Plug Power – Noch keine Kaufempfehlung

Plug Power – Noch keine Kaufempfehlung

Plug Power berichtet über eine Vielzahl an Projekten rund um Wasserstoff, dessen Produktion, den Einsatz und die zukünftigen Märkte, in denen man aktiv ist und sich als Frontrunner empfindet. Da sprechen Unternehmensvertreter von einer H2-Produktionsstätte in Georgia, die die größte ihrer Art in den USA sei. Man sei überall aktiv – bei den Stacks, den Kryo-Technologien (Verflüssigung), den Elektrolyseuren und wasserstoffbasierten Fahrzeugen.

Die Zahlen sprechen indes noch eine ganz andere Sprache: Der Umsatz zog zwar um beachtliche 70 Prozent auf über 260 Mio. US-$ im zweiten Quartal an. Nur stieg der Quartalsverlust ebenfalls um 58 Prozent auf minus 236,4 Mio. US-$ bzw. minus 0,40 US-$ pro Aktie (minus 0,26 US-$/Aktie war die Erwartung für das zweite Quartal). Die Liquidität nahm spürbar auf nur noch circa 1 Mrd. US-$ ab, wobei der CFO erwartet, dass Plug in den kommenden 12 bis 18 Monaten zwischen 1 und 1,5 Mrd. US-$ an neuer Liquidität benötigt.

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Kommt da demnächst ein Offering (Aktienplatzierung) oder wird ein Kredit im Rahmen des IRA durch das Department of Energy (DoE) in Höhe von über 1 Mrd. US-$ aufgenommen? Am besten würde sich eine Wandelanleihe im Volumen von 1 bis 2 Mrd. US-$ anbieten, da große Fonds vor allem auf „grüne Anleihen“ setzen, die dem Thema Nachhaltigkeit entsprechen sollen und auch das Kapital ausreichend vorhanden ist. Die Börse ist indes skeptisch aufgestellt und ließ den Aktienkurs einbrechen.

„Bis Ende 2023 wollen wir 1,4 Mrd. US-$ Umsatz erzielen, mehr als 200 Tonnen flüssigen grünen Wasserstoff in Betrieb nehmen und der größte Global Player werden, mehr als 400 Mio. US-$ an Elektrolyseurverkäufen überschreiten, 30 Megawatt an stationären Stromerzeugungsprodukten in Betrieb nehmen, die als substanzielle Quelle für wiederkehrende Einnahmen für Plug dienen werden, und schließlich den Weg der Rentabilität für alle unsere Investoren klar aufzeigen.“

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Plug-Quartalsbericht

Für mich alles Worthülsen – aber realistisch? Die Prognosen werden aufrechterhalten: 1,2 bis 1,4 Mrd. US-$ Umsatz gelten als Ziel für das Gesamtjahr 2023. Die Pläne sind gewaltig. Allein im Unternehmensfeld Elektrolyse wird eine Leistung von 7,5 GW erwartet. Die aktuellen Zahlen (Auftragsbuch mit einem Gegenwert von circa 224 Mio. US-$ für Elektrolyse) sprechen eine andere Sprache. Die Zielgrößen entsprechen einem Umsatzpotenzial von bis zu 5 Mrd. US-$. Realistisch? Wann?

Es gibt viele neue Standorte in der Welt für den Einsatz von Wasserstoff in Gabelstaplern, wie dies ja die Geschäftsgrundlage mit Kunden wie Amazon und Walmart ist. Nur müsste Plug den verflüssigten Wasserstoff selbst produzieren und daran Geld verdienen, statt diesen sogar mit Verlust von Dritten einzukaufen, so meine Einschätzung. Jeder Neukunde bringt dann ein Verlustgeschäft mit, so meine subjektive Sichtweise.

Plug kalkuliert den Preis für Wasserstoff basierend auf 0,03 US-$ pro kWh in den USA mit 2,75 US-$ pro kg. In Europa aufgrund von Auflagen und dem Strompreis circa 0,75 US-$ pro kg höher. Bezieht man indes Kosten wie die Verflüssigung und den Transport mit ein, dann gelten 4,50 bis 5 US-$ pro kg als realistische Grundlage. Hier wird dann der Zuschuss via IRA in Höhe von 3 US-$ pro kg seinen positiven Einfluss haben (Gewinnmarge).

