtechnische Produktion von Wasserstoff (Pressemitteilung vom 6.3.24). Bloom verweist darauf, dass man bereits sehr erfolgreiche Testreihen mit dem NASA Armes Research Center in Mountain View durchgeführt habe: 2,4 Tonnen Wasserstoff pro Tag konnten dort produziert werden. Das ist mehr Wasserstoff pro Megawatt Energie, als mit PEM- und Alkalin-Elektrolyseuren möglich ist. Gute Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit Shell.

Fazit: Mit einer Börsenbewertung von nur 2 Mrd. US-$ ist ein Niveau erreicht, das den Wachstumsperspektiven nicht entspricht und Bloom sogar zu einem Übernahmekandidaten macht. GE oder Siemens Energy sollten sich – so mein Vorschlag – das Unternehmen genau anschauen und eine Strategie wie SK Group verfolgen (Beteiligung und gemeinsame Nutzung der Bloom-Technologien). Die Börse wird die Perspektiven bald wieder richtig einschätzen und die aktuelle Unterbewertung schnell vergessen lassen, so mein Fazit. 2024 wird ein wachstumsschwächeres Übergangsjahr sein, dem aber viele Jahre mit sehr starkem Wachstum folgen werden. Wichtig ist vor allem, dass Bloom auf einem guten Weg ist, profitabel zu werden. Das kann auch bedeuten, dass einige Großaufträge hereinkommen, die dann 2025 und in den Folgejahren umsatzwirksam werden. Bloom befinde sich in vielen zielführenden Gesprächen mit potenziellen Kunden, hieß es auf der Pressekonferenz. Mehr als 70 Prozent institutionelle Investoren stehen hinter dem Unternehmen und könnten die derzeit stark gedrückten Kurse als ‚bargain‘ (Schnäppchen) ansehen, also weiter aufstocken und bestehende Positionen erhöhen. Kurse von 25 US-Dollar auf Jahressicht mögen unrealistisch sein – bei guten Nachrichten aber auch nicht. Das Segment Elektrolyseure wird weiteres Wachstumspotenzial generieren und ist in der Börsenbewertung noch überhaupt nicht eingepreist.

RISIKOHINWEIS

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein. Dies ist keine Anlage- und Kaufempfehlung, sondern nur eine persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Sven Jösting

Nikola Motors – Sonderfantasie durch den Badger

Nikola Motors – Sonderfantasie durch den Badger

Die US-Firma Ember* hat kürzlich die Markenrechte (IP, Design) und Prototypen des Badgers von Nikola erworben. Nikola gibt die Werte dieses Sport Utility Vehicles (SUV) im Rahmen eines Equity-Swaps (Tausch via Sacheinlage) ab und erhält dafür 30 Prozent an dem Unternehmen*, das mehrheitlich im Besitz von dem Influencer Dave Sparks und Cole Cannon ist. Kapital von Nikola wird keines fließen, denn der Fahrzeughersteller konzentriert sich zu Recht auf elektrische Nutzfahrzeuge (Batterie + Brennstoffzelle/Wasserstoff). Fest steht, dass der SUV Badger als BZ/Batterie-SUV (Wasserstoff) sehr chic aussieht und dem Cybertruck von Tesla arge Konkurrenz bereiten könnte, sollte diese in time auf den Markt finden. Ob Ember und andere OEMs sowie Partner dieses Projekt wirklich umsetzen, ist allerdings noch unklar.

Der Badger diente mal als Basis für eine Kooperation mit General Motors (GM) und sorgte für eine zweistellige Milliardenbewertung von Nikola Motors an der Börse. Es gab damals 6.000 Vorbestellungen. Betrachten Sie dies somit als schönes Nebenthema. Es könnte sehr spannend sein, wenn es hier konkret wird, sollten bekannte Namen wie Magna, Dana, GM u.v.a. den Ball aufgreifen. Bedenken Sie: Auch das Design eines solchen Modells kostet viel Kapital, welches man ja bereits hat – abgesehen von der Tatsache, dass die Aufnahme der Produktion sehr viel Kapital erfordert, wenn es eventuell auch Unternehmen (OEM = Original Equipment Manufacturer) gibt, die sehr schnell aufgrund schon bestehender Produktionskapazitäten hochgefahren werden könnten – dann könnte der Badger schon bald auf den Markt kommen – alles denkbar.

Der Ausblick stimmt sehr zuversichtlich

Die Bilanzpressekonferenz am 22. Februar 2024 zum vierten Quartal und Gesamtjahr 2023 und vor allem der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr bestätigt meine sehr optimistische Einschätzung dieses Startups für CO2-freie Lkw. Von 42 gebauten TreFCEV wurden 35 im vierten Quartal 2023 ausgeliefert. Sieben befinden sich in Testläufen bei Flottenbetreibern. Die batterieelektrischen Lkw TreEV finden nach dem Problem mit den Batterien und deren Austausch im Laufe des Jahres bis Ende des zweiten Quartals zurück zu ihren Käufern. Nikola kann jeden gebauten TreFCEV sofort verkaufen, da die Nachfrage da ist, aber es noch nicht ausreichend Zulieferteile gibt. 2024 sollen 300 bis 350 verkauft werden.

