Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

1. Dezember 2020

Titelbild:

Bildquelle:

Eine schnellere Energiewende ist möglich

Interview mit dem Energieexperten Dr. Peter Röttgen

Energieexperte Peter Röttgen
Energieexperte Peter Röttgen
© Fortum

Als promovierter Geologe leitete Dr. Peter Röttgen das E.ON-Innovationszentrum für Energiespeicherung in Düsseldorf. Zudem war er viele Jahre Präsident der European Association for Storage of Energy (EASE) mit Sitz in Brüssel. Im August 2017 wurde er Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), bevor er Anfang 2019 Leiter für öffentliche Angelegenheiten beim finnischen Energieversorger Fortum in Deutschland wurde. Die Finnen besitzen seit Anfang 2020 die Mehrheit am Uniper-Konzern.

HZwei: Herr Röttgen, bei Ihrem Abschied als Chef des Bundesverbands Erneuerbare Energie vor etwas über einem Jahr haben Sie gesagt, dass Sie die Branche im Auge behalten werden. Wie lautet Ihr Zwischenfazit – jetzt als „Außenstehender“?

Aus meiner Perspektive, und ich setze mich natürlich weiterhin für erneuerbare Energien ein, ist zu beobachten, dass die Entwicklung leider sehr schwerfällig ist. Insbesondere gibt es einen schmerzhaften Einbruch der Neuinstallationen im Windbereich. Die Gesellschaft spaltet sich in Befürworter und Gegner, womit es der Politik sehr schwer gemacht wird, engagiert voranzugehen. An den Kosten für Ökostrom kann das nicht mehr liegen, die Akzeptanzfrage tritt nun immer mehr in den Vordergrund. Die Instrumente der Raumordnung bieten hier die Möglichkeit, verschiedene Interessen der Flächennutzung miteinander in Einklang zu bringen. Zudem sollte neben dem wachsenden Interesse am Klimaschutz vor allem die Freude an den Erneuerbaren und deren technologischen Innovationen gefördert werden, um letzten Endes die Akzeptanz zu erhöhen.

Das klingt optimistisch. Nun stellt die Corona-Pandemie eine zusätzliche Herausforderung dar. Sehen Sie diese Krise vielleicht auch als eine Chance für die Energiewende hierzulande?

Die Corona-Pandemie ist vor allem eine weltweite und traurige menschliche Tragödie. Aber sie gibt ein Beispiel für schwer sichtbare Probleme, deren ungebremste Entwicklung zu dramatischen Folgen führt. Übertragen auf die Erderwärmung heißt das: Der Klimawandel findet statt, das Klima verändert sich, und nun gilt es, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Energiewende, so sie in allen Sektoren vollzogen wird, ist diese geeignete Gegenmaßnahme. Ich hoffe, dass dies mit der Corona-Erfahrung umso besser verstanden wird und sich vielleicht die Chance ergibt, einiges schneller umzusetzen. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung setzt finanzielle Anreize für Investitionen in grüne Mobilität und den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur – das kann die Energiewende durchaus beschleunigen.

Den Solardeckel, also den Förderstopp bei 52-Gigawatt-Photovoltaik, wollte die Regierung schon viel früher aus dem Gesetz tilgen. Warum hat das so lange gedauert?

Es gibt unterschiedliche Positionen zwischen den Parteien, aber auch zwischen parteiinternen Lagern. Die Gegner der Photovoltaik haben noch im Hinterkopf, dass deren Förderung viel Geld gekostet hat. Das ist heute aber nicht mehr der Fall. Die Technologiekosten haben sich seitdem um 90 Prozent reduziert. Allein die Kopplung des Solardeckels mit dem Konflikt um die Abstandsregelung im Windbereich war gewiss ungeschickt. Politik ist eben auch immer die Verhandlung eines Kompromisses. Nun ist die Aufhebung des Solardeckels mit dem Konjunkturpaket der Bundesregierung beschlossen und rechtlich umgesetzt.

Wie hoch sollte der CO2-Preis sein, damit er eine klimapolitische Lenkungsfunktion entfaltet?

