Feldtest mit 20 Prozent H2 funktioniert

Feldtest mit 20 Prozent H2 funktioniert

In Erftstadt testen derzeit der Versorger GVG Rhein-Erft und der Verteilnetzbetreiber RNG, wie sich die Beimischung von 20 Volumenprozent Wasserstoff im Gasnetz auswirkt. Die Zwischenbilanz des seit Oktober 2022 laufenden Feldtests ist durchweg positiv. Sämtliche angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen laufen laut TÜV Rheinland zu 100 Prozent störungsfrei. Bürger sowie das angeschlossene Gewerbe konnten über die gesamte Heizperiode hinweg ihre Geräte wie gewohnt nutzen. Verbraucher mussten für das veränderte Gasgemisch nicht umgestellt werden, Auswirkungen auf die Dichtigkeit des Gasnetzes gab es keine.

Bisher ist das deutsche Gasnetz nur für eine Beimischung von 10 Vol.-% Wasserstoff zugelassen. Der Test bestätigt: „Sowohl das Gasnetz als auch die angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen vertragen eine doppelt so hohe Beimischung an Wasserstoff“, erklärt Projektmanager Reiner Verbert vom TÜV Rheinland. Dieser Test ist deutschlandweit der erste, der in einem L-Gasnetz durchgeführt wird. Der Feldtest soll noch bis Ende Dezember des Jahres laufen. Insgesamt nehmen 100 Haushalte aus den Stadtteilen Niederberg, Borr und Friesheim daran teil.

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Das Gebiet eignet sich besonders gut für diesen für die Energiewende wichtigen Pilotversuch. Denn das rund neun Kilometer lange Netz wurde erst 2007 errichtet – und ist damit technisch auf einem sehr modernen Stand. Mit seinen Hausanschluss- und Verteilleitungen lässt es sich zudem gut überwachen. Sowohl Netztopologie als auch Gerätetechnik der Testhaushalte eignen sich daher besonders für eine repräsentative Ergebnisauswertung, die sich auf andere Gebiete übertragen lässt.

Kohleflöze als H2-Speicherstätten

Kohleflöze als H2-Speicherstätten

In den vergangenen Jahren wurden reihenweise Kohleminen stillgelegt. Obwohl dort noch Restmengen dieses fossilen Energieträgers lagern, ist es in vielen Bergbauregionen still geworden. Ein Ansatz der Pennsylvania State University könnte ehemaligen Bergwerkbetreibern jedoch Hoffnung machen, dass ihre Flöze doch noch für etwas gut sind – und zwar für die Einlagerung von Wasserstoff.

„Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Kohle aus wissenschaftlicher Sicht die erste Wahl für die geologische Speicherung sein könnte. Sie kann mehr aufnehmen als andere Materialien. Viele Menschen halten Kohle für Gestein, aber in Wirklichkeit ist sie ein Polymer. Sie hat einen hohen Kohlenstoffgehalt und unzählige kleine Poren, die sehr viel Gas speichern können. Kohle ist für Wasserstoff wie ein Schwamm“, erklärte Shimin Liu, Wissenschaftler an der Penn State.

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Insgesamt untersuchte das Team von Liu acht Arten von Kohlen aus US-amerikanischen Bergwerken, um herauszufinden, wie viel Wasserstoff sie aufnehmen können. Die Kohlen hätten beachtliche Sorptionseigenschaften gezeigt, allerdings müsse noch untersucht werden, wie ihre Diffusivität und Permeabilität sei – Merkmale, die bestimmen, wie schnell Wasserstoff injiziert und wieder entnommen werden kann.

Positiver Begleiteffekt wäre, dass ehemalige Flöze ein Second Life bekommen und strukturschwache Bergbauregionen eventuell wiederbelebt werden könnten.

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Wichtiger strategischer Shift

Wichtiger strategischer Shift

Interview mit Lorenz Jung, Sprecher von H2 Mobility Deutschland

Seit Jahren arbeitet H2 Mobility am Auf- und Ausbau der Infrastruktur für Wasserstofftankstellen. Trotz ehrgeiziger Ziele wurde die 100-Stationen-Marke immer noch nicht überschritten. Es werden zwar weitere neue H2-Tankstellen aufgebaut und eingeweiht, aber in gleichem Maße auch alte abgebaut. Sechseinhalb Jahre nach der Gründung vollzog H2 Mobility Deutschland im April 2023 einen Führungswechsel: Nikolas Iwan, der die Gesellschaft von Anbeginn an alleine leitete, wechselte in den Beirat, dessen Vorsitz er im Laufe des Jahres übernehmen soll. Iwan wurde von einem dreiköpfigen Geschäftsführer-Team abgelöst. HZwei sprach mit dem CCO und Sprecher Lorenz Jung über die Gründe für diese Umstrukturierung sowie die weiteren Ziele des Unternehmens.

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HZwei: Herzlichen Glückwunsch nachträglich zu Ihrer Beförderung und Ihrer neuen Position bei der H2 Mobility Deutschland GmbH & Co. KG. Wie fühlt es sich an, jetzt in der ersten Reihe zu stehen?

Jung: Sehr gut! Man merkt aber auch sehr schnell, dass der Wind dort etwas kräftiger weht.

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HZwei: Sie sind quasi seit der Gründung der H2 Mobility mit dabei und haben sich rasch hochgearbeitet. Anfangs waren Sie die Teamleitung für den Netzaufbau, 2021 wurden Sie Chief Projects Officer (CPO) und 2022 Chief Commercial Officer (CCO). Jetzt sind Sie auch Managing Director und Sprecher des Unternehmens nach außen. Kam die Berufung zum Geschäftsführer überraschend, oder haben Sie quasi darauf hingearbeitet?

Die Entscheidung von Nikolas Iwan hat uns tatsächlich überrascht. Das Management Team – Frank Fronzke, Martin Jüngel und ich – waren uns aber sehr schnell einig, dass wir die Geschäftsführung gemeinsam übernehmen wollen.