Stark ist die Position bei den Gutscheinen HVIP Voucher, wo Nikola fast alle (99 Prozent = 355 von 360) auf sich verbuchen kann. Wir sprechen von bis zu 408.000 US-$ Zuschuss pro BZ-Lkw. Bei den BEV sind es 95 Gutscheine per Ende Januar 2024.

Sich auf Kalifornien und Kanada in der Anfangsphase zu konzentrieren, ergibt angesichts der Förderprogramme eindeutig sehr viel Sinn. Parallel arbeitet Nikola via der Tochter HYLA daran, die Wasserstoffinfrastruktur an wichtigen Standorten – u.a. Hafenanlagen in Kalifornien wie LA oder Orlando – durch mobile H2-Tankstellen mit dem notwendigen Wasserstoff darzustellen. Bei dieser Strategie lassen sich erst einmal mobile H2-Tankstellen aufstellen (wesentlich weniger Regulatorik als bei festen Standorten), bis man je nach Erfahrung und Bedarfslage feste Stationen errichtet.

Dazu kommt die Partnerschaft mit First Element Fuel, die bereits H2-Tankstellen an wichtigen Knotenpunkten (Häfen wie Orlando) betreiben und dort 100 bis 200 Lkw am Tag mit dem notwendigen Wasserstoff versorgen. Die Verfügbarkeit des Wasserstoffs ist auf jeden Fall (so ein Take aus der Pressekonferenz) in ausreichender Menge gegeben. Darin sind auch bereits zukünftig auszuliefernde TreFCEV und deren H2-Bedarf berücksichtigt.

Aktuell werden neun Standorte des eigenen HYLA-Programms neben denen von First Element Fuel entwickelt. Insgesamt werden da perspektivisch über 60 H2-Tankstellen auf den Weg gebracht. Vielleicht tank da auch irgendwann mal der Badger?

Lkw im Einsatz – Kunden sehr zufrieden

Es gibt diverse Berichte über Langstreckenfahrten mit den wasserstoffbetriebenen Lkw von Kunden, die ausgesprochen positiv berichten: Coyote Container hat eine Fahrt vom Hafen Oakland nach Long Beach, dann nach Iowa und Ontario und dann zurück zum Hafen Portland unternommen. Mit nur einer H2-Nachfüllung nach 866 Meilen. MTA Trucks fuhr eine Runde über 519 km von Edmonton nach Calgary und zurück. Der Tank war am Ende der Strecke noch 40 Prozent gefüllt – bei minus 10 Grad. Weitere Beispiele beziehen sich auf Touren von über 1.000 Meilen in einem Tag bei voller Last.

Fazit: Mit über 460 Mio. US-$ an freiem Kapital (unrestricted cash) ist das Unternehmen vorerst gut durchfinanziert. Kostensenkungsmaßnahmen, Optimierungen und normale Skalierungseffekte in der Produktion (je mehr Lkw gebaut und verkauft werden, umso günstiger der Preis pro Einheit und je näher der Zeitpunkt, die Gewinnschwelle zu überschreiten) werden das Gesamtjahr prägen, wobei der Kapitaleinsatz auf Quartalsbasis erheblich fallen soll. 400 bis 450 Lkw beider Gattungen gelten als erstes Absatzziel für 2024 mit einer Umsatzerwartung von 150 bis 170 Mio. US-$. Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Auftragseingänge erheblich höher ausfallen könnten, auch wenn diese erst 2025 umsatzwirksam werden.

Nikola steht erst in der Anfangsphase – 2.400 Fahrzeuge könnten bereits theoretisch auf Jahresbasis produziert werden, wenn alle Zulieferteile verfügbar sind. Was den Börsen-(Aktien)kurs angeht, wiederholt sich CEO Girsky salomonisch mit seiner Äußerung – sinngemäß – dass die Börse das selbst am besten bewerten wird, wenn die gemachten Prognosen eintreten. Damit geht meine Erwartung einher, dass wir bald wieder Kurse von über 1 US-$ sehen werden (bzw. wesentlich höhere), wenn eintritt, was prognostiziert wird.

Unter 1 US-$ kann es theoretisch zu einem Delisting an der NASDAQ kommen (7. Juli nach 180-Tage-Frist, die allerdings verlängert werden kann). Ein Reversal-Split (Aktienzusammenlegung) als eine Maßnahme, den Aktienkurs auf über 1 US-$ zu bringen, erübrigt sich dann natürlich von selbst.

Das Kursverhalten der Aktie wird aktuell noch von Shortsellern und Naked Shorts dominiert, die stark gegen das Unternehmen und den Aktienkurs wetten. 229,6 Mio. Aktien waren Mitte Februar leer verkauft. Dieser Short-Interest könnte mal – bei guten Nachrichten – Grund für Eindeckungskäufe (im Extremfall ein Squeeze) sein – aber nur eine persönliche Sicht – ohne Obligo. Auf der anderen Seite kaufen institutionelle Anleger wie der Norwegische Staatsfonds (hält 10,25 Prozent an Nikola), Blackrock, Vanguard und andere zu, was als ein gutes Zeichen angesehen werden kann und sollte.

