Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

15. November 2018

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Die Nordfriesen machen’s einfach

GreenTec

Kombination von Wind, Wasserstoff und Elektromobilität


Das Wetter war super – fast schon zu heiß – und die Veranstalter motiviert – fast schon übermotiviert, so dass das 3. Grünstrom-Event vom 1. bis 3. Juni 2018 nicht nur viele prominente Redner nach Enge-Sande lockte, sondern auch viele Aussteller, die die Themen Elektromobilität und Sektorenkopplung von verschiedensten Seiten beleuchteten. Die kleine nordfriesische Gemeinde mit seinem GreenTEC Campus etabliert sich damit immer mehr zur zentralen Anlaufstelle in Schleswig-Holstein für alles rund um Elektromobilität und erneuerbare Energien.
Der erste Veranstaltungstag auf dem knapp 130 Hektar großen Gelände war vornehmlich der Politik gewidmet, weshalb die Besucherzahl im Ausstellungsbereich vorerst noch überschaubar blieb. Aber dafür war der Konferenzraum, wo etliche zentrale Persönlichkeiten der Erneuerbare-Energien- und E-Mobilitätsbranche vortrugen, mit etwa 150 Teilnehmern übervoll. Auf sympathisch lockere Art führte dort Radiomoderator Carsten Kock durch ein äußerst spannendes Programm.
Einfach machen!
Gleich zu Anfang sprang sogleich der Funke auf die Zuhörerschaft über, als Reinhard Christiansen, Windkraftpionier und Initiator dieses Events (s. Interview HZwei-Heft April 2018), voller Elan ankündigte, dass er Anfang 2019 eine Wasserstofftankstelle in Handewitt bei Flensburg in Betrieb nehmen will. Den ersten Kunden, der gerade einen Hyundai Nexo gekauft hatte, konnte er auch gleich vorweisen. Insgesamt orderte Christiansen vier Brennstoffzellenautos, so dass er mit dieser Kleinflotte in den Genuss der günstigen 40-%-Förderung kam. Diese Modelle an den Mann oder die Frau zu bringen sei kein Problem, so der ewig gut gelaunte Norddeutsche. „Das brummt hier!“, so sein Ausruf.
In seiner unnachahmlichen anpackenden Art rief er den meist norddeutschen Gästen zu: „Die Energiewende muss gemacht werden. Einfach machen! […] Man muss das in der Bevölkerung verankern – das ist ganz wichtig. […] Wir zeigen es der Regierung!“
Auch Marten Jensen, Geschäftsführer der GreenTEC Campus GmbH und Vorstand der eE4mobile eG, zeigte sich voller Tatendrang und munterte die vielen engagierten Friesen weiter auf: „Wir können froh sein, dass hier so viele Macher zusammen sind. Lasst uns zeigen, dass wir aufbrechen!“ Jensen lud alle Interessierten auf das ehemalige Bundeswehrübungsgelände ein, das er liebevoll als „Spielplatz mit 16 km privatem Straßennetz“ bezeichnete. 95 Prozent der Skeptiker seien nach einer Probefahrt begeistert, so der Zweimetermann. Die fünf Prozent ganz harten Skeptiker kämen aber leider erst gar nicht.
Um zukünftig noch besser über die Potentiale von erneuerbaren Energien und Elektromobilität informieren zu können, möchte er noch enger mit der Messe Husum zusammenarbeiten und dort auch einen Kongress mitorganisieren. Der erst seit Januar 2018 im Amt befindliche neue Geschäftsführer der Messegesellschaft Arne Petersen bestätigte gegenüber HZwei, dass er die jährlich im März stattfindende new energy neu aufbauen will – auch mit einem Schwerpunkt auf Wasserstoff.
GreenTEC Campus
Das Besondere am GreenTEC Campus ist seine Weitläufigkeit und die Möglichkeit, auf den vielen Straßenkilometern Elektrofahrzeuge ausgiebig zu erproben. Von diesem Angebot machten zahlreiche Gäste beim Grünstrom-Event Gebrauch. Für Testfahrten standen nicht nur StreetScooter, Elektro-Pkw und -Lastenräder zur Verfügung, sondern auch ein EZ10 von Easy Mile, ein Nahverkehrskleinbus, mit dem fahrerlose Fortbewegung erlebbar war.
Habeck und Kemfert als Hauptredner
Robert Habeck, zu jener Zeit noch Umweltminister des Landes Schleswig-Holstein und neuer Vorsitzender der Grünen (s. auch Interview S. 18), appellierte auf seine typisch charmante Art an alle Anwesenden, weiter so aktiv zu bleiben und sich nicht von Kritikern einschüchtern zu lassen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass sowohl die erneuerbaren Energien als auch Elektromobilität weiter rasch wachsen werden, kritisierte aber, dass Politiker meist nur linear dächten. Deswegen hätten sie nicht das rasante Wachstum der Solar- und Windbranche für möglich gehalten und würden derzeit auch nicht mit einer merklichen Zunahme der Elektrofahrzeuge rechnen.
Für den Grünen-Politiker war dieser Termin fast schon eine Art Abschiedsveranstaltung, da er im Herbst nach Berlin wechselte. Er betonte indes, dass er gerne auch im vierten Jahr wieder Schirmherr dieser Veranstaltung gewesen wäre, und erklärte wehmütig: „Was ich vermissen werde, ist das konkrete Machen.“
Auch Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ermutigte alle, „weiterzumachen und nicht zu warten – weder auf Berlin noch auf Brüssel“. Inhaltlich gab sie zu bedenken, dass es langfristig „auch um einen Erdgasausstieg geht, weil Erdgas auch Emissionen verursacht, die nicht unwesentlich sind“. Sie trat ein für den Kohleausstieg, den andere Länder bereits gestartet hätten, sowie für eine nachhaltige Verkehrswende. Sie forderte konkret: „Die Kohle muss im Boden bleiben – über 60 Prozent Öl und Gas auch.“ Nach ihren Worten stünden 9 Mrd. Euro Einnahmen zur Verfügung, wenn fossile Subventionen abgebaut und die Besteuerung von Diesel an Benzin angeglichen würde.
Vertrag mit StreetScooter
GreenTEC Campus hat einen Rahmenvertrag mit StreetScooter geschlossen. Marten Jensen erklärte: „Die Automobilindustrie hat uns jetzt als Kraftstoffindustrie erkannt.“ Sichtlich gerührt berichtete er: „Wir sind ja eigentlich nur Bauernjungen, haben Windkraft gemacht, und jetzt sind wir auf einmal Händler für DHL/StreetScooter. Das erfüllt einen natürlich mit Freudentränen.“
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