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Beitrag von Sven Geitmann

15. August 2014

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Langer Atem und viel Geduld – Sigmar Gabriel im HZwei-Interview

Sigmar-Gabrier

Sigmar Gabriel (Foto: S. Geitmann)


Das erste Jahr Regierungszeit ist noch nicht ganz um, aber schon jetzt steht fest, dass Sigmar Gabriel, Vize-Kanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Energie, mit seinem Super-Ministerium die meisten Schlagzeilen macht. Hierbei ging es bisher vorrangig um die Ökostrom-Umlage. Allerdings gibt es nicht nur hier Fragezeichen: Auch die Zuständigkeiten bei Wasserstoff und Brennstoffzelle sowie bei Elektromobilität und Energiespeicherung sind immer noch nicht ganz geklärt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat sich zwar während der Haushaltsdebatte im April 2014 für die Fortführung des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie ausgesprochen (s. auch HZwei-Interview im April-Heft). Von Sigmar Gabriel, dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie, gab es dazu allerdings bisher noch nicht viele Worte. Die HZwei bat ihn daher um die Beantwortung einiger Fragen.
HZwei: Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, in Ihrer Funktion als Energieminister kümmern Sie sich derzeit primär um die Ökostrom-Umlage sowie die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Über die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik haben Sie sich bisher noch nicht sonderlich häufig geäußert. Wie ist denn Ihre Haltung zu dieser Technologie? Ist sie Ihrer Meinung nach zukunftsfähig?
Gabriel: Für mich als Energieminister zählen drei Dinge: Wie schaffen wir es, die CO2-Emissionen und den Energieverbrauch herunterzuschrauben? Wie bleibt das Energiesystem kostengünstig? Und wie bleibt die Energieversorgung so zuverlässig, wie wir alle es gewohnt sind und wie unsere Unternehmen es brauchen? Lösungen für diese Herausforderungen sind wesentlich für eine gesunde Weiterentwicklung unserer Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Brennstoffzelle ist ein sehr effizienter und lokal emissionsfreier Energiewandler und kann in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende übernehmen. Wasserstoff in reiner Form oder weiterverarbeitet zu Methan kann sowohl als stationärer Speicher wie auch mobil als Kraftstoff flexibel dort eingesetzt werden, wo es Sinn macht. In der Hausenergieversorgung kann die Brennstoffzelle dazu beitragen, den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung weiter zu erhöhen. Aus heutiger Sicht liegen die Kosten und die Lebensdauer der Technik immer noch nicht dort, wo sich ein Brennstoffzellensystem selbst tragen kann. Es gilt, auch durch weitere Forschungsförderung schneller zu Ergebnissen zu kommen.
HZwei: Im Koalitionsvertrag ist nachzulesen, dass die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) GmbH auch über das Jahr 2016 hinaus ihre Arbeit ausführen soll. Wird es also eine Art NIP 2.0 geben, das dann für diese Zeit gelten wird?
Gabriel: Mein Haus hat sich zusammen mit dem Verkehrsministerium beim NIP sehr stark engagiert. Bis zum Ende des NIP in 2016 wird das BMWi über 200 Mio. Euro für Forschung und Entwicklung der Brennstoffzelle und der Wasserstofftechnologie ausgeschüttet haben. Ich gehe davon aus, dass wir uns auch an einem Nachfolgeprogramm beteiligen werden, wenn es dazu kommen wird. Ein Schwerpunkt des BMWi ist das Energieforschungsprogramm, also die Förderung der Forschung und Entwicklung der Brennstoffzelle, aus der dann mittelfristig auch neue Ergebnisse am Markt sichtbar werden.