Gegen den Firmengründer Trevor Milton hat Nikola bereits vor Gericht gewonnen und arbeitet nun daran, einen Titel zur Umsetzung zu erhalten. Immerhin geht es um 165 Mio. US-$. Das wurde auch in der Bilanzpressekonferenz erwähnt. Milton hält noch direkt über 51 Mio. Aktien, die eventuell als Teilzahlung – ohne Obligo – eingezogen werden könnten. Der Aktienkurs wird nun vor allem von Auftragseingängen für die E-Lkw getrieben. Da man an Testreihen bei Flottenbetreibern arbeitet, könnte hieraus – meine Erwartung/Spekulation – auch mancher Großauftrag resultieren. Denn Logistiker wie beispielsweise FedEx haben über 35.000 Lkw, die via CO2-Bespeisung und Auflagen (Dekarbonisierung) wie auch Gesetzen in Bundesstaaten wie Kalifornien peu a peu weg vom Diesel müssen.

Nikola muss als Startup gesehen werden. Da geht es um einen neuen, disruptiven Markt am Anfang eines langfristigen Trends. Bis es zu dem Übergang in die Gewinnzone (2025/26) kommt, muss noch viel Kapital investiert werden (logische Verluste), aber die Börse wird dies gerne zur Verfügung stellen, wenn die Prognosen eintreten und in der Aktienkursentwicklung antizipieren. Die Investmentbank Baird hat ja kürzlich erst einmal 2 US-$ als Kursziel ausgerufen. Andere Investmentbanken sollten folgen. Die Volatilität in der Aktie wird sehr hoch bleiben – Tagesschwankungen von fünf oder auch über zehn Prozent gehören zur Normalität. Nichts für Anleger mit schwachen Nerven.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 2. März 2024

*: Es handelt sich um das US-amerikanische Unternehmen Ember, nicht um Ember Motors.

Interview mit dem Wasserstoff-Experten Dr. Johannes Töpler

Interview mit dem Wasserstoff-Experten Dr. Johannes Töpler

HZwei: Dr. Töpler, wie würden Sie sich und Ihr Tätigkeitsfeld in Bezug auf den Themenkomplex Wasserstoff und Ihre Fachkompetenz beschreiben?
Meine berufliche Beschäftigung mit dem Wasserstoff begann 1977 bei DaimlerBenz mit der Aufgabe, für eine geplante Wasserstoffflotte in Kundenhand die Metall-Hydrid-Speicher zu bauen. Die Flotte war von 1984 bis 1988 in Berlin im Einsatz. 1989 habe ich mit Vorlesungen über „Erneuerbare Energien und Wasserstoff“ an der Hochschule Esslingen meine akademische Lehrtätigkeit begonnen, die bis heute andauert.
Von 2002 bis 2023 war ich im Vorstand/Präsidium des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbandes (2003-2014 Vorstandsvorsitzender) mit der Aufgabe, den Wassersstoff in Wirtschaft und Politik voranzutreiben.
Zurzeit fokussiere ich mich auf die Bildungsarbeit für den Wasserstoff, zum Beispiel mit dem Aufbau eines berufsbegleitenden Master-Studienganges an der Dresden International University (DIU) und der Technischen Akademie Esslingen.

Wasserstoff wird sehr emotional diskutiert. Auf Erdgas basierend ist dieser schon immer in großen Mengen im täglichen Einsatz. Ich denke da beispielsweise an die Chemieindustrie – aber eben mit CO2-Abdruck. Nun geht es um den regenerativ erzeugten, den grünen, aber auch den gelben (mit Biogas) und die Nutzung von Überschussstrom aus Kohle- und Kernkraftwerken für schwarzen bzw. roten/türkisen Wasserstoff sowie die Vermeidung von CO2-Emissionen (Dekarbonisierung). Wie sieht Ihr Zukunftsszenario aus? Von wo wird der Wasserstoff zu uns kommen? Können wir diesen selbst in ausreichender Menge produzieren, wie mancher Politiker dies so sieht?
Die emotionale Diskussion kommt häufig daher, dass von einem singulären Standpunkt aus argumentiert wird – sei es zum Beispiel von einem Vorurteil bezüglich der Wasserstoff-Sicherheit, dem Energiebedarf bei der Wasserstoff-Produktion oder einem kurzfristigen Profitstreben. Im Sinne der Bedeutung des Wasserstoffs für eine nachhaltige Energieversorgung ist es zielführender, den Wasserstoff in seiner ganzheitlichen Bedeutung zu betrachten. Diese liegt wesentlich in seiner Fähigkeit, sehr große Energiemengen im Bereich von mehreren Terrawattstunden zu speichern und damit die Fluktuationen des Angebotes der erneuerbaren Primärenergien auszugleichen. Das ist das Fundament der Versorgungssicherheit und damit von zentraler volkswirtschaftlicher Bedeutung. Dazu kommt langfristig nur CO2-freier Wasserstoff oder CO2-neutraler Wasserstoff aus Biomasse in Frage. Eventuell ist auch Wasserstoff aus Pyrolyse von organischen Abfällen und Kunststoffen denkbar, wenn das Recycling des Kohlenstoffs und anderer Reststoffe gelingt.
In der Übergangsphase, wenn eventuell noch nicht genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht, um die Marktpotenziale der Wasserstoff-Technologien schnellstmöglich hochzufahren, wird auch Wasserstoff aus anderen Quellen erforderlich sein; aber bitte nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich.