Sie haben vor Ihrer Zeit bei H2 Mobility bei Siemens Energy und Linde gearbeitet. In welcher Weise können Sie Ihre damaligen Erfahrungen in Ihre heutige Arbeit mit einbringen?

Es hilft mir in der Tat sehr, dass ich viel Vorerfahrung und Kenntnisse sowohl im Anlagenbau, in der Gasindustrie als auch im Stromerzeugungs- und Stromübertragungsbereich habe sammeln können. Denn bei H2 Mobility geht es im Kern nicht nur um das große Thema Verkehrswende, vielmehr ist sie Teil der großen Energietransformation. Es hilft also zu verstehen, wie große Energiemengen transportiert und gelagert werden können und welche Vor- und Nachteile Moleküle bzw. Elektronen haben.

Sie sagten gerade selbst, dass Sie sich die Geschäftsführung teilen: Frank Fronzke kam von Praxair und ist seit 2016 Chief Operation Officer (COO). Martin Jüngel wechselte 2020 von Air Liquide als Chief Financial Officer (CFO) zu H2 Mobility. Beide sind bislang öffentlich noch nicht so richtig in Erscheinung getreten. Was können Sie uns über beide noch berichten?

Ich bin sehr froh und dankbar, die Geschäftsführung mit diesen beiden Kollegen zu teilen. Beide sind in ihren Fachbereichen absolute Vollprofis. Uns drei verbindet vor allem die Leidenschaft, das Thema Wasserstoff in der Mobilität mit unserem Unternehmen zum Erfolg zu führen. Frank Fronzke, unser COO, ist ein genialer Ingenieur. Er hat es mit dem Operations-Team in den letzten Jahren geschafft, die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit unseres Wasserstofftankstellennetzes trotz etlicher Herausforderungen auf ein sehr hohes Niveau zu heben. Dank des nun entstehenden Wettbewerbs wird man das bald erst so richtig wertschätzen können. Frank zeichnet aus, dass er für jedes noch so komplizierte technische Problem mit viel Kreativität, Ehrgeiz und Weitsicht eine Lösung findet.

Martin Jüngel ist als CFO das Mastermind hinter unseren Zahlen. Er verantwortet nicht nur die Unternehmensfinanzen, er ist auch für Buchhaltung, Controlling und IT, Einkauf und öffentliche Fördermittel verantwortlich. Martin kombiniert Überblick und Weitblick und kann dies sehr gut vermitteln. Mit Scharfsinn und Sorgfalt räumt er so alle kaufmännischen Hürden aus dem Weg.

Wie wird Ihre Aufgabenteilung aussehen?

Jeder behält im Prinzip die Verantwortung für seinen bisherigen Aufgabenbereich. Martin übernimmt zusätzlich die Sprecheraufgabe in Richtung unserer Gesellschafter. Bei der bunten und nicht gerade kleinen Runde eine große Aufgabe. Frank konzentriert sich komplett auf die technischen Themen. Daher haben wir dort nun auch die Projektabwicklung angesiedelt. Ich kümmere mich als Sprecher der Geschäftsführung um die Vertretung von H2 Mobility nach außen, bin außerdem für Vertrieb, Kunden, Produkt- und Projektentwicklung sowie Digital Solutions und Personal verantwortlich.

Fronzke, Jung, Iwan, Jüngel (v. l.)

Können Sie uns etwas darüber sagen, welche Rolle Nikolas Iwan zukünftig einnehmen wird? Auf seinem LinkedIn-Profil steht: „in transition“. Ist schon klar, wohin er wechseln wird?

Für uns bleibt er als Chairman of the board erhalten. Da er diese Rolle aber erst offiziell im Sommer antritt, ist „in transition“ eine zutreffende Beschreibung.

Kommen wir von den Personalien zu den Inhalten: Wie ist der aktuelle Stand beim Aufbau einer H2-Betankungsinfrastruktur in Deutschland?

Wie Sie aus der Presse entnehmen können, steigen nun immer mehr Unternehmen in den Markt ein. Ein sehr gutes Zeichen. Bis allerdings aus Ankündigungen auch erste Wasserstofftankstellen werden – also für Kunden zur Verfügung stehen –, braucht es Zeit, wie wir aus Erfahrung wissen.

Warum kommt es da nun schon seit Jahren nicht voran? Werden Sie als Dreier-Team jetzt eine andere Strategie verfolgen als zuletzt? Wenn ja, welche?

Gemessen an der Stückzahl mag dieser Eindruck entstehen. Tatsächlich hat sich aber die Voraussetzung geändert. Als H2 Mobility angetreten ist, hat man sich auf einen H2-Pkw-Markt vorbereitet. Die Idee war, schnell viele, kleine Stationen zu errichten. Nun entwickelt sich der Nutzfahrzeugmarkt wesentlich schneller als erwartet. Größere Fahrzeuge mit größerem Bedarf müssen jetzt an weniger, dafür aber zentraleren und robusteren Stationen teilweise mit einer anderen Technologie versorgt werden. Wir bauen entsprechend nicht einfach das Netz weiter aus, sondern rüsten dort nach, wo H2-Nutzfahrzeuge angekündigt sind. Außerdem sind unsere neuen Stationen mit einer bis zu 15-mal größeren Kapazität eine andere Dimension.

Im Februar 2023 hieß es in Ihrer Pressemeldung, dieser Geschäftsführerwechsel stelle den Abschluss einer grundsätzlichen Neuausrichtung dar. Dazu gehörte unter anderem die Aufnahme des mittlerweile achten Gesellschafters Hy24. Was bedeutete deren Einstieg für H2 Mobility?