Fazit: Plug Power wird noch länger brauchen, bis die Aktie zum Kauf empfohlen werden kann. Nach der Platzierung einer Wandelanleihe (Erwartung/Vision) und dann ausreichender Liquidität für all die ehrgeizigen Pläne muss neu nachgedacht werden. Das Unternehmen hat sehr gutes Potenzial, ein Top-Player in Sachen Wasserstoff zu werden. Kritisch sollte man aber noch sein, da Plug an sehr vielen Projekten (Aufbau von Kapazitäten) parallel arbeitet, sich eventuell zu breit aufstellt und dies an vielen unterschiedlichen Baustellen zur selben Zeit und dann auch noch international unterwegs ist. Weniger ist mehr, würde ich da sagen. Das Unternehmen ist für mich – nach Studium des 10-Q (Quartalsbericht) – zu wenig transparent. Ab 7 US-$ setze ich auf den Einstieg.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

 

 

Point Twelve gewinnt Start-up-Pitch

Point Twelve gewinnt Start-up-Pitch

Start-ups stehen für Innovation – für JungunternehmerInnen, die mit disruptiven Ideen neue Produkte oder Dienstleistungen in die Welt bringen. Ihnen gemein ist, dass sie Geld für die Gründungs- und Markthochlaufphase benötigen. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Investoren sind da nicht nur hilfreich, sondern geradezu notwendig, um Ideen realisieren zu können. Damit Start-ups und Investoren zueinander finden, gibt es verschiedene Akteure und unterschiedliche Veranstaltungsformate, so wie H2UP, die am 20. Juni 2023 in Essen die Hydroverse Convention veranstaltet haben.

Die Location war kolossal: das Colosseum Theater im Essener Westviertel – eine ehemalige Industriehalle der Friedrich Krupp AG. Abgesehen von der angekündigten nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerin Mona Neubaur waren über 350 InvestorInnen, EntwicklerInnen und EntscheiderInnen aus der europäischen Wasserstoffwirtschaft erschienen.

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Im Mittelpunkt standen die insgesamt 20 anwesenden Start-ups, von denen sich zwölf an einem Wettbewerb beteiligten, bei dem sie ihre Ideen in kurzen Pitches präsentierten und Fragen einer Jury beantworteten. Vom Ein-Mann-Unternehmen bis zum europäischen Bushersteller waren unterschiedlichste Akteure vertreten.

Als Sieger aus diesem männerdominierten Pitch ging die einzige Frau hervor: Flore de Durfort (s. Foto). Als CEO und Mitgründerin von Point Twelve präsentierte sie souverän und charmant, wie sie mit ihren PartnerInnen dazu beitragen kann, möglichst zügig und einfach Wasserstoffprodukte weitestgehend automatisch zertifizieren zu lassen. De Durfort erläuterte gegenüber HZwei: „Die IoT- und SaaS-Plattform von Point Twelve ermöglicht es Herstellern energieintensiver Güter, ihre Produktion einfach und kontinuierlich als grün zu zertifizieren und zu monetarisieren. Durch die Automatisierung alter, manueller, intransparenter und nicht skalierbarer Zertifizierungs- und Verifizierungsprozesse sparen wir bis zu 90 Prozent Zeit im Prozess und schaffen Vertrauen in grüne Produkte.“

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Weiter erklärte sie: „Der anfängliche Schwerpunkt liegt auf der Zertifizierung von nachhaltigen Gasen und Kraftstoffen, insbesondere aus grünem, erneuerbarem Strom und Wasserstoff. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, mit der Wasserstoffzertifizierung zu beginnen – einem Kernstück der industriellen Dekarbonisierung, bei dem die Probleme rund um die Zertifizierung und die Bereitschaft zum Outsourcing am größten sind.“

Organisiert wurde die Hydroverse Convention von der H2UP GmbH, einem Essener Acht-Personen-Unternehmen, das sich insbesondere der Verknüpfung von Firmen, Hochschulen, Forschungsinstituten und Investoren verschrieben hat. Unterstützt wird es vom Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen sowie den inzwischen vier Anteilseignern OGE, RAG Stiftung, TÜV Süd und DLR.