Der aktuell von der Bundesregierung aufgezeigte Pfad vermittelt zwischen einer grundsätzlich ablehnenden Position und einem Betrag, der allein mit Blick auf eine schnelle Lenkungswirkung größer hätte ausfallen müssen. Dieser Einstieg ist aber aus realpolitischer Sicht hinzunehmen – zumal der Betrag noch einmal nachgebessert wurde. Er wird schon bald erste Wirkung zeigen, wenn zwischen unterschiedlichen Technologien mit längerfristiger Perspektive zu entscheiden ist. Die Entwicklung muss mit Blick auf die zu erreichenden Ziele allerdings überwacht und gegebenenfalls nachgesteuert werden. Anzuerkennen ist, dass das Instrument in Deutschland für alle wesentlichen Sektoren eingeführt wird. Nun ist der nächste Schritt eine entsprechende Installation auf europäischer Ebene. Dies ist wichtig für den Klimaschutz und sichert faire Wettbewerbsbedingungen. Ich hoffe auch, dass über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte entsprechende Impulse gesetzt werden können und der Green Deal insgesamt ordentlich vorankommt.

Fortum ist nun mit knapp 70 Prozent Hauptaktionär beim Konzern Uniper (früher E.ON). Gerade ging mit Datteln 4 trotz Ausstiegsbeschluss noch ein Kohlekraftwerk ans Netz. Welche Zukunft hat Kohle in Deutschland?

Die Frage ist unmittelbar mit dem Thema der Emissionen aus der Kohleverstromung verknüpft, denn insbesondere ohne CO2-Abscheidung steht sie den Zielen des Klimaschutzes und der Energiewende entgegen. Es ist falsch, mit dem Finger allein auf die Kohle zu zeigen und damit insbesondere die Belegschaften zu beschämen, denn hier wurde viele Jahre wertvolle Arbeit geleistet, von der die gesamte Gesellschaft profitiert hat. Aber heute haben wir andere Rahmenbedingungen. Die Technologie der Kohleverstromung hat deshalb in Deutschland keine Zukunft mehr, und dies bedingt einen Veränderungsprozess.

Wie funktioniert diese Transformation?

Dafür gibt zunächst der Europäische Emissionshandel den Rahmen vor, wobei die erlaubte Emissionsmenge schrittweise reduziert wird. Das ist der europäische Konsens. Agora Energiewende beschreibt für den Vergleich von 2019 gegenüber 2018, also vor der Corona-Pandemie, dass die Kohleverstromung signifikant zurückging, und bezieht dies vor allem auf den gestiegenen CO2-Preis, wodurch Erdgas mit geringeren Emissionen und emissionsfreie Erneuerbare profitierten. Die Emissionen sind deshalb um zwölf Prozent gesunken.

Das sind klare Worte und Fakten.

In der Tat. Die deutsche Kohlekommission hat sich für den Kohleausstieg bis spätestens 2038 ausgesprochen, mit dessen Umsetzung die Bundesregierung nun beschäftigt ist. Für die Betreiber der Kohlekraftwerke ergibt sich die umgehende Aufgabe der Transformation. Das bedeutet einen Ausstieg aus konventioneller Technik und den Einstieg in alternative Erzeugungsformen unter sozial, rechtlich, technologisch und nicht zuletzt finanziell leistbaren Rahmenbedingungen. Dabei muss die Flotte der Kohlekraftwerke unter Wahrung der kostengünstigen Energie und Versorgungssicherheit sowie Einhaltung der Emissionsminderungsziele zurückgefahren werden. Das ist insgesamt ein komplexer, aber machbarer Vorgang.

Ihre finnischen Kollegen von Wärtsilä halten durch die Corona-Krise eine Beschleunigung der Energiewende für möglich. Der Trend geht demnach immer stärker in Richtung einer Elektrifizierung. Sehen Sie das auch so?

…. Mehr lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des HZwei-Magazins

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.hzwei.info zu laden.

Inhalt laden

Interviewer: Niels H. Petersen

1 Kommentar

  1. Franz H. Möbius

    Ja, alles sehr komplex, 3x soviel Ökostrom für den Kohlestromausstieg, 10x soviel Ökostrom für die Decarbonisierung der Stahlindustrie und dann noch konkurrenzfähig gegen Kohlegefeuerte Billigimporte? Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

preloader