Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

3. Dezember 2019

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Langfristig zahlen sich BZ-Pkw aus

Beim Thema „Infrastruktur von Elektrofahrzeugen“ gibt es verschiedenste Meinungen bezüglich Kosten, Integrierbarkeit der Infrastruktur in die Stromnetze und Effizienz der Energiebereitstellung.
Vereinfachte Darstellung des Energieversorgungssystems für Nullemissions-Pkw.

Beim Thema „Infrastruktur von Elektrofahrzeugen“ gibt es verschiedenste Meinungen bezüglich Kosten, Integrierbarkeit der Infrastruktur in die Stromnetze und Effizienz der Energiebereitstellung. Je nach Sichtweise schneidet dabei mal die Infrastruktur für Batterie-, mal die für Brennstoffzellen-Pkw besser ab.

Um die Diskussion mit handfesten Fakten voranzubringen, hat die Ludwig-Bölkow-Stiftung, unterstützt durch die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH und das Fraunhofer IOSB AST, die von der ADAC Stiftung geförderte Studie „Infrastrukturbedarf E-Mobilität – Analyse eines koordinierten Infrastrukturaufbaus zur Versorgung von Batterie- und Brennstoffzellen-Pkw in Deutschland“ herausgebracht. Ein breit aufgestellter Projektbeirat hat die Erstellung der Studie begleitet, die nach etwa zwei Jahren Bearbeitungszeit am 27. Juni 2019 in Berlin veröffentlicht wurde. Zentrale Annahmen und ausgewählte Ergebnisse der Studie werden im folgenden Artikel erläutert.

Die Studie betrachtet den Infrastrukturbedarf zur Versorgung von 40 Millionen Nullemissions-Pkw bis 2050 in Deutschland. Als Nullemissions-Pkw gelten hier Fahrzeuge mit Batterie- oder Brennstoffzellen-Technologie. Neben der erforderlichen Lade- bzw. Betankungsinfrastruktur wurde auch deren Integration in das deutsche Energiesystem betrachtet. Dieses umfasst die Energieverteilung (Stromverteilnetze und Wasserstoffversorgung), den Energietransport (Strom- und Wasserstofftransport), die Energiespeicherung (stationäre Batterie- und Wasserstoffspeicher) sowie die Strom- und Wasserstofferzeugung. Ein Schwerpunkt der Studie lag dabei auf einer detaillierten Analyse exemplarischer Stromverteilnetze.

Insgesamt wurden drei Szenarien mit jeweils unterschiedlichen Anteilen an Batterie- bzw. Brennstoffzellenfahrzeugen betrachtet. Im Szenario „Fokus BEV“ verfügen 80 Prozent der Nullemissionsflotte über einen batterieelektrischen Antrieb, die verbleibenden 20 Prozent nutzen die Brennstoffzellentechnologie. Im Szenario „Fokus FCEV“ liegt der Anteil an Fahrzeugen mit Brennstoffzelle bei 80 Prozent, der Anteil an Batteriefahrzeugen liegt entsprechend nun bei 20 Prozent. Im „Mix“-Szenario entfallen jeweils 50 Prozent auf beide Antriebstechnologien. Neben dem Zieljahr 2050 wurden auch die Stützjahre 2030 und 2040 betrachtet. Die folgenden Ausführungen beschränken sich jedoch auf das Zieljahr 2050.

Ladepunkte und Wasserstofftankstellen

Der Bedarf an Ladepunkten zur Versorgung von Batterie-Pkw wurde auf Basis der Zahlen der ehemaligen Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) bestimmt. Für 2050 werden je nach Szenario zwischen 9,6 (Fokus FCEV) und 38,4 Mio. (Fokus BEV) Ladepunkte benötigt. Die damit verbundenen jährlichen Kosten für Wartung, Instandhaltung und Investitionsabschreibung liegen zwischen 2 Mrd. Euro im Fokus-FCEV-Szenario und knapp 9 Mrd. Euro im Fokus-BEV-Szenario. Maßgeblichen Einfluss auf die Kosten haben vor allem die privaten Ladepunkte, die mit durchschnittlich jeweils 1.650 Euro (Hardware inkl. Planung, Netzanbindung und Installation) angenommen wurden.

weiterlesen im HZwei Oktober-Heft

Autoren:
Dr. Jan Michalski, Jan Zerhusen, Dr. Ulrich Bünger, Dr. Werner Zittel,
alle vier Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH (LBST), Ottobrunn;
Steffen Nicolai, Samir Kharboutli, Cristian Monsalve, Stephan Ruhe,
alle vier Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Karlsruhe