 

Grünes H2 für Musik-Festivals

Grünes H2 für Musik-Festivals

Immer mehr Festivals setzen auf Nachhaltigkeit. Nicht nur in Wacken, das in diesem Jahr – mal wieder – durch die dortige Schlammschlacht Schlagzeilen machte, wird nicht nur Ökostrom, sondern auch Wasserstoff eingesetzt. Auch in Lingen wurden beim diesjährigen Lautfeuer-Festival am 7. und 8. Juli die Bühne, die Beleuchtung sowie weitere Technik nahezu komplett mit grünem Strom aus Wasserstoffgeneratoren versorgt.

Seit 1981 findet in Lingen ein Abifestival statt, das alljährlich bis zu 20.000 Gäste anzieht unter dem Motto „Umsonst & Draußen“. In Zusammenarbeit mit der H2-Region Emsland und mit Unterstützung seitens der Stadt Lingen sowie des Landkreises wurde bereits im vergangenen Jahr ein Energiekonzept entwickelt, bei dem statt der konventionellen Dieselgeneratoren eine Brennstoffzelle eingesetzt wird. „Für diesen neuartigen Ansatz erhielt das Lautfeuer den Innovationspreis der deutschen Veranstaltungsbranche“, teilte Ines Fischer, Vorsitzende des Vereins Abifestival seit 1981 e.V., mit. In diesem Jahr kam noch eine zweite Brennstoffzelle dazu, so dass fast eine Komplettversorgung möglich war.

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GP Joule unterstützt bereits seit 2018 das Wacken Open Air und versorgt das norddeutsche Metal-Festival mit Strom aus grünem Wasserstoff. Das selbst produzierte H2-Gas wird in zwei H₂Genset-Modulen von SFC Energy in Strom umgewandelt. Der gewonnene Strom aus erneuerbarer Energie wird dann von der Eröffnung am Montag, 31. Juli bis zum Ende des Festivals eingesetzt. Zusätzlich setzte GP Joule einen seiner eFarm-Wasserstoffbusse als Shuttle für die Gäste ein.

CEO Ove Petersen erklärte: „Grün und schwarz, das passt im Norden zusammen – das beweisen das Wacken Open Air und GP Joule.“ Peter Podesser, CEO von SFC Energy, ergänzte: „Brennstoffzellen auf Basis von grünem Wasserstoff sind eine perfekte Lösung für die sichere, mobile Energieversorgung von Open-Air-Veranstaltungen.“

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H2 aus Altholz und Bananenschalen

H2 aus Altholz und Bananenschalen

Biomasse – ein unterschätzter Lieferant für grünen Wasserstoff

Forscher wollen künftig Wasserstoff aus regionalen Holzabfällen gewinnen. Bioabfälle und Klärschlamm können helfen, grünen Wasserstoff für die Energie- und Verkehrswende zu produzieren. Werden Span- oder MDF-Platten verwendet, müssen sie zuvor von Klebstoffen befreit werden. Dann könnte der regenerative Energieträger aber von lokalen Betrieben und Energieversorgern genutzt werden. So hätte biogener Wasserstoff das Potenzial, den Energiebedarf von Industrie und Schwerverkehr regional zu decken – ein echter Joker für die Energiewende.

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Eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft auf der Basis von Holz hätte viele Vorteile, beispielsweise in der Schwarzwaldregion: Hier ist Holz das wichtigste Wirtschaftsgut. Bei der Verarbeitung zu Möbeln und Baustoffen oder beim Abbruch von Gebäuden fallen beachtliche Mengen von Holzresten an. Eine Entsorgung kostet meist sogar noch Geld. Bisher werden Alt- und Restholz allenfalls durch Verbrennungsanlagen energetisch genutzt.