HZwei: Ich war dabei, als Sie während der Hannover Messe Anfang April beim Besuch des IBZ-Standes deutlich gemacht haben, dass Sie eine Anhebung der Bagatellgrenze für Brennstoffzellenheizgeräte nicht in Erwägung ziehen. Bitte erläutern Sie kurz Ihre Beweggründe.
Gabriel: Da der Ausbau der erneuerbaren Energien eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, ist es nur gerecht, wenn die Finanzierung auch auf möglichst viele Schultern verteilt wird. Daher leisten künftig auch Eigenstromversorger – darunter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien – ihren Beitrag, indem sie an der EEG-Umlage beteiligt werden. Beide Gruppen zahlen jedoch eine reduzierte EEG-Umlage von nur 50 Prozent. Gleichzeitig wurde die Förderhöhe entsprechend angepasst. So bleibt der Anreiz erhalten, bei der Eigenversorgung auf umweltfreundliche Technologien zu setzen. Die Bagatellgrenze für die Eigenversorgung dient ausschließlich dazu, dafür zu sorgen, dass der administrative Aufwand nicht außer Verhältnis zu den Einnahmen bei der EEG-Umlage steht. Eine substanzielle Anhebung der Bagatellgrenze würde relativ große Strommengen betreffen und könnte damit zu einem relevanten Anstieg der EEG-Umlage führen. Dies möchte ich im Interesse aller Stromverbraucher verhindern.
HZwei: Wie sehen Sie denn die Rolle Deutschlands im internationalen Vergleich in diesem Themensektor? Denken Sie, dass die Bundesrepublik im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen ein Leitmarkt werden kann?
Gabriel: Aus der Forschung zur Brennstoffzelle sind in den letzten Jahren in Deutschland einige beachtenswerte Ergebnisse hervorgegangen. Ich bin zuversichtlich, dass wir weitere gute Ergebnisse bekommen werden, wenn die im letzten Jahr mit 200 Mio. Euro Bundesmitteln gestarteten Projekte in der Forschungsinitiative Energiespeicher vorankommen. Wir alle wissen, dass Forscher nicht nur gute Einfälle und Wissen brauchen, sondern auch einen langen Atem und viel Geduld. Wir helfen ihnen dabei, indem vielversprechende Themen mit Forschungsgeldern unterstützt werden. Das gewonnene Know-how in Deutschland kann sich international sehen lassen. Wir achten darauf, dass dieser Vorsprung nicht verloren geht, sondern weiter ausgebaut wird.
HZwei: Was möchten Sie jetzt der Wasserstoff- und Brennstoffzellenbranche für die nächsten drei Jahre mit auf den Weg geben?
Gabriel: Die Energiewende ist eine große gemeinschaftliche Aufgabe, die alle Beteiligten des Energiesystems gleichermaßen fordert. Sie ist aber auch eine große Chance gerade für die hochspezialisierten Unternehmen in Deutschland. Neben dem Erreichen kurzfristiger Erfolgszahlen zeichnet einen guten Forscher und einen erfolgreichen Unternehmer ja gerade eines aus: an die eigene Idee zu glauben und sich von Fehlschlägen nicht entmutigen zu lassen. Wir schaffen im Energieforschungsprogramm günstige Rahmenbedingungen für mehr Innovation. Denn eines ist klar: Ohne die Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Deutschland, die sich mit dieser Technologie beschäftigen, die neue Ideen entwickeln und diese auch umsetzen, werden wir langfristig die Energiewende nicht zum Erfolg führen können.
HZwei: Sehr geehrter Herr Minister, herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Dieses Interview wurde Ende Mai 2014 durchgeführt und erschien im Juli-Heft der HZwei.

1 Kommentar

  1. Arno A. Evers

    Da hat er Recht, der Herr Minister:
    Zitat Gabriel:
    “…Denn eines ist klar: Ohne die Unternehmen und Forschungseinrichtungen
    in Deutschland, die sich mit dieser Technologie beschäftigen,
    die neue Ideen entwickeln und diese auch umsetzen,
    werden wir langfristig die Energiewende nicht zum Erfolg führen können…”
    Zitatende.
    Dem kann ich nichts hinzuFügen!

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