Kategorien: Allgemein

3 Kommentare

  1. Jan Zerhusen

    Hallo Herr Schmidt,
    vielen Dank für Ihren Kommentar. Dazu muss ich als einer der Autoren jedoch folgendes klarstellen.
    Die durchschnittlichen Investitionskosten in Höhe von 1.650 € für einen privaten Ladepunkt habe wir ausführlich mit dem Beirat der Studie diskutiert. Abgestimmt mit Fahrzeug OEM, Zulieferern, Stromnetzbetreibern und weiterer Vertreter sind wir zu dem Schluss gekommen, dass diese Kosten als Durchschnittswert eher als zu niedrig und nicht als zu hoch anzusetzen sind. Die Hauptkosten liegen tatsächlich nicht im Materialwert sondern im Netzanschluss. Hier dürfen Sie nicht nur an Besitzer von Einfamilienhäusern denken, die bereits eine Steckdose in der Garage haben. Sondern auch an Siedlungen mit Parkhöfen ohne Stromanschluss, Tiefgaragen, Stellplätze, Parkplätze beim Arbeitgeber,… etc.
    Die Anzahl an BEV oder FCEV ist eine Annahme der Studie und kein Ergebnis. Speziell diese Annahme ist als “Was wäre Wenn” Annahme zu verstehen. Hier wollten wir gezielt den Infrastrukturbedarf verschiedener Fahrzeugflotten herausarbeiten und keine Prognose bezüglich Fahrzeugzahlen oder Technologieanteilen vornehmen. Folglich ist ihre Anmerkung “Die Wachstumsraten bei FCEV-Modellen und Stückzahlen strafen diese “Studie” heute schon Lügen.” nicht zutreffend.
    Ihre Einschätzung “Wenn dann noch in der Studie geäußert wird: „Die unterschiedliche Effizienz von Brennstoffzellenfahrzeugen und Batteriefahrzeugen spielt also aus Sicht des übrigen Energiesystems für die hier resultierenden Kosten keine entscheidende Rolle.“ – womit man den ca. 3-fachen Energiebedarf eines FCEV für die gleiche Wegstrecke komplett ausblendet – dann wird diese Veröffentlichung für mich zur Schönfärberei.” berücksichtigt nicht die Erklärung der Studie. Die Systemsimulation zeigt eben genau, dass ein “linearer” Effizienzvergleich langfristig nicht zutreffend ist. Batteriefahrzeuge benötigen langfristig gesicherte Leistung im System, welche z.B. durch erneuerbare Gase bereitgestellt werden muss. Das führt zu zusätzlichen Kosten und Energiebedarfen. Das hebt einen Teil des Effizienzvorteils auf und führt langfristig dazu, dass aus Systemsicht der Effizienzvorteil des Fahrzeugs wie beschrieben “keine entscheidende Rolle” bezüglich Kosten spielt. Den erhöhten Energieverbrauch haben wir auch nicht ausgeblendet, sondern in den Berechnung berücksichtigt. Nur bezüglich Kosten spielt dieser eben nur eine untergeordnete Rolle.
    Mit freundlichen Grüßen
    Jan Zerhusen

    Antworten
  2. Joe Schmidt

    Leider ist irgendwie ein Satzteil verschwunden. Sollte heißen:
    Denn daheim reicht oft eine vorhandene Schuko-Steckdose und selbst eine Wallbox hat heute einen Materialwert der kleiner ist als 250€ und der sich bei Massenproduktion noch deutlich verringern wird. Bei einem realen Anteil von größer 80% Langsamladen und nur weniger als 20% Schnellladen kann man die Kostenannahmen beim BEV nur schwer nachvollziehen.
    Ergänzung:
    Wenn dann noch in der Studie geäußert wird: “Die unterschiedliche Effizienz von Brennstoffzellenfahrzeugen und Batteriefahrzeugen spielt also aus Sicht des übrigen Energiesystems für die hier resultierenden Kosten keine entscheidende Rolle.” – womit man den ca. 3-fachen Energiebedarf eines FCEV für die gleiche Wegstrecke komplett ausblendet – dann wird diese Veröffentlichung für mich zur Schönfärberei.
    Den lauten und energischen Ruf nach einem schnellen und konsequenten Ausbau der EE-Stromerzeugung als Basis für “grünen Wasserstoff” vermisse ich jedenfalls in der Realpolitik für Wasserstoff.

    Antworten
  3. Joe Schmidt

    Mal abgesehen davon, dass ich nicht hoffe, dass es in 2050 noch 40Mio. private PKW in Deutschland gibt, sondern deutlich mehr individuelle Mobilität mit ÖPNV und flexiblen autonomen Beförderungssystemen (autonome Taxen, kleine “Ruf-Busse”, o.ä.) abgewickelt wird, bestimmen natürlich sehr oft die Annahmen in einer Studie das Ergebnis.
    Den Nachweis, dass sich BZ-PKW langfristig auszahlen (falls sie sich überhaupt durchsetzen) bleibt der Artikel schuldig.
    Ebenso kann ich die Kosten eines privaten Ladepunktes mit 1.650 Euro (Hardware inkl. Planung, Netzanbindung und Installation) nicht nachvollziehen. Denn daheim reicht oft eine vorhandene Schuko-Steckdose und selbst eine Wallbox hat heute einen Materialwert 80% Langsamladen und nur <20% Schnellladen kann man die Kostenannahmen beim BEV nur schwer nachvollziehen.
    Schade, dass hier immer noch das "tote Pferd" FCEV als PKW (!) propagiert wird. Die Wachstumsraten bei FCEV-Modellen und Stückzahlen strafen diese "Studie" heute schon Lügen. Andere Anwendungen für Wasserstoff und Brennstoffzellen sind deutlich sinnvoller, effizienter und zukunftsträchtiger.

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