Die Infrastruktur für den Transport steht auf der einen Seite – Beimischung (Blending) in Gasnetzen. Parallel soll es ausschließlich Wasserstoff transportierende Pipelines geben. Wie sehen Sie da die zukünftige Entwicklung? Auch bezogen auf andere Netze wie die Stromnetze.
Die Zumischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz ist eine erste Möglichkeit, ihn in Netzen zu verteilen. Allerdings ist dieses Verfahren nicht neu. Bereits in früheren Stadtgasnetzen mit Synthesegas war ein H2-Gehalt von circa 50 % üblich. Beispielseise wurde die erste Flotte von Wasserstoff-Fahrzeugen in Kundenhand 1984 bis 1988 in West-Berlin mit Wasserstoff betrieben, der mit einer Reinheit von 5.0 mittels eines dreistufigen PSA-Verfahren (Pressure-Swing-Adsorption) aus dem Berliner Stadtgas gewonnen wurde.
Heute laufen die ersten Versuche der H2-Zumischung im Erdgasnetz mit einem Anteil von bis zu 30 % mit gutem Erfolg inclusive der begleitenden Sicherheitsuntersuchungen zum Beispiel der Zündgrenzen des Gemisches. Eine direkte Nutzung des Gasgemisches ist allerdings nur thermisch möglich. Für eine bessere exergetische Nutzung des Wasserstoffs – zum Beispiel über die Brennstoffzelle – ist eine Abtrennung erforderlich. Daher wird die Zumischung wahrscheinlich nur in einer Übergangsphase stattfinden mit dem Ziel, am Ende ein vollständiges Wasserstoffnetz zu haben.
Zusätzlich zum Bedarf der H2-Speicherung innerhalb Deutschlands ist auch zu berücksichtigen, dass der erforderliche Import erneuerbarer Energien insbesondere bei interkontinentalem Transport nur über den Wasserstoff geht, so dass auch für dessen Verteilung ein H2-Netz erforderlich sein wird.

Wie sehen Sie die Entwicklung in der Elektromobilität bezogen auf den Einsatz der Batterie und der Brennstoffzelle in der Welt und in den verschiedenen Einsatzfeldern? Ergänzen sich beide Varianten oder stehen diese im Wettbewerb? Welche Variante hat für Sie das größte Potential? Worin könnten Hürden liegen, die mancher Entwicklung im Weg steht?
Ich bin überzeugt, dass der Brennstoffzellen-Pkw weltweit kommen wird. Er steht meines Erachtens auch nicht in Konkurrenz zum Batterie-Pkw, sondern beide ergänzen sich. Batterie-Fahrzeuge werden direkt über das elektrische Netz beladen, was bezüglich des Wirkungsgrades der Energiekette optimal ist. Das gilt aber nur, wenn das elektrische Netz ausreichend stabil ist und die Energie nicht mit Wasserstoff zwischenzeitlich gespeichert werden musste (z. B. bei Dunkelflaute). Dann wäre die direkte Nutzung des Wasserstoffs in einem H2/BZ-Fahrzeug sinnvoller. Ein H2/BZ-Fahrzeug bezieht seine Energie immer aus den Speichern und nie direkt aus dem Stromnetz und trägt damit zur Stabilisierung des elektrischen Netzes in Zeiten eines schwachen Primärenergie-Angebotes bei.
Je nach dem Fahrprofil eines Autos und der vorrangig zur Verfügung stehenden Energiequelle (z. Z. PV-Anlage mit Batteriespeicher im eigenen Haus) kann ein Batterie- oder BZ-Fahrzeug Vorteile haben. Auch die Kombination beider Technologien in einem Fahrzeug (Batterie für die täglichen kurzen Strecken – die Brennstoffzelle für die längeren Fahrten) wie beim Daimler GLC kann sinnvoll sein, weil dann Wirkungsgrad und Versorgungssicherheit gut kombinierbar sind.
Die Hürden sind aus meiner Sicht beim Batterie-Fahrzeug die CO2-Emissionen bei der Batterie-Produktion und die noch nicht gelösten Probleme des Recycling und beim H2/BZ-Fahrzeug die noch unzureichende Infrastruktur und Verfügbarkeit des grünen Wasserstoffs.