Schon seit dem Sommer 2021 schlägt die süddeutsche Region einen neuen Weg ein: Aus den Holzabfällen soll grüner Wasserstoff werden. „Nach dem Ansatz der Bioökonomie wollen wir mithilfe biotechnologischer Prozesse klimaneutralen Biowasserstoff sowie zusätzlich verwertbare Stoffe wie Carotinoide oder Proteine aus Altholz und Holzabfällen herstellen“, erläutert Ursula Schließmann. Sie arbeitet beim Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) und koordiniert das Verbundvorhaben H2Wood – BlackForest.

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Durch die Verwendung von Altholz kann CO2 auf zwei Wegen eingespart werden: Zum einen ersetzt der regenerative Biowasserstoff bisherige fossile Energieträger, zum anderen werden Rest- und Altholz nicht nur Wasserstoff liefern. Durch den neuen biotechnologischen Ansatz wird die energetische Verwertung der Holzabfälle mit einer stofflichen Nutzung verknüpft. „Das aus dem Holz freigesetzte CO2 wird in Form von kohlenstoffbasierten Koppelprodukten gebunden“, erklärt Schließmann. „So wird es zurück in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf geführt.“

Bislang existiert allerdings noch keine Anlage, die Biowasserstoff in größerem Maßstab herstellt. Am Fraunhofer IGB werden nun die dazu nötigen Prozesse vorbereitet und untersucht, bevor sie in der Pilotanlage am Campus Schwarzwald in Freudenstadt umgesetzt werden.

Das Bundesforschungsministerium (BMBF) fördert das Vorhaben im Schwarzwald bis Mitte 2024 mit rund 12 Mio. Euro. Partner des Projekts sind neben dem Fraunhofer IGB auch das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, das Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF der Universität Stuttgart sowie der Campus Schwarzwald.

Klebstoffe und Lacke entfernen

Der erste Schritt und Voraussetzung für die biotechnologische Umwandlung ist eine Vorbehandlung. Denn Holzabfälle wie Span- oder MDF-Platten enthalten Klebstoffe wie Harze und Phenole oder auch Lacke. Diese chemischen Bestandteile müssten entfernt werden, denn nur so könnten Bakterien und Mikroalgen ihre Arbeit erledigen, erläutert die Forscherin. Zudem muss das Holz in seine Bausteine zerlegt werden, um die gewonnene Cellulose in einzelne Zuckermoleküle zu spalten, welche wiederum den H2-produzierenden Mikroorganismen als Futter dienen.

Für die biotechnologische Umwandlung der Holzzucker setzt das Fraunhofer IGB auf ein Fermentationsverfahren mit Bakterien, welche die Zuckerarten zu CO2, organischen Säuren und Ethanol verstoffwechseln. Die Stoffwechselprodukte der Bakterien stellen die Nahrung für die Mikroalgen dar. Diese synthetisieren daraus Carotinoide oder Proteine als Koppelprodukte und setzen dabei auch Wasserstoff frei.

Dass grüner Wasserstoff das Potenzial hat, den Energiebedarf von Industrie und Schwerverkehr regional zu decken, belegt die aktuelle Studie „Industrielle Wasserstoff-Hubs in Baden-Württemberg“ des Fraunhofer IPA. Ihr Fazit: Die dezentrale Wasserstofferzeugung und -nutzung zahlt sich aus, wenn man Verteilerzentren, neudeutsch Hubs genannt, strategisch richtig platziert und verbindet. Mit Ökostrom werden dann in diesen Hubs Elektrolyseure betrieben. Um Transportkosten gering zu halten, müssen die Zentren nahe bei den Verbrauchern stehen. Ein weiteres Kriterium: Die Industrie vor Ort muss einen Bedarf an Prozesswärme, Hochtemperaturprozessen und Wasserstoffgas, etwa für die Herstellung von Stickstoffdünger, haben.