Der Abschluss der letzten Finanzierungsrunde und der Beitritt von Hy24 markiert tatsächlich einen wichtigen strategischen Shift: Unser Ziel ist es, unser Wasserstofftankstellennetz wirtschaftlich und damit nachhaltig zu betreiben. Nach den ersten Jahren, in denen es in erster Linie um den Nachweis der technischen Machbarkeit ging, ist das eine andere Ausrichtung. Damit geht eben auch einher, dass wir uns auf absatzstarke Nutzfahrzeugtankstellen mit gasförmigem Wasserstoff konzentrieren. Im Übrigen: Hy24 ist der erste Finanzinvestor, der nur in H2-Projekte investiert. Und dass wir dort als erstes Unternehmen zum Zuge kamen, ist ein großer Vertrauensvorschuss. Es zeigt auch, dass Wasserstoff auch in der Mobilität ein wichtiger Bestandteil der Verkehrs- und Energiewende ist.

Gab es noch weitere Umstrukturierungsmaßnahmen?

Bis auf die oben erwähnten, nein.

Wie sehen Sie die Rolle anderer Akteure, die jetzt ebenfalls verstärkt H2-Tankstellen installieren möchten? Verfolgen Sie weiterhin Ihren bislang kooperativen Ansatz oder sehen Sie GP Joule, Maximator usw. als Konkurrenten?

Wir freuen uns, dass es nun auch andere Unternehmen wagen. Das zeigt, dass nun der Markthochlauf beginnt. Wo es geht, arbeiten wir gerne zusammen. Wettbewerb vergrößert aber auch das Angebot für die Kunden und gibt uns die Chance, uns mit den Produkten der Konkurrenz zu messen. Ich bin sehr gespannt auf die ersten Auswertungen und den direkten Vergleich.

Letzte Frage: Wie groß ist der Anteil von grünem Wasserstoff an Ihren Tankstellen heute und wie wollen Sie bis 2028 hundert Prozent erreichen?

Vorneweg, es ist gut und wichtig, dass es endlich mit der Verabschiedung des Delegated Acts Klarheit darüber gibt, was mit grünem Wasserstoff gemeint ist. Der Anteil an grünem Wasserstoff ist abhängig von den Quellen in der Nähe unserer Wasserstofftankstellen noch sehr unterschiedlich. Bis 2028 ist nicht mehr viel Zeit. Viele der grünen Wasserstoffquellen sind erst im Aufbau. Mit der Nachfrage können wir diesen unterstützen. Es gibt also ein gegenseitiges Interesse, Abnahmeverträge abzuschließen. Da wir unser Netz mittelfristig ausschließlich mit grünem Wasserstoff betreiben wollen, sind wir schon länger an diesem Thema dran. Wir sprechen mit potentiellen, aber auch unseren bestehenden Lieferanten und ersetzen Stück für Stück alte Lieferverträge durch neue. Hier ist der Einkaufspreis teilweise (noch) eine große Herausforderung. Mit dem THG-Quotenhandel wird aber das richtige Werkzeug angesetzt, um die H2-Kosten zu senken.

HZwei: Herzlichen Dank für das Interview.

Hy24
Im März 2022 hat H2 Mobility Deutschland eine Kapitalerhöhung über 110 Mio. Euro durchgeführt, an der sich neben den industriellen Alt-Gesellschaftern Air Liquide, Daimler Truck, Hyundai, Linde, OMV, Shell und TotalEnergies auch Hy24 beteiligte. Hy24 ist ein 50/50-Joint-Venture zwischen Ardian, einem weltweit führenden privaten Investmenthaus, und FiveT Hydrogen, einer Investitionsplattform für sauberen Wasserstoff. Gemeinsam steuern sie 70 Mio. Euro zu der Kapitalerhöhung bei. Das Geld soll für den Bau neuer Wasserstoffstationen verwendet werden. Ziel sind 300 Stationen bis 2030.

Hy24 fungiert als Fondsmanager für den Clean H2 Infra Fund, die – nach eigener Aussage – weltweit größte Investitionsplattform für sauberen Wasserstoff. Eingerichtet wurde dieser Fonds auf Initiative von Air Liquide, TotalEnergies und VINCI Concessions sowie von Plug Power, Chart Industries und Baker Hughes. Außerdem beteiligen sich industrielle Ankerpartner wie LOTTE Chemical oder Snam, Enagás und GRTgaz, finanzielle Ankerinvestoren wie AXA, CCR und JBIC sowie weitere Investoren (Groupe ADP, Ballard, EDF, Schaeffler). Der Fonds strebt ein Volumen von 1,5 Mrd. Euro an.

Pierre-Étienne Franc, CEO von Hy24 und Manager von Clean H2 Infra Fund S.L.P., sagte: „Wasserstoff ist ein entscheidender Bestandteil der ‚Fit-for-55‘-Pläne der Europäischen Union, die durch den jüngsten REPowerEU-Vorschlag noch unterstrichen wurden. Unsere Investition an der Seite von Pionieren unterstützt auch die Bemühungen der Europäischen Kommission, die Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) umzusetzen, um das europäische Wasserstofftankstellennetz maßgeblich auszubauen. Das passt zu unserem Bestreben, als Katalysator einer Wasserstoffwirtschaft in großem Maßstab zu fungieren – und zwar über die gesamte System- und Wertschöpfungskette hinweg, um einen echten Wandel für unseren Planeten zu erreichen.“

Der grüne Alkohol

Der grüne Alkohol

Die Potentiale von Methanol

Methanol ist schon heute einer der wichtigsten Grundstoffe für die Chemieindustrie und wird in den nächsten Jahrzehnten noch an Bedeutung gewinnen – für Kunststoffe aller Art ebenso wie für die Herstellung von E-Fuels. Dafür sind große Mengen an grünem Wasserstoff und nachhaltig gewonnenem CO2 nötig.

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Formaldehyd, Essigsäure, Silikon, Olefine: Diese Zwischenprodukte in der Chemieindustrie brauchen in aller Regel Methanol als Basischemikalie. Der 2021 vom Branchenverband Methanol-Institut und der International Renewable Energy Agency (Irena) veröffentlichte „Innovation Outlook Renewable Methanol“ bezifferte die weltweite Jahresproduktion des Grundstoffs mit 98 Mio. Tonnen. Tendenz: schnell steigend.