Aus China ist zu hören, dass da führende Kfz-Hersteller Prototypen für BZ-Fahrzeuge entwickelt haben. Toyota und Hyundai geben sich technologieoffen und setzen neben der Batterie auf wasserstoffbetriebene Kfz aller Art, vom Pkw (Mirai, Nexo) bis hin zu Bussen und Nfz. Was beziehungsweise welchen Weg würden Sie der deutschen Autoindustrie empfehlen? VW und andere – außer BMW – sehen die Elektromobilität ausschließlich auf die batterieelektrische bezogen. Die Brennstoffzelle und Wasserstoff finden da nicht statt. Wo stehen wir da in 10 bis 20 Jahren – in Deutschland, der EU und in der Welt?
Die Japaner (Toyota, Honda), Koreaner (Hyundai) und auch chinesische Hersteller haben angekündigt, Weltmarktführer in dieser Branche werden zu wollen. Sie fahren ihre Produktionsmöglichkeiten entsprechend hoch. Toyota und Hyundai haben die ersten Fahrzeuge auch auf dem europäischen Markt, Hyundai auch mit einer großen Lkw-Flotte in der Schweiz. Auch Daimler und VW hatten marktreife BZ-Pkw in Kalifornien im Einsatz und Daimler hat 2011 mit der Weltumrundung von drei H2/BZ-Fahrzeugen der B-Klasse die Marktreife demonstriert.
Zurzeit sind die Batterie-Fahrzeuge natürlich weit voraus. Das liegt nach Aussage der Herstellerfirmen daran, dass die strengen Klimaziele wesentlich schneller mit Batterie-Fahrzeugen zu erreichen sind, weil die Fertigungstiefen und damit auch der Personalaufwand deutlich niedriger ist. Hinzu kommt, dass die Batterieentwicklung bezüglich. Betankungsdauer, Zyklisierungsstabilität und Reichweite deutliche Fortschritte gemacht hat.
Bei Lkw, großen Arbeitsfahrzeugen (z. B. Müllsammler) und Bussen werden allerdings die Batterien so schwer oder die Ladezeiten so lang, dass H2/BZ-Antriebe deutliche Vorteile haben. Daher fokussieren die meisten deutschen Hersteller ihre Entwicklungen darauf. Es ist zu hoffen, dass diese Entwicklungen so schnell in den Markt kommen, dass wir unsere Klimaziele noch erreichen.

Wasserstoff in den Wärmemärkten (Gasheizung) wird sehr zurückhaltend betrachtet oder sogar gar von mancher politischer Seite als nicht zielführend beschrieben. Wo sehen Sie da das Potential? Firmen wie Viessmann hatten hierbei große Pläne, Gasheizungen H2-ready zu machen. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein – auch in Konkurrenz zur strombasierten Wärmepumpe?
Zunächst einmal müssen wir beim „Wärmemarkt“ unterscheiden zwischen der Hochtemperatur-Wärme für industrielle Prozesse (z. B. für die Glasindustrie) und der Gebäudeheizung. Bei der Hochtemperatur-Wärme sehe ich nur den grünen Wasserstoff als CO2-freie Wärmequelle.
Zur Gebäudeheizung sind in Japan schon einige zig-tausend Brennstoffzellen-Heizgeräte im Markt, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren. Dabei entspricht das Verhältnis der Strom- und Wärmemenge etwa dem Bedarf eines typischen japanischen Haushalts. In Deutschland sind die Wohnungen deutlich größer und damit auch der Wärmebedarf. Folglich müsste bei einem BZ-Heizgerät noch ein zusätzlicher Brenner für den Spitzen-Wärmebedarf eingebaut werden. Das ist sicherlich sub-optimal, da der Exergieinhalt des Wasserstoffs zu schade ist, um diesen nur thermisch zu nutzen. Darüber hinaus sind kleine Anlagen (z. B. für Einfamilienhäuser) relativ teuer. Große Anlagen (Quartierlösungen) sind deutlich rentabler – im Wesentlichen aufgrund von Skalierungs-effekten.
Ob eine Wärmepumpe oder ein BZ-Heizgerät vorzuziehen ist, hängt vom Einzelfall ab und sollte genau geprüft werden, auch im Hinblick auf die Versorgungssicherheit bei der Stromversorgung und die Bedeutung des Wasserstoffs als Energiespeicher.

Wenn Sie der Politik in Deutschland – der Ampel-Regierung, aber auch der nächsten Regierung – Empfehlungen geben würden, was die Energiewende, die Elektromobilität und auch die Wärmemärkte bezogen auf Wasserstoff angeht: Wie würden diese aussehen? Welche Maßnahmen müssten Ihrer Meinung nach getroffen werden? Wie ließe sich der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen? Ist der amerikanische IRA da Vorbild?
Das sind sehr viele Fragen auf einmal. Zur Strukturierung der Antworten möchte ich von der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Versorgungssicherheit ausgehen. Diese wird durch den Wasserstoff und seine Speicherfähigkeit großer Energiemengen (durch Moleküle) gewährleistet. Die erneuerbaren Primärenergien kommen vorrangig durch Elektronen in die Anwendung, und deren direkte Nutzung ermöglicht die besten Wirkungsgrade. Beides wird für eine nationale Energiestrategie gebraucht.
Hinzu kommt, dass für den notwendigen Import erneuerbarer Primärenergie Wasserstoff als Energieträger benötigt wird, insbesondere bei Importen aus Übersee. Wir sind in Deutschland in der glücklichen Situation, dass wir für die „Träger“ der Effizienz (Elektronen) und der Speicherfähigkeit (Moleküle) verfügbare Netze haben. Dabei sind elektrischen Netze noch auszubauen, die Erdgasnetze und Erdgasspeicher – soweit wie möglich auf Wasserstoff umzurüsten und gegebenenfalls neue H2-Speicher noch auszusolen.
Auf dieser Basis sollte eine nationale Energiestrategie der Regierung aufbauen, die die gesamte Wertschöpfungskette umfasst – von der Versorgungssicherheit der Rohstoffe bis hin zum Recycling aller eingesetzten Materialien. Bei der Mehrheit der Politiker, mit denen ich Kontakt hatte, war ich erfreut über den Sachverstand. Nur manchmal haben partei-ideologische Vorbehalte gegenüber dem Wasserstoff die Kommunikation erschwert. Insgesamt ist Deutschland und auch große Teile Europas auf einem guten Weg – nicht zuletzt auch durch die engagierte Arbeit des Nationalen Wasserstoff-Rates (NWR).
Es fehlen zurzeit noch Regelwerke für die Umsetzung der nationalen Wasserstoff-Strategien, so dass die Firmen noch keine ausreichende Planungssicherheit haben oder an kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Gewinn festhalten. Es ist zu hoffen, dass mit der Erstellung eines Rechtsrahmens für die Einführung des Wasserstoffs auch die Geschwindigkeit der Umsetzung zunimmt.
Aber: Die ersten Abschnitte des „European Hydrogen Backbone“ werden gebaut, und die Phantasien der all-elektrischen Welt mit der Forderung des Rückbaus der Gasnetze sind Geschichte.
Eine Förderung nach dem amerikanischen IRA-Vorbild halte ich bezüglich der Geldmenge in Deutschland für nicht realisierbar. Aber um zu verhindern, dass erfolgversprechende deutsche Entwicklungen wegen der IRA-Förderungen in die USA verlagert werden, wäre in Deutschland eine Fokussierung auf wirklich wichtige Projekte empfehlenswert. Die „ergebnisoffene“ Förderung war nicht immer zielführend.
Wenn nach einem ausländischen Vorbild für unsere Aktivitäten gesucht wird, fällt mir zuerst Japan ein, wo ein Ministerium für Internationalen Handel und Industrie (MITI) nach anfänglichen umfassenden Voruntersuchungen eine Vorauswahl der zielführenden Optionen erstellt und darauf die weiteren Arbeiten konzentriert und massiv fördert.