„Ideale Standorte befinden sich in der Nähe stark befahrener Straßen mit Lkw-Betriebshöfen, an denen sich H2-Tankstellen einrichten lassen“, sagt Jürgen Henke vom Fraunhofer IPA. Mithilfe der Standortkriterien konnte das Forscherteam geeignete Orte in Baden-Württemberg identifizieren. Vor allem in der Metropolregion Rhein-Neckar und im Großraum Karlsruhe. Computersimulationen am Fraunhofer IPA zeigen, dass sich mit regional erzeugtem grünem Wasserstoff innerhalb von zehn Jahren 30 Prozent der fossilen Energie ersetzen lassen – und das nur auf landeseigenen Freiflächen.

Projekt: Wasserstoff aus Pflanzenresten

Neben Holz ist Bioabfall eine weitgehend ungenutzte Ressource. Rund 4,6 Mio. Tonnen haben die Deutschen im vergangenen Jahr laut Umweltbundesamt allein in ihren braunen Tonnen gesammelt. Hinzu kommen Abfälle aus öffentlichen Parks und Gärten, aus der Landwirtschaft und aus der Nahrungsmittelproduktion, außerdem Klärschlamm und Speisereste aus Kantinen – alles in allem gut 15 Mio. Tonnen.

Der Großteil landet in Kompostieranlagen oder wird verbrannt, um Wärme und Strom zu erzeugen. „Doch dafür ist der Bioabfall viel zu schade“, betont Johannes Full, Leiter der Gruppe nachhaltige Entwicklung biointelligenter Technologien am Fraunhofer IPA. „Sinnvoller wäre es, daraus Wasserstoff zu erzeugen und das dabei entstehende CO2 abzuscheiden, zu speichern oder langfristig zu nutzen.“

Wie das funktioniert, demonstriert das Fraunhofer IPA bei einem Unternehmen aus der Metallbranche. Dort können Abfälle von Obst- und Weinbauern aus der Umgebung, Kartonagen und Altholz sowie Kantinenabfälle in Wasserstoff umgewandelt werden. Dieser wird dann direkt in der Metallverarbeitung genutzt. Dafür werden die Obstreste und Kantinenabfälle zunächst mithilfe von Bakterien in dunklen Behältern fermentiert, wobei H2 und CO2 entstehen. Anschließend wird die fermentierte Masse in einer Biogasanlage zu Methan vergoren.

Blitzlicht zerlegt Bananenschalen

Auch an der TH Lausanne in der Schweiz wandelt ein Team um den Forscher Hubert Girault Biomasse in Wasserstoff – mittels Fotopyrolyse. In einem Reaktor befindet sich eine sogenannte Xenon-Blitzlampe, die energiereiches Licht emittiert. Das Team hat dabei mit Bananenschalen, abgenagten Maiskolben, Orangenschalen, der Haut von Kaffeebohnen und Kokosnussschalen experimentiert. Diese wurden zunächst 24 Stunden lang bei 105 °C getrocknet und dann gemahlen.

Das Pulver geben die Forscher bei Umgebungsdruck in einen Reaktor. Dann wirft die Xenon-Lampe die Blitze in die Biomasse, die sich so in Wasserstoff und Biokohle verwandelt. Der Prozess ist schon nach wenigen Millisekunden abgeschlossen. Aus jedem Kilogramm Biomasse werden rund 100 Liter Wasserstoff und 330 Gramm Biokohle gewonnen. Das entspricht etwa einem Drittel der ursprünglichen getrockneten Masse aus Bananenschalen.

Das junge Schweizer Unternehmen H2Valais will dieses Verfahren nun großtechnisch einsetzen. Die Fotopyrolyse konkurriert allerdings mit der hydrothermalen Vergasung von Biomasse, die Start-ups wie SCW Systems in den Niederlanden und TreaTech in der Schweiz einsetzen. Nasse Biomasse wird dabei einem Druck von 250 bis 350 bar und einer Temperatur von 400 bis 700 °C ausgesetzt. Innerhalb von einigen Stunden bilden sich unter diesen Bedingungen Methan und Wasserstoff. Das zeigt noch mal: Die Ansätze zur H2-Gewinnung aus Biomasse sind vielfältig. Dieses Potenzial sollte im Sinne der Energiewende bald erschlossen werden.