Treiber ist laut dem Bericht vor allem die chinesische Chemieindustrie. Obendrein treibt der vielseitige Alkohol immer öfter Fahrzeuge an Land und im Wasser an – mit speziellen Motoren, Brennstoffzellen oder umgewandelt zu E-Fuels.

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Bis 2050 könnte die weltweite Produktion bei 500 Mio. Tonnen jährlich liegen, schätzen Irena und das Methanol-Institute. Wenn diese wie bisher aus Gas und Kohle erzeugt werden, würden die Klimagasemissionen aus der Methanolerzeugung von derzeit 0,3 Gt CO2-Äquivalent jährlich auf 1,5 Gigatonnen steigen.

Ebenso wie die Stromerzeugung braucht also auch die Methanolerzeugung eine neue Basis. Laut einer Well-to-Wheel-Analyse würde ein Umstieg auf grünes Methanol die Emissionen um 65 bis 95 Prozent senken. E-Methanol, also mithilfe von elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff hergestelltes Methanol, schneidet dabei im Schnitt deutlich besser ab als das Biomethanol.

Methanol als Kraftstoff immer wichtiger

Der grüne Alkohol hat großes Potenzial für eine klimafreundliche Wirtschaft. „Erneuerbares Methanol gehört zu den am einfachsten zu implementierenden nachhaltigen Alternativen, vor allem im Chemie- und Transportsektor“, heißt es in dem Irena-Report. Er ist leicht zu lagern und zu transportieren und kann nahezu nahtlos in der Industrie eingesetzt werden.

Die Rolle von Methanol als Kraftstoff wächst schon seit Mitte der 2000er Jahre. Teils ist es die Basis für Biodiesel oder dient als Grundstoff für Antiklopfmittel. Von Benzin bis LPG kann Methanol zudem verschiedensten Kraftstoffen in relativ großer Menge beigemischt werden. Das geschah auch in den Ölkrisen der 1970er und 1980er Jahre.

In den vergangenen Jahren wuchs vor allem die Rolle von reinem Methanol als Kraftstoff. In China und Israel sind bereits Lkw mit Methanolantrieb auf den Straßen unterwegs. Auch die Kombination mit Direktmethanol-Brennstoffzelle ist erprobt, sowohl als alleiniger Antrieb als auch als Reichweitenverlängerung für Elektrofahrzeuge.

Auf dem Meer könnte Methanol den schwefelhaltigen Schiffsdiesel ersetzen. Das würde der Luft nicht nur viel CO2 ersparen, sondern auch Schwefel- und Stickoxide. Zum Zeitpunkt der Studie zählten die Autoren bereits mehr als 20 große Methanolschiffe, die in Betrieb oder in Auftrag waren. Ein Beispiel ist die Stena Germanica, eine 50.000 Tonnen schwere und 32.000 PS starke Fähre, die zwischen Deutschland und Schweden unterwegs ist. Sie wurde in weniger als drei Monaten für den Betrieb auf Methanol umgerüstet.

Neben Methanol gilt auch Ammoniak als aussichtsreicher Kandidat für eine grüne Seeschifffahrt (s. HZwei-Heft April 2022).

Der Methanol-Bedarf weltweit steigt, ebenso die Produktionskapazitäten. Formaldehyd (z. B. für Leime, Harze, Desinfektionsmittel), Olefine (z. B. für Kunststoffe) und die Beimischung zu Kraftstoffen sind derzeit die häufigsten Verwendungen.

E-Methanol braucht Mega-Elektrolyseure

Zum Zeitpunkt der Studie erfasste das Autorenteam erst 0,2 Mio. Tonnen Methanol aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Biomasse. Doch Biomasse ist endlich, selbst wenn es gelingt, Abwasser, Schwarzlauge und Hausmüll als Quellen nutzbar zu machen. Nahezu unbegrenzt ist hingegen das Angebot an Wind- und Solarenergie. Am E-Methanol aus elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff führt auf Dauer also kein Weg vorbei.

Das Rezept: Für eine Tonne grünes E-Methanol nehme man 0,19 t Wasserstoff und 1,38 t CO2. Letzteren trenne man aus der Luft oder aus Abgas bzw. Biogasanlagen ab. Um den benötigten Wasserstoff zu erzeugen, speise man einen Elektrolyseur mit 1,7 Tonnen Wasser. Zusätzlich benötigt man zehn bis elf MWh Wind- oder Solarstrom, vor allem für den Betrieb des Elektrolyseurs.

Mit einem 100-MW-Elektrolyseur, der zum Beispiel bei Thyssenkrupp oder Siemens Energy erhältlich ist, ließen sich so immerhin 225 Tonnen E-Methanol täglich herstellen, rechnet der Bericht vor. Die größten der heutigen Methanolfabriken sind etwa um den Faktor zehn größer, bräuchten also Elektrolyseure im Gigawattbereich. Diese Hochskalierung steht noch aus.

Die Kostenfrage: Kommt drauf an

Bis das grüne Methanol preislich mit dem fossilen mithalten kann, muss noch einiges passieren. Wie so oft hängt die Wirtschaftlichkeit von vielen schnell veränderlichen Faktoren ab, von den Stromkosten über die Investition in den Elektrolyseur bis hin zu einer günstigen CO2-Quelle.

Die Kosten für die Herstellung von Methanol aus fossilen Brennstoffen bezifferte der Bericht mit 100 und 250 USD pro Tonne, was allerdings schon eine Weile her ist. Die Marktpreise im ersten Quartal 2023 lagen laut Methanol-Institute zwischen 300 und 600 USD pro Tonne. Die Kosten für Biomethanol schätzt das Autorenteam der Studie derzeit auf 320 bis 770 USD pro Tonne, die sich auf 220 bis 560 USD senken ließen.