Haben Sie Anmerkungen zum Themenkomplex, die unsere Leser interessieren sollten/dürften? Eine Vision? Ein Zukunftsszenario?
Ich habe als Vision oder Zukunftsszenario eigentlich nur das, was vermutlich jede(r) von uns hat: Dass wir es wirklich schaffen, den Klimawandel zu stoppen, damit unsere Erde auch für die kommenden Generationen bewohnbar bleibt.
Vielen Dank!

Interviewer: Sven Jösting

Eine Vision für 2024

Eine Vision für 2024

Börse bedeutet, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Der Anleger spekuliert auf zukünftig mögliche Entwicklungen, und auf dieser Erwartung beruhen die Aktienkurse. Wagen wir also den Blick in die Glaskugel: Mit theoretisch denkbaren Szenarien, die aber durchaus realistisch sind.

Ballard Power

In China wurde endlich ein Förderprogramm für den Bereich Wasserstoff und Brennstoffzelle auf den Weg gebracht. Das Joint-Venture mit Weichai Power läuft auf die Auslastung hinaus – 20.000 BZ-Stacks sind die Jahresproduktion, und man kann diese Kapazität schnell ausbauen. Der Hochlauf mit Wishdom Motor nimmt Fahrt aus. Es geht um beachtliche 12.000 BZ-Lkw, die innerhalb von 5 Jahren auf den Straßen fahren sollen – die ersten Fahrzeuge sind bereits ausgeliefert. Ballard entschließt sich nun, die Produktion der MEA (Membrane Elektrolyte Assembly, Hauptkostenträger in der Brennstoffzelle) in China zu realisieren, weil der Bedarf da ist. 130 Mio. US-$ sind fixiert, was bei über 700 Mio. US-$ auf dem Konto kein Problem für die Eigenfinanzierung ist. Die Partnerschaft (Testlauf) mit Ford in der Türkei für den F-Max wird positiv abgeschlossen, dann kann 2025 der Hochlauf beginnen. Es könnten mal über 10.000 BZ-Module im Jahr werden, weil Ford mit Hilfe von Ballard auf die Brennstoffzelle in Nutzfahrzeugen setzt. Bushersteller-OEM wie VanHool, Solaris und NFI (New Flyer) erhöhen massiv ihre Bestellungen an Stacks für den Einsatz in Bussen. Das US-Marktforschungsinstitut „Information Trends“ erwartet, dass bis zum Jahr 2037 weltweit 650.000 wasserstoffbetriebene Busse fahren werden. Ballard ist der Marktführer und kann es bleiben. In der Zug-Sparte kommen Großaufträge für BZ-Module von Ballard herein – von den Plattformpartnern Siemens Mobility und Stadler. Analysten erhöhen ihr vorläufiges Kursziel auf acht bis zehn US-$.

Bloom Energy

Die ehrgeizige Vorgabe, für die kommenden zehn Jahre ein Wachstum von über 30 Prozent jährlich zu erreichen, nimmt Fahrt auf. Bloom kann 1,8 bis 2 Mrd. US-$ Umsatz in 2024 erreichen und operativ mit Gewinn abschließen – ein Meilenstein. Aus Europa kommen Großaufträge, und der US-Markt wächst ohnehin stark; hier gibt der Inflation Reduction Act (IRA) die Geschwindigkeit vor. In Asien setzt der Partner und Großaktionäre sk ecoplant/sk Group auf den Ausbau der gemeinsamen Projekte. Die eigene marktführende SOFC-Elektrolyse erhält ihren Startschuss in der Produktion nach erfolgreichen Testläufen mit über 90 Prozent Wirkungsgrad. In 2025 wird mit 1 GW Leistung für die Produktion begonnen. Analysten erhöhen ihre Kursziele (aktuell 10 bis 21) auf 30 US-$ oder mehr.