Mobiler Container wandelt Pellets zu reinem H2

Das Verbundvorhaben BiDroGen forciert ebenfalls das Ziel, Holz in Wasserstoff umzuwandeln. Die Firmen BtX Energy und A.H.T. Syngas Technology bekommen dafür vom Bundeswirtschaftsministerium eine Förderung von 630.800 Euro. Das Projekt zielt darauf ab, eine Containerlösung zur dezentralen Erzeugung von Wasserstoff aus pelletierten Holzreststoffen bis zur Marktreife zu entwickeln.

Containerlösung als schlüsselfertige Anlage zur Dampfreformierung von Biogas

Grundlage dafür ist die bereits bestehende Vergasertechnologie von BtX zur Abscheidung von reinem Wasserstoff aus Mischgasen. Ziel ist es demnach, den Wasserstoffgehalt des aus Pellets produzierten Holzgases durch innovative Katalysatoren zu maximieren, die Gasreinheit für die folgenden Prozesse zu garantieren und die H2-Abspaltung aus dem Produktgasstrom zu ermöglichen. So soll sehr reiner Wasserstoff aus pelletiertem Restholz gewonnen werden. Je nach Gasqualität kann aus 12 bis 15 kg Holz ein Kilogramm reiner Wasserstoff gewonnen werden. Das entspricht einem Wirkungsgrad von über 50 Prozent.

Die mobile Containerlösung soll dann dezentral grünen Wasserstoff zur Verfügung stellen. Für die Anwendung sieht die Firma vor allem im ländlichen Raum großes Potenzial. Für die Verkehrswende könnte das ein echter Joker werden: So könnten Kommunen beispielsweise sofort wasserstoffbetriebene Fahrzeuge anschaffen, obwohl es noch keine Wasserstofftankstelle in der Region gibt.

Grüner Wasserstoff für die Dekarbonisierung

Grüner Wasserstoff für die Dekarbonisierung

Reisebericht aus Indien von Sven Jösting

Am 18. und 19. April 2023 hat der Fachkongress „Green Hydrogen in India“ in Neu-Delhi stattgefunden. Aus diesem Anlass wurde ich zu einer Reise von Mumbai über Surat nach Neu-Delhi und dann via Ahmedabad zurück nach Mumbai eingeladen. Für den Weg wurden zahlreiche Meetings mit Topvertretern namhafter indischer Großunternehmen – oftmals in deren Firmenzentralen – eingeplant. Diese Firmen haben allesamt Wasserstoff als neues wachstumsstarkes Wirkungsfeld erkannt und verfügen bereits über große Mengen regenerativer Energie – vor allem Sonnenenergie – für die H2-Produktion. Ziel ist, den Wasserstoff in Form von grünem Ammoniak auf dem Schiffsweg zu exportieren.

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Da gibt es eine Reihe von indischen Großunternehmen, die nicht nur bereits Solarenergie in einer Größenordnung von bis zu 5 GW installiert haben, sondern zusätzlich jeweils 1 GW Photovoltaikleistung jährlich generieren. Damit könnten rund 1 Million Tonnen grünes Ammoniak pro Jahr produziert werden – gewaltige Mengen und sehr ehrgeizige Pläne. Noch ist Indien Importeur von Ammoniak als Düngemittel, will dies aber in wenigen Jahren ändern und nicht nur Selbstversorger werden, sondern einen gewaltigen Exportmarkt für grünes Ammoniak und grünes Methanol erschließen. Die Planungsvorgaben liegen bei 70:30, das heißt 70 Prozent dieser Produktionsmengen für den Eigenverbrauch und 30 Prozent für den Export.

Präsident Modi adressiert das H2-Thema

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Am Vorabend des Wasserstoffkongresses hält Präsident Narendra Modi im indischen Staatsfernsehen India News eine Rede über den Klimawandel. Er führt aus, was Indien zu tun gedenkt, um diesem Wandel mit zahlreichen Programmen und Maßnahmen zu begegnen. Jeder einzelne Inder sei aufgerufen, vernünftig mit der Umwelt und den Ressourcen umzugehen.