Dagegen hat es das E-Methanol aus grünem Wasserstoff bisher noch schwer, denn sowohl die Elektrolyse mit erneuerbaren Energien als auch die CO2-Abscheidung sind noch keine Massentechnologien. Das CO2 aus der Luft zu fischen würde leicht 300 bis 600 USD pro Tonne kosten. Fängt man es aus einer Bioenergieanlage auf, wäre es hingegen für 10 bis 50 USD pro Tonne zu haben.

Der Wasserstoffpreis hängt neben den Kosten für den Elektrolyseur vor allem von den Stromerzeugungskosten hab. Grob gesagt kalkulieren die Autoren: Bisher würde eine Tonne E-Methanol 800 bis 2.400 USD kosten, bis 2050 könnten die Kosten dafür auf 250 bis 630 USD sinken.

Wann und ob sich die Kosten des E-Methanols und des fossilen Methanols treffen, wird von der Skalierungsgeschwindigkeit ebenso abhängen wie von CO2-Preisen und dem globalen Energiepoker.

Methanol kompakt

Mit nur einer OH-Gruppe und einem Kohlenstoff-Molekül ist Methanol der chemisch einfachste unter den Alkoholen. Es ist bei Umgebungsbedingungen flüssig, wasserlöslich, farblos und riecht leicht alkoholisch.

Methanol kommt von Natur aus in kleinen Mengen in Lebensmitteln und der Atmosphäre vor. Früher wurde es als Nebenprodukt der Holzkohleherstellung gewonnen, daher hat es auch den Namen „Holzgeist“ oder „Holzalkohol“.

Im Vergleich zu Benzin oder Diesel ist die volumetrische Energiedichte von Methanol etwa halb so hoch. Es gefriert bei -97,6 °C, siedet bei 64,6 °C und hat eine Dichte von 0,791 kg pro Kubikmeter bei 20 °C. Bei der Verbrennung von reinem Methanol entsteht praktisch kein Rauch, Ruß oder Geruch.

Methanol ist leicht entzündlich und korrosiv. Obendrein ist es giftig. Das sind andere Kraftstoffe auch, es fällt allerdings selten auf, da niemand auf die Idee käme, Benzin oder Diesel zu trinken, während Methanol immer wieder zum Panschen von Alkohol verwendet wird.

Kommerzielle E-Methanol-Produktion in den Anfängen

Rund um die Welt gibt es erste Projekte für die Herstellung von E-Methanol. Meistens handelt es sich dabei um Pilot- und Forschungsanlagen mit kleinen Kapazitäten. Auf der Suche nach kommerziellen Projekten stößt man immer wieder auf ein Unternehmen: die Carbon Recycling International, kurz CRI, aus Island.

CRI nahm nach eigenen Angaben bereits 2012 eine kommerzielle E-Methanol-Anlage in Betrieb. Sie befindet in Svartsengi neben der berühmten Blauen Lagune und einem Geothermiekraftwerk. Mit dem heißen Wasserdampf kommen auch gelöstes CO2 und Schwefelwasserstoff an die Erdoberfläche – letzterer sorgt für den typischen Geruch nach faulen Eiern an Islands heißen Quellen.

Angelehnt an die Energiequelle lautet der Markenname Vulcanol. Mit immerhin 4.000 Tonnen Jahresproduktion kann man diese Anlage als die erste industrielle Anlage für E-Methanol betrachten. Der Wasserstoff stammt aus einer alkalischen Elektrolyse.

Auch das Großprojekt in einer Kokerei in der chinesischen Stadt Anyang (110.000 Tonnen Jahresproduktion) geht auf CRI zurück. Eine Elektrolyse mit Ökostrom gibt es dort allerdings nicht. Vielmehr enthält das Kokereigas neben Methan mit Wasserstoff und CO2 die für die Methanolproduktion erforderlichen Stoffe. Laut CRI ist die Anlage seit dem dritten Quartal 2022 in Betrieb.

Eine weitere Anlage, ebenfalls in China, soll noch 2023 in Betrieb gehen, um aus CO2 und Wasserstoff aus einem Petrochemiekomplex jährlich 100.000 Tonnen Methanol für die Kunststoffproduktion zu gewinnen. Einsetzen will dieses vor allem der Segelboot-Hersteller Jiangsu Sailboat.

Die erste Großanlage in Europa könnte in Finnfjord in Nordnorwegen entstehen und CO2 aus einem Ferrosiliziumwerk sowie grünen Wasserstoff aus einer Elektrolyseanlage nutzten. Die Investitionsentscheidung ist allerdings erst auf 2024 datiert. Zusätzlich nennt CRI in seiner Referenzliste noch vier Projekte aus dem EU-Forschungsprogramm Horizon 2020.

Kleine Methanolfabriken von der Stange

Das Leipziger Ingenieurbüro BSE Engineering bietet unter dem Produktnamen FlexMethanol standardisierte Kleinanlagen für die E-Methanol-Herstellung an. Eingangsleistungen von 10 und 20 MW pro Modul sind möglich, in Kombination bis zu 100 MW, heißt es in der Broschüre. Als Zielgruppe nennt das Unternehmen Abfallverbrennungsanlagen, Papierwerke, fossile Kraftwerke und alle Wärmeprozesse.

Der Prozess gliedert sich in vier Schritte: die Elektrolyse, die CO2-Abscheidung (Scrubbing), die eigentliche Methanolsynthese und die Destillation.

BSE Engineering ist für die Integration der gesamten Methanolanlage zuständig und außerdem laut Broschüre exklusiver Anbieter der von BASF entwickelten Katalysatoren für die Methanolsynthese. Mit im Boot sind außerdem AkerSolutions für die CO2-Gewinnung, InvraServ-Knapsack für das Detailengineering und Sulzer für die Destillation. Für die Elektrolyse gibt es keinen festen Partner.