Nikola Motors

Das Auftragsbuch füllt sich. Ende 2024 liegen Bestellungen für über 2.000 Wasserstoff-Lkw des Nikola-Modells Tre FCEV vor, einem vollelektrischen 40-Tonner mit Batterien, BZ und H2-Tanks. Investmentbanken erhöhen die Kursziele von zwei (jüngst Investmentbank BAIRD) auf drei US-$ bis fünf US-$. Die eigene Wasserstoffproduktion nimmt zu. Anheuser Busch wandelt eine Absichtserklärung (LoI) in eine Bestellung von 800 BZ-Lkw um. Walmart gibt einen Großauftrag von 100 bis 500 Lkw heraus. Außerdem Aufträge für die ersten BZ-elektrischen Lkw, die auf kalifornischen Hafenanlagen im Betrieb sein werden: 500 im Jahr 2024 und 1000+ für 2025. FedEx schließt einen Testlauf ab und bestellt die ersten 1000 Lkw für die Dekarbonisierung des Unternehmens, das immerhin über rund 37.000 eigene Lkw im Markt verfügt. Nikola ist gegen Ende 2024 ausgelastet und baut die Kapazitäten von aktuell 2.400 Einheiten auf 10.000 Einheiten p.a. aus. Ende 2025 könnte bereits der Übergang in die Gewinnzone erfolgen. Das Wachstum muss finanziert werden: Eine weitere Kapitalerhöhung kommt im Jahresverlauf – 100 Mio. neue Aktien zu je drei US$-plus. Betriebshof-Konzerne wie Travel Center of America und Pilot J bauen eine Kooperation mit Nikola auf: gemeinsame H2-Tankstellen und Ladestationen für e-Lkw. Ein institutioneller Anleger wie der norwegische Staatsfonds (via Norges Bank) hält bereits über 107 Mio. Aktien bzw. 9,25 Prozent – das ist ein Fakt. Andere, etwa BlackRock, könnten folgen. Vielleicht steigt ein strategischer Investor ein; über den Aufkauf der Wandelanleihen kann man – noch – gut 25 Prozent am Unternehmen erwerben.

Plug Power

Es ist nicht einfach. Das Unternehmen hat vollmundige Prognosen abgegeben, die sich schwer halten lassen. Die Aktie fährt weiter Achterbahn und schwankt stark, je nach Nachrichten-Lage. Ideal für Trader. Das ATM-Programm (At The Market) von einer Mrd. US-$ kann peu à peu platziert werden. Ein beantragter Kredit vom Department of Energy im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) wird genehmigt: 500 Mio. bis zu 1,6 Mrd. US-$, allerdings mit Auflagen (Hier die Frage der Konditionen: Coupon (Zinssatz), Laufzeit, Kapitaleinsatz, Rückzahlung). Ein Green Bond als Wandelanleihe wird parallel auf den Weg gebracht: Eine Mrd. US-$-plus. Strategische Investoren wie Fortescue beteiligen sich an manchem Projekt und Unternehmensbereich. Für die Produktion von grünem Wasserstoff setzt Plug Power sehr auf staatliche Zuschüsse im Rahmen des IRA; da gibt es Klarheit von der Regierung, aber es wird dauern. Großaufträge für PEM-Elektrolyseure können verbucht werden. Manche Produktionsstätte für BZ-Stacks und Kryotechnik und Elektrolyseure wird langsam (weniger Kapitalbedarf) ausgebaut, verkauft oder sogar eingestellt. CEO Andy March kündigte kurzfristig an, dass man in Georgia die Produktion von flüssigem Wasserstoff mit sieben Tonnen/Tag begonnen habe sowie die Belieferung von Amazon und Walmart – ein Meilenstein. Er erwartet einen Squeeze der Aktie (Quelle Barrons 1.2.24) aufgrund sehr hoher Leerverkäufe von fast 158 Mio. Aktien. Könnten da Amazon und Walmart für 100 Mio. verantwortlich sein? Diese haben mal über 100 Mio. Optionsscheine erhalten. Die aktuelle Kursexplosion beruht auf der neuen Einschätzung eines Analysten und dem CEO Andy Marsh. Da ist Vorsicht – kurzfristig – angebracht, denn ein ATM-Programm über 1 Mrd. US-$ könnte die aktuelle Situation ausnutzen. Die Zahlen für 2023 kommen im März. Die Kursrange im Jahr 2024: zwei bis sechs US-$, aber 2025 wieder Potential für über zehn US-$.

Siemens Energy

Nach den letzten Quartalszahlen entsteht ein neuer, positiver Trend: Gamesa kann immer besser integriert werden, Lieferketten werden optimiert. Verluste werden noch bleiben, aber das Gesamtbild verbessert sich nach und nach. Der Bereich Wasserstoff, Gasturbinen und Elektrolyse erhält viele Großaufträge, was den Auftragsbestand auf 140 Mrd. Euro hochschießen lässt. Von Quartal zu Quartal bessert sich die Lage, und 2025 wird das Unternehmen wieder im Plus abschließen und die Aktie nach oben treiben. Die Analysten erhöhen ihre Kursziele auf 25 Euro-Plus mit einem Potenzial von über 100 Prozent im Jahresverlauf gegenüber aktuellen Notierungen.