Indien hat im Januar dieses Jahres ein umfassendes H2-Programm auf den Weg gebracht. Solarenergie und Windkraft wird dabei eine besondere Bedeutung als Grundlage für die Produktion von Wasserstoff beigemessen. Grünes Ammoniak und auch grünes Methanol werden eindeutig als der Weg gesehen, Wasserstoff international nachhaltig transportierbar zu machen und für Indien als Exportgut zu entwickeln. Da Indien jedoch selbst großen Appetit auf nachhaltig erzeugte Energie hat, um den Import von fossilen Energieträgern zu reduzieren und nach Möglichkeit zu ersetzen, wird die Exportquote prozentual kleiner ausfallen als die im Land verbleibende H2-Menge.

Natürlich geht es neben dem Klimawandel auch um Energiesicherheit, und wie damit technologisch umzugehen ist. Dieser Fachkongress in Neu-Delhi konzentriert sich ausschließlich auf Wasserstoff.

National Green Hydrogen Mission

Das erst im Januar lancierte Programm zum Themenkomplex Wasserstoff „National Green Hydrogen Mission“ ist allumfassend. Jeder Aspekt – von der Produktion bis hin zu den vielen Nutzungspotentialen – wird behandelt. Zusätzlich wird es viele Förderprogramme geben. Ein Beispiel: Die Einspeisung von Wasserstoff in die Gasnetze (blending) wird staatlich subventioniert, das heißt, der Staat übernimmt die Transportkosten in den Pipelines. Da das Gasnetz derzeit nicht voll ausgelastet ist, kann Wasserstoff perfekt eingesetzt werden. Bislang kann bis zu 18 Prozent Wasserstoff eingeleitet werden.

Green Hydrogen in India

Indien hat die Potentiale von grünem Wasserstoff vollends erkannt. Das asiatische Land arbeitet an sehr anspruchsvollen Plänen, wobei vor allem die Unternehmen die Umsetzung übernehmen sollen. Der weltgrößte Energiekonzern, die indische staatliche NTPC, spielt bei diesem Dekarbonisierungsprozess, der durch zahlreiche Einzelprojekte im ganzen Land vorangetrieben wird, ebenfalls eine wichtige Rolle.

Indien will und muss von Gas- und Ölimporten wegkommen und auch für Kohle Alternativen finden, um Energiesicherheit, aber auch das Thema der Dekarbonisierung anzugehen. Über 90 Mrd. US-$ gibt das Land bislang jährlich für den Einkauf von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas aus. 40 Prozent der Primärenergie wird importiert. Demgegenüber verfügt Indien über schier unendliche Potentiale, sehr kostengünstig erneuerbare Energien zu erzeugen – vor allem via Sonnenkraft und zunehmend auch via Windenergie – hier zukünftig vor allem offshore. Indien sieht sich selbst in der Rolle eines H2-Frontrunners, da regenerative Energie via Sonnenkraft vor Ort im weltweiten Vergleich sehr günstig produziert werden kann.

Man spürt eine wahre Aufbruchstimmung und den Willen, die Grundlagen für die Wasserstoffproduktion in großem Stil zu legen. Für Projekte rund um die Erzeugung regenerativer Energien wird es zügige und schnelle Genehmigungsverfahren geben. Man spricht von Wochen oder wenigen Monaten statt wie bei uns in Deutschland von Jahren. Viele Flächen eignen sich perfekt, da es sich um sogenanntes Wasteland handelt, das heißt um Landflächen, die sich nicht für den Anbau von Nahrungsmitteln oder für Viehzucht u. Ä. eignen.

