Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

1. Dezember 2020

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Spezialmetalle für die Wasserelektrolyse

Iridium und Platin potenziell kritische Materialien

Diagramm: Platin-Bergwerksförderung, Recycling, Nachfrage und Preisentwicklung
©Johnson Matthey 2020a, BGR 2020

Wasserstoff kommt bei der Energiewende eine Schlüsselrolle zu. Das erste Element im Periodensystem hat ein hohes Potenzial, beispielsweise die Stahl-, Zement- und Chemieindustrie sowie den Luft-, Schwerlast- und Seeverkehr zu dekarbonisieren. Auf nationaler sowie europäischer Ebene wird zurzeit an Plänen gearbeitet, welche Mengen an Wasserstoff und welche Herstellungsverfahren in Zukunft gefördert werden sollen.

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, ab 2050 klimaneutral zu sein. Dazu stellte die EU-Kommission im Dezember 2019 den Green Deal vor – ein Konzept mit Maßnahmen zum Erreichen der Klimaneutralität in Bezug auf Finanzierung, Energieversorgung, Verkehr, Handel, Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft. Die Corona-Krise brachte viele Unsicherheiten mit sich und ließ an der Umsetzung des Deals zweifeln. Die Kommission sieht den Green Deal jedoch als europäische Wachstumsstrategie und hält entsprechend an ihm fest.

Am 8. Juli 2020 wurde die europäische Wasserstoffstrategie als Teil des Green Deal veröffentlicht. Der Fokus der Strategie liegt auf grünem Wasserstoff aus Ökostrom. Die bereits existierende H2-Produktion auf Erdgasbasis soll in den kommenden Jahren durch Aufrüstung bestehender Anlagen CO2-frei werden. Bei der Erzeugung abgeschiedenes Kohlenstoffdioxid soll im Untergrund gespeichert werden (Carbon-Capture-and-Storage, kurz CCS). Bis 2024 sollen Elektrolyseanlagen von mindestens 6 GW Gesamtleistung entstehen und eine Million Tonnen grünen Wasserstoffs erzeugt werden. Bis 2030 sollen die Zahlen auf 40 GW und zehn Millionen Tonnen anwachsen. Die Investitionen in den Aufbau der Elektrolyseanlagen bewegen sich bis 2030 zwischen 24 und 42 Mrd. Euro. Darüber hinaus wären im gleichen Zeitraum 220 bis 340 Mrd. Euro erforderlich, um die zur Produktion von grünem Wasserstoff benötigten Kapazitäten an Solar- und Windenergie auszubauen.

Die am 10. Juni 2020 beschlossene Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) der Bundesregierung ähnelt dem europäischen Entwurf, indem sie langfristig auf grünen Wasserstoff setzt. Der Finanzbedarf für die NWS wurde bereits am 3. Juni 2020 im Rahmen des Zukunftspakets – zweiter Teil des deutschen Konjunkturpakets im Zuge der Corona-Krise – mit neun Milliarden Euro beziffert. Die Strategie legt fest, wie schnell und mit welcher Kapazität die Produktion hochgefahren werden soll. Bis 2030 sollen Produktionsanlagen von bis zu 5 GW Gesamtleistung einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung entstehen.

Für den Zeitraum bis 2035 sollen nach Möglichkeit weitere 5 GW zugebaut werden. Bis spätestens 2040 soll diese Leistung zur Verfügung stehen. Die NWS wird die Forschung und die Entwicklung sowie den Technologieexport rund um innovative Wasserstofftechnologien fördern. Zu den großen Profiteuren der Strategie werden insbesondere die Bereiche zählen, die bisher keine Alternativen zu Wasserstoff zur Dekarbonisierung der prozessbedingten Emissionen hatten, zum Beispiel die Stahlindustrie oder der Flugverkehr.

Wasserelektrolyse

Auch wenn in der EU und in Deutschland blauer Wasserstoff für den Markthochlauf übergangsweise genutzt werden kann, wird in Zukunft die Wasserstofferzeugung mit Strom aus erneuerbaren Energien mittels Elektrolyse die Hauptrolle spielen. Sie erlaubt die Wandlung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff unter Einsatz von Strom aus Sonne und Wind. Die drei wesentlichen Technologien der Wasserelektrolyse sind: Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse (PEMEL), alkalische Elektrolyse (AEL) und Hochtemperatur-Elektrolyse (HTEL).

Bereits heute befinden sich die AEL, aber auch zu weiten Teilen die PEMEL in einem technisch ausgereiften Zustand. HTEL kommt aktuell nur eingeschränkt zum Einsatz. Denn in Sachen Anlagengrößen und Lebensdauer hat HTEL noch Entwicklungsbedarf. Außerdem gibt es derzeit wenige Hersteller für diese Anlagen. Für die H2-Massenproduktion werden, zumindest in der näheren Zukunft, AEL und PEMEL die Hauptrolle übernehmen. Wegen leicht unterschiedlicher Charakteristika bietet sich je nach Einsatzzweck eines der Verfahren an.