E-Methanol aus der Kläranlage

Im Oktober 2022 entstand aus dem KIT die Ausgründung Icodos. Das Ziel: Aus CO2-Punktquellen wie z. B. Biogas, das in Kläranlagen anfällt, E-Methanol zu erzeugen, wobei im Fall von Biogas zusätzlich reines Biomethan fürs Gasnetz entsteht. Dafür ist neben dem Biogas auch Wasserstoff erforderlich.

KIT Energy Lab: Im Energy Lab 2.0 untersuchen die Forschenden unter anderem die dynamische Methanolerzeugung mit erneuerbaren Energien.

Das aus CO2 und Wasserstoff erzeugte Methanol-Wasser-Gemisch absorbiert dabei das CO2 aus dem zuvor gereinigten Biogas. Zurück bleibt Methan, das ins Erdgasnetz gespeist werden kann. Das gelöste CO2 wiederum wird mit dem zugeführten Wasserstoff aus dem Lösungsmittel ausgetrieben und in einem Synthesereaktor zu Methanol und Wasser umgesetzt. Ein Teil dieses Produkts wird im Kreis geführt und kann so immer wieder als Absorptionsmittel dienen.

Eine vom BMBF geförderte Pilotanlage ist im Bau und soll Ende des Jahres am KIT getestet werden. Danach soll sie in der Mannheimer Kläranlage an realem Biogas erprobt werden. Folgen soll ein größerer Test gemeinsam mit EDF in Frankreich. Ein Rollout könnte noch in diesem Jahrzehnt möglich sein. Die typische Größe für die Anlagen soll im ein- bis zweistelligen Megawattbereich bezogen auf die Elektrolyseleistung liegen.

Institute und Chemiekonzerne arbeiten zusammen

In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von Forschungsprojekten, die sich mit Methanol aus grünem Wasserstoff befassen. Meist arbeiten dabei etablierte Forschungsinstitute und große Raffinerie- oder Chemieunternehmen zusammen. Der hier zusammengestellte Überblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Westküste100/Raffinerie Heide: An dem H2-Reallabor im schleswig-holsteinischen Heide will ein Konsortium eine ganze Reihe von Wasserstofftechnologien untersuchen – vom Kavernenspeicher bis zur Methanolsynthese (s. HZwei-Heft Okt. 2020). Letztere soll bei der Raffinerie Heide stattfinden. Das CO2 soll aus einem Zementwerk stammen, der Wasserstoff aus einer Elektrolyseanlage. Allerdings ist in der finalen Projektbeschreibung bezüglich der Methanolsynthese nur noch von einer „Machbarkeitsstudie“ die Rede. Die Herausforderung sei es, den großtechnischen Prozess zwischen Zementwerk und Raffinerie einzubinden. Verantwortlich für das entsprechende Arbeitspaket ist thyssenkrupp. Das Reallabor läuft von 2020 bis 2025. Eine Skalierung auf „mehrere hundert Megawatt“ Elektrolyseleistung im Anschluss an das Reallabor ist laut Projektbeschreibung das Ziel. Am Ende, so die Vision, soll dabei Kerosin für den Hamburger Flughafen herauskommen.

Komplexe Infrastruktur: Die Studie zur Methanolerzeugung ist nur ein kleiner Teil des Projekts Westküste100. Die Vernetzung der Prozesse ist ein Argument für die lokale Erzeugung der leicht transportablen Chemikalie.

HyPe+/Raffinerie Schwedt: Die Raffinerie Schwedt hat im Mai 2023 gemeinsam mit Enertrag eine Studie vorgelegt, nach der sie bis 2045 komplett klimaneutral werden könnte (s. S. 18). Anstelle fossiler Rohstoffe will sie auf grünen Wasserstoff aus der Region setzen. Wind- und Solaranlagen gibt es im Umland reichlich, unter dem Titel Flow-Projekt ist auch eine Wasserstoffleitung geplant. Die Zahlen machen Eindruck: 300 MW Elektrolyseleistung sollen es schon in der ersten Ausbaustufe sein, bis Ende 2027 dann 400 MW bei einer Wasserstoffproduktion von über 30.000 Tonnen. Für 2030 sieht die Studie 160.000 Tonnen eigene Wasserstoffproduktion vor, weitere 80.000 sollen zugekauft werden. Damit würde etwa ein Fünftel der laut Nationaler Wasserstoffstrategie für diesen Zeitpunkt vorgesehenen Menge in Schwedt landen. Produzieren will die Raffinerie perspektivisch zwei Millionen Tonnen „Flugkraftstoff, Methanol und High-Value-Chemicals“ jährlich, eine weitere Tonne an Biokraftstoffen kommt hinzu. Die Frage nach der CO2-Quelle blieb leider bislang unbeantwortet.

Chemiepark Leuna/TotalEnergies: Am Standort Leuna kündigten TotalEnergies, die Fraunhofer-Institute CBP und IMWS sowie der Elektrolyseurhersteller Sunfire vor zwei Jahren ein Projekt mit dem Titel e-CO2Met an. Bei der dortigen Raffinerie Mitteldeutschland handelt es sich laut TotalEnergies mit jährlich 700.000 Tonnen Methanol um die größte Methanolproduktion Europas – bisher komplett auf fossiler Basis. Der Hochtemperaturelektrolyseur von Sunfire ist mit einer Eingangsleistung von 1 MW vergleichsweise klein. Sunfire bestätigt, dass er seit Februar 2023 in Betrieb ist. Ein Update zum Gesamtprojekt war von TotalEnergies allerdings nicht zu bekommen.