Hyzon Motors

Testläufe wie mit der Performance Food Group, einem der führenden US-Logistiker für Lebensmittel, laufen planmäßig und erfolgreich; kürzlich wurden die ersten vier Lkw ausgeliefert (Fakt). Da kommt nun ein Großauftrag. Die Produktion der eigenen 200-kW-Singlestacks beginnt im 2. Halbjahr. Ein strategischer Investor wie Fontaine Modification oder Marmon Holdings steigt ein und damit – indirekt – Warren Buffett (ihm gehört Marmon). In Europa wird ein Systemintegrator gefunden, vergleichbar mit Fontaine Modification. Die Aktie verdreifacht sich auf zwei US-$. Vielleicht spielt dabei der neue CTO Professor Christian Mohrdieck (vormals bei Cellcentric, einem 50/50-Joint Venture von Daimler Truck und Volvo) eine besondere Rolle?

Weichai Power

Weichai baut seine Stack-Strategie weiter aus. Man ist größter Einzelaktionär von Ballard Power und – neben Bosch – auch an Ceres Power beteiligt. Da China ein H2/BZ-Förderprogramm beschließt, gewinnt Weichai massiv an Beachtung – die Aktie zieht um 50 Prozent auf 2,50 Euro an. Die Stackfabrik (Joint Venture 51:49) zusammen mit Ballard wird ausgebaut. Parallel sollte man auch den US-amerikanischen Wettbewerber Cummins Engine beobachten, denn dieser profitiert vom Inflation Reduction Act und ist ebenfalls sehr aktiv in allen Bereichen der Wasserstofftechnologien (Stacks, Motoren, Elektrolyseure).

RISIKOHINWEIS

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein. Dies ist keine Anlage- und Kaufempfehlung, sondern nur eine persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Sven Jösting

Weichai Power: Kräftiger Kursanstieg

Weichai Power: Kräftiger Kursanstieg

Der Aktienkurs von Weichai Power ist in den letzten Wochen um fast 50 Prozent gestiegen. Grund ist die Partnerschaft mit BYD bei der Elektrifizierung großer Fahrzeugflotten. Ein perfektes Joint Venture, wie es scheint. Weichai Power könnte damit – so meine Vermutung – bei BYD die Tür in Richtung Brennstoffzelle aufstoßen, denn neben batterieelektrischen Lkw und anderen Nutzfahrzeugen passt hier die Brennstoffzelle perfekt für die Langstrecke.

Weichai hat ein Gemeinschaftsunternehmen mit Ballard Power in China (51:49), mit einer Kapazität von bereits 20.000 BZ-Modulen pro Jahr. Und Weichai wird einer der Hauptprofiteure sein, wenn in China ein großes Förderprogramm für Brennstoffzelle und Wasserstoff kommt – vielleicht 2024 oder 2025. Weichai ist Chinas größter Dieselmotorenhersteller, der nun in Richtung E-Mobilität geht – vergleichbar mit Cummins Engine in den USA. Weichai arbeitet auch mit Bosch zusammen.

Warum keine Empfehlungen anderer BZ-Werte?

Ich schaue mir Firmen wie Nel Asa, ITM, PowerCell, Nucera und viele andere sehr genau an. Da ich davon ausgehe, dass gerade bei den Elektrolyseuren die Konkurrenz, vor allem aus China, deutlich zunehmen wird, kann es sein, dass selbst hohe Auftragszuwächse nicht unbedingt zu höheren Gewinnmargen führen. Führende chinesische Solarzellenhersteller wie Longi bauen große Kapazitäten an Elektrolyseuren auf. Die Qualität dieser Produkte soll – so legen es Gespräche mit Experten vor Ort nahe – der von u. a. europäischen Herstellern in nichts nachstehen, allerdings gibt es große Preisunterschiede. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Elektrolyseuren aller Art (SOEC, PEM, alkalische) weltweit dramatisch an. Unternehmen wie Bloom Energy, Plug Power, FuelCell Energy und Siemens Energy decken den Bereich der Elektrolyseure im Rahmen ihrer Geschäftsmodelle hinreichend ab – zum Teil mit Technologieführerschaft wie bei Bloom. Darüber hinaus ist der Vergleich der Börsenbewertung der Unternehmen in Relation zu Umsatz, Auftragseingang und Liquidität ein Kriterium. Klar ist aber auch: Vom Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft werden alle beteiligten Unternehmen profitieren – auch in ihrer Aktienkursentwicklung. Spannend sind die Perspektiven der großen Gasehersteller wie Linde, Air Products und Air Liquide. Diese werden besonders von den Förderprogrammen für grünen Wasserstoff profitieren. Im nächsten HZwei-Heft wird es dazu mehr Hintergründe geben.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Anlage in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch ihre Volatilität ist deutlich höher. Dieser Bericht stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- bis langfristige Bewertung und nicht auf kurzfristige Gewinne legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

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