Großer Vorteil der AEL ist, dass bei der Herstellung keine potenziell kritischen Rohstoffe benötigt werden. Als Elektrolyt wird Kalilauge verwendet. In gängigen Elektrolyseurkonzepten wird als Anodenmaterial Nickel eingesetzt. Auf der Kathodenseite wird neben Nickel auch auf Stahl und Edelstähle zurückgegriffen. Die Anlagen sind damit relativ kostengünstig, brauchen aber auch viel Platz und kommen daher nicht für jeden Standort infrage.

Bei Platzproblemen oder an einem Standort, der den Einsatz von Lauge ausschließt, hat die PEMEL Vorteile gegenüber der AEL. So kann die PEMEL zum Beispiel direkt an Offshore-Windparks zum Einsatz kommen. PEMEL verwendet eine protonenleitende Polymermembran als Elektrolyt und setzt Edelmetalle (Iridium und Platin) als Katalysatoren ein. Damit ist diese Technologie aber auch relativ teuer.

Spezialmetalle für die PEM-Elektrolyse

Die Studie „Industrialisierung der Wasserelektrolyse in Deutschland: Chancen und Herausforderungen für nachhaltigen Wasserstoff für Verkehr, Strom und Wärme (IndWEDe)“, die von der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie GmbH (NOW) koordiniert wurde, betrachtet unter anderem die Kritikalität ausgewählter Metalle für die Wasserelektrolyse. Für die PEMEL stellt diese Studie Iridium und Platin als potenziell kritische Metalle vor.

Iridium dient in der PEMEL als Katalysator und wird in dünnen Schichten auf die Anoden der einzelnen Zellen, an denen oxidative und dadurch sehr korrosive Atmosphäre herrscht, aufgebracht. Iridium weist eine hohe Resistenz gegen Korrosion auf und kommt hier daher bevorzugt zum Einsatz. Ebenso wird auch Platin als Katalysator bei der Elektrodenbeschichtung für PEMEL verwendet. Außerdem werden häufig Bipolarplatten mit einer dünnen Platinschicht überzogen, um den elektrischen Widerstand der Oberfläche zu reduzieren. Bipolarplatten trennen einzelne Zellen in einem Stack voneinander. Sie dienen nicht nur zur elektrischen Kontaktierung der Elektroden und leiten den elektrischen Strom zur benachbarten Zelle, sondern führen auch Wasser zu sowie Wärme und Reaktionsprodukte ab.

Die Studie IndWEDe berechnet den Bedarf an Iridium und Platin für die Elektrolyseure in Deutschland für ein konservatives und ein innovatives Szenario bis zum Jahr 2050. Die prognostizierte Menge an Komponenten der Stichjahre 2030 und 2050 wurde der Berechnung zugrunde gelegt. Dabei wird der benötigte Metallbedarf ohne Verringerung der notwendigen Beladung mit Spezialmetallen (konservatives Szenario) mit einem durch technologische Entwicklung reduzierten Metallbedarf (innovatives Szenario) verglichen.

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Autor: Viktoriya Tremareva – Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Kategorien: Allgemein

2 Kommentare

  1. Franz H. Möbius

    Es hat sich herumgesprochen, dass wir in Europa unseren zukünftigen H2- Bedarf nicht selber decken können. Ob uns eine kleine Presse-Notiz aus der Hannoverschen Allgemeinen weiterhilft (HAZ 27.11.20) :”Russland will Wasserstoff liefern”. Welche Sorte? Grün,Grau,Blau,Türkis oder Rot? mit in die auftauendem Permafrostböden Sibiriens verpresstem CO2, und das ganze mit der eigentlich überflüssigen Nordstream 2 zu uns transportiert?

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  2. Joe Schmidt

    Der Verweis auf “blauen” Wasserstoff aus fossilem Erdgas kann einen nur erschauern lassen. Zum Einen sind die Abscheidung /Speicherung des CO2 noch längst nicht geklärt und zum Anderen macht es in vielen Bereichen herzlich wenig Sinn, aus Erdgas erst H2 zu produzieren um dann damit bspw. ein FCEV /Kfz anzutreiben.
    Das kann man mit deutlich weniger Aufwand und Kosten in der derzeitigen Übergangsphase dann auch direkt mit Erdgas-Verbrennungsmotoren erreichen. Auch wenn diese nicht so “sexy” sind.
    Wenn Wasserstoff, dann suberer, grüner Wasserstoff und zwar an Stellen, wo es keine oder nur noch teurere Alternativen gibt.
    Im FCEV-PKW also mit hoher Wahrscheinlichkeit schon mal nicht …

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