H2Mare Methanolproduktion auf dem Meer: Mit der Entfernung zur Küste wächst nicht nur der mögliche Energieertrag von Offshore-Windparks, sondern leider auch der Aufwand für die Anbindung ans Stromnetz – erst recht, wenn wegen der hohen Leistung mehrere Kabel nötig würden. Deshalb könnten diese Windparks stattdessen Wasserstoff erzeugen, der sich per Schiff oder Pipeline an Land bringen lässt, so eine Idee, die unter anderem im Projekt Aquaventus Gestalt annimmt. Das Leitprojekt H2Mare, an dem auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt ist, geht in einem der vier Verbundprojekte dabei noch einen Schritt weiter. Direkt auf See soll der Wasserstoff zu Ammoniak, LNG, Methanol oder flüssigen Kohlenwasserstoffen (E-Fuels) verarbeitet werden. Eines der Projektziele ist es, beispielhaft einen vollständigen Prozess zur Herstellung von e-Fuels im Sommer 2025 erstmals auf einer schwimmenden Plattform vor Helgoland zu demonstrieren. Solche Anlagen müssen mit der schwankenden Stromproduktion aus Windenergie ebenso klarkommen wie mit einer schwankenden Plattform und den Wetterbedingungen auf See. Die dynamische Produktion von E-Methanol erprobt das KIT während H2Mare allerdings nur an Land.

H2Mare verfolgt noch weitere Ansätze: Für den Offshorebetrieb angepasste Destillationsmodule aus dem 3-D-Drucker sollen das Methanol vom im Prozess ebenfalls entstehenden Wasser trennen. Das spart Transportkapazität, und das Wasser soll nach Aufbereitung wieder für die Elektrolyse zur Verfügung stehen. Das benötigte CO2 könnte künftig mittels Elektrodialyse aus dem Meer gewonnen werden, was die Logistik vereinfachen würde. Und die TU Berlin arbeitet daran, einen Elektrolyseur direkt mit Salzwasser zu betreiben.

OMV Deutschland, München: Sogenannte Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF, auf Basis von E-Methanol sind das Ziel des Projektes M2SAF. Das Konsortium besteht aus der BASF Process Catalysts, dem Anlagenbauer thyssenkrupp Uhde, der Raffinerie OMV Deutschland, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Prüflabor ASG. Das Projekt startete im November 2022 und ist auf zweieinhalb Jahre ausgelegt. Details zu Mengen und Leistungen waren von Uhde nicht zu erfahren.

Die bisherigen Projekte in Sachen E-Methanol in Deutschland sind vielseitig, aber bisher eher klein. Wie schnell und ob sie überhaupt hierzulande skalieren, ist noch abzuwarten. Der Wille ist da, doch allein die Erzeugungskapazitäten für Wind- und Solarstrom aufzubauen, kostet Zeit und Geld. Und es gehört ja gerade zu den Vorteilen von Methanol, dass es sich problemlos auf Schiffen um die Welt transportieren lässt. Solange Deutschland seinen Energiebedarf nicht komplett selbst deckt und es keine Wasserstoffpipeline übers Mittelmeer gibt, liegt es also nahe, dass grünes Methanol zu wesentlichen Teilen importiert werden wird.

 

Wasserstoff – eine saubere Alternative?

Wasserstoff – eine saubere Alternative?

Allgemeine Innovationstrends entlang der H2-Wertschöpfungskette

Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum und birgt seit vielen Jahren das Potenzial, eine bedeutende Rolle bei sauberen Energielösungen einzunehmen. Sein großes Vorkommen und seine sauberen Verbrennungsprodukte würden vermuten lassen, dass Wasserstoff der ideale Kandidat ist, um uns von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu befreien. Wenn es jedoch darum geht, seine Tauglichkeit als saubere Energiequelle zu bewerten, muss man die gesamte Wertschöpfungskette betrachten. Diese kann in drei Hauptbereiche unterteilt werden: Produktion, Speicherung sowie Verteilung und Endanwendung. Das Europäische Patentamt (EPO) und die Internationale Energieagentur (IEA) haben kürzlich einen Bericht zur Analyse globaler Innovationstrends entlang H2-Wertschöpfungsketten veröffentlicht. Die bestehenden und neuen Technologien, die den einzelnen Phasen der Wertschöpfungskette entsprechen, sind in der folgenden Abbildung zu sehen, die dem EPO/IEA-Bericht entnommen wurde.

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Heute werden rund 95 Prozent des Wasserstoffs aus fossilen Energiequellen über Prozesse wie Erdgasreformierung gewonnen. Dieser Prozess erfordert nicht nur weiterhin fossile Brennstoffe als Rohstoff, sondern auch einen hohen Einsatz von Energie, die meist ebenfalls aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird.

Produktion

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Die Elektrolyse ist eine alternative Methode zur Wasserstoffproduktion, die keine fossilen Brennstoffe als Rohstoff benötigt, zurzeit jedoch nur einen sehr geringen Anteil der weltweiten Produktion ausmacht (ca. 0,04 % im Jahr 2021). Dieser Prozess nutzt Elektrizität, um Wassermoleküle in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Die Elektrolyse erscheint zwar vielversprechend, jedoch liegt die durchschnittliche Effizienz dieses Prozesses nur bei rund 75 Prozent. Zudem werden für mehr als 99 Prozent der gesamten Wasserstoffproduktion mittels Elektrolyse nicht-erneuerbare Energiequellen genutzt.

Die globale Trendanalyse von EPO/IEA zeigt auf, dass im Zeitraum von 2011 bis 2020 der größte Teil der wasserstoffbezogenen Patente auf Technologien zur Wasserstoffproduktion entfiel. Technologien, die in Bedenken bezüglich des Klimawandels begründet sind, generierten 2020 nahezu 90 Prozent der Internationalen Patentfamilien (IPF) im Zusammenhang mit Wasserstoffproduktion. Mit einem starken Fokus auf der Dekarbonisierung der Wasserstoffproduktion gab es eine deutliche Zunahme von Patenten in Bezug auf die Elektrolyse und einen deutlichen Rückgang der Patentanmeldungen für die Wasserstoffproduktion aus fossilen Brennstoffen (s. Abb. 2).

IPF-Trends bei Technologien zur Wasserstofferzeugung, 2001 bis 2020

Durch die hohen Erdgaspreise hat sich das Wirtschaftsklima zugunsten des emissionsarmen Wasserstoffs aus Elektrolyse verlagert, der so für weitere Investitionen interessant geworden ist. Weitere Innovationen werden auch notwendig sein, um eine emissionsarme Wasserstofferzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu ermöglichen. Obwohl zurzeit bereits mehrere Elektrolysetechnologien mit stark unterschiedlicher technischer Reife entwickelt werden, gibt es nach wie vor keinen Konsens über eine bevorzugte Lösung.

Speicherung und Verteilung

Reiner Wasserstoff wird zurzeit als Gas in Pipelines und Tube-Trailern oder in flüssiger Form in Kryobehältern transportiert. Um das Potenzial von Wasserstoff als Brennstoff voll auszuschöpfen, sind effiziente, standardisierte und kostengünstige Methoden für die Speicherung und den Transport zwingend erforderlich.

Bei der Speicherung und beim Transport von Wasserstoff gibt es viele Herausforderungen, zum Beispiel das hohe Gewicht und Volumen der Speichersysteme, Energieverluste in Verbindung mit Kompression und Verflüssigung und die Haltbarkeit von Speichersystemen. Patentanmeldungen im Bereich Wasserstofftransport und -speicherung zeigen einen starken Fokus auf die Infrastruktur zur Unterstützung der Wasserstoffaufnahme (s. Abb. 3).

Patenttrends bei Technologien zu Wasserstoffspeicherung, -verteilung und -umwandlung (IPF, 2001 bis 2020)

Anders als im Bereich der Wasserstoffproduktionstechnologien machen Universitäten und Forschungseinrichtungen nur einen geringen Anteil der Patentanmeldungen für die Speicherung und den Transport von Wasserstoff aus. Dies lässt vermuten, dass dieser Teil der H2-Wertschöpfungskette hauptsächlich auf ausgereiften Technologien mit dem Schwerpunkt auf inkrementeller Innovation basiert. Einige neue Technologien, wie die Nutzung von flüssigen organischen Wasserstoffträgern oder synthetischem Methan, bergen jedoch das Potenzial für einen künftigen breiteren Einsatz.

Neue Anwendungen

Während sich dieser Artikel hauptsächlich auf Wasserstoff als alternativen Brennstoff konzentriert, wird die Wasserstoffnachfrage vor allem von der chemischen Industrie angetrieben, wobei rund 75 Prozent für die Ammoniakproduktion und etwa 25 Prozent für die Methanolproduktion bestimmt sind. Innovationen im Wasserstoffsektor, beschleunigt durch den Wunsch nach sauberer Energie, werden wahrscheinlich zu einer höheren Effizienz der bestehenden H2-Wertschöpfungskette führen und somit die CO2-Emissionen der gesamten Industrie reduzieren.

Neue Wasserstoffanwendungen und Patentanmeldungen sind stark auf den Transport fokussiert. Dabei gibt es seit 2001 mehr IPF für Wasserstoffanwendungen im Automobilbereich als für alle anderen neuen Wasserstoffanwendungen zusammen. Brennstoffzellen scheinen die ausgereifteste Technologie für wasserstoffbetriebene Transportmittel zu sein, was sich bereits in einer gewissen Marktakzeptanz niederschlägt. Alternativen wie H2-Verbrennungsmotoren sind nachweislich leistungsfähig und hinken der Reife der Brennstoffzelltechnologie leicht hinterher.

Wasserstoffbetriebene Lösungen für den Straßen- und Schienenverkehr sind weiter entwickelt als jene für den Lufttransport. Dabei stellen die Skalierbarkeit und Masse an Wasserstoffspeichern weiterhin Herausforderungen im Luftfahrtsektor dar. Die Patentanmeldungen bei Wasserstoffanwendungen zeigen einen starken Fokus auf den Automobilsektor (s. Abb. 4).

Patenttrends bei Wasserstoff-Endanwendungen (IPF, 2001 bis 2020)

Schwierigkeiten bereiten nach wie vor die Wasserstoffspeicherung im Fahrzeug sowie die Umwandlung der chemisch in Wasserstoff gespeicherten Energie in Antriebskraft. Im Automobil- und Luftfahrtsektor dominieren Patentanträge für Antriebssysteme. Insbesondere machen H2-Brennstoffzellen einen beträchtlichen Anteil der Innovationen der letzten zehn Jahre aus. In der Luftfahrt eignen sich Brennstoffzellen voraussichtlich eher für Kurzstreckenflüge. Bei Langstreckenflügen werden die höhere Turbinenleistung und Energiedichte von wasserstoffbasierten Kraftstoffen vermutlich eine höhere Leistung als die Kombination aus Brennstoffzelle und Motor bieten.

Wohin führt der Weg?

Die globale Trendanalyse von EPO/IEA zeigt deutlich, dass Wasserstoff weltweit ein Innovationsschwerpunkt bleibt. Um das Potenzial von Wasserstoff als saubere Energiequelle der Zukunft voll auszuschöpfen, sind Innovationen in der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich, die effiziente, kostengünstige und nachhaltige Verfahren von der Produktion bis zur Endanwendung sicherstellen können.

Wir alle setzen darauf, dass Innovatoren die Technologien liefern, die den Weg für Wasserstoff als Energie der Zukunft ebnen. Investitionen in neue Technologien sind für den weiteren kommerziellen Erfolg entscheidend. Mehr als 80 Prozent der in der Spätphase getätigten Investitionen in H2-Start-ups im Zeitraum 2011 bis 2020 gingen in Unternehmen, die einen Patentantrag in Bereichen wie Elektrolyse, Brennstoffzellen oder emissionsarmen Methoden für die Wassererzeugung aus Gas eingereicht haben.

Forresters ist darauf spezialisiert, das geistige Eigentum von Innovatoren, die auf Patente vertrauen, zu schützen, ihre Erfindungen auf den Markt zu bringen und ihnen eine klare Richtung zu geben.

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