Die Regierung und die zuständigen Ministerien arbeiten daran, den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft durch vereinfachte regulatorische Verfahren zu beschleunigen und zu unterstützen wie auch Fördermechanismen einzuführen. Regierungschef Modi fordert mit großem Druck, dass die Behörden zügig für die Umsetzung sorgen und konstruktiv die Wirtschaft unterstützen. Modi wird im positiven Sinne unterstellt, dass er mit seinem unternehmerischen Denken die richtigen Weichenstellungen vornimmt. Dafür sei er im Land bekannt, wie zu hören ist.

Grünes Ammoniak als Devisenbringer der Zukunft

Führt Indien bislang noch über 3 Mio. Tonnen Ammoniak – erdgasbasiertes – als Düngemittel ein, so kann das Land mittels der vielen vorhandenen erneuerbaren Energien und der darauf beruhenden zukünftigen Wasserstoffproduktion in den kommenden Jahren nicht nur Selbstversorger, sondern auch zum Exporteur von Ammoniak werden. Wir sprechen von 3 bis 5 Mio. Tonnen grünem Ammoniak pro Jahr bereits bis zum Jahr 2030, um so grünen Wasserstoff transportierbar zu machen. Eine Vielzahl von Projekten zum Bau von Ammoniakanlagen befindet sich bereits in der Planung und Umsetzung. Viele Projekte befinden sich in der Nähe von Häfen und sind somit logistisch perfekt aufgestellt.

Größte Unternehmensgruppen sind Vorreiter

Der Bedarf an grünem Wasserstoff ist gigantisch – vor allem in der chemischen Industrie, der Stahlerzeugung und anderen industriellen Einsatzgebieten. In der Mobilität wird ein Anteil von zehn Prozent gesehen, was unter anderem den Einsatz von Wasserstoff im Nutzfahrzeugverkehr, auf Schiffen und in der Eisenbahn angeht. Aber auch bei Pkw wird mittel- bis langfristig Bedarf für Wasserstoff gesehen, so der Tenor des zuständigen Topmanagers der Reliance Group, deren Großaktionär Ambani über 50 Mrd. US-$ in den Komplex Wasserstoff zu investieren plant.

Letztendlich geht es immer um die Dekarbonisierung. Überhaupt gehen Indiens Milliardäre in Sachen Wasserstoff voraus. So berichteten Topmanager von Reliance, Adani und anderen Unternehmen gegenüber HZwei von ihren Wasserstoffplänen. Tata beispielsweise hat bereits 2004 zusammen mit Rand Corp. einen Think-Tank zum Thema Wasserstoff initiiert. Außerdem unterhält die Tochter Tata Motors ein Joint Venture mit Cummins Engine, welches kürzlich um H2-Technik ergänzt wurde.

Indien will Elektrolyseurproduktion im eigenen Land

Einen Flaschenhals gibt es indes bei der Verfügbarkeit von Elektrolyseuren, die für die H2-Produktion benötigt werden. Dabei geht es nicht um die Energie, die der Elektrolyseur benötigt, sondern die Verfügbarkeit der notwendigen Mengen der Komponenten beziehungsweise deren Kapazitäten. Bei der gängigsten Variante, der alkalischen Elektrolyse, bestimmen noch chinesische Hersteller das Bild. Indien will da eine eigene Industrie auf die Beine stellen, das heißt ausländische Hersteller dafür gewinnen, deren Know-how durch den Aufbau von Produktionsstätten im Land zum Einsatz zu bringen und dies auch mittels staatlicher Programme zu fördern.

Marktführer in Sachen regenerative Energien wie Greenko haben deshalb Partnerschaften und Joint Ventures mit Unternehmen wie John Cockerill (Elektrolyseure) etabliert, um bei den sehr ehrgeizigen Unternehmenszielen, u. a. in der Nutzung von Wasserstoff für die Ammoniakproduktion, über die notwendigen Mengen an Elektrolysekapazität auch selbst verfügen zu können. Mit Uniper besteht bereits ein Abnahmevertrag, der sich auf zukünftige Produktionsmengen bezieht.

Für europäische, vor allem auch deutsche Unternehmen entwickeln sich hier sehr interessante Perspektiven, Wasserstoff zu kaufen, aber auch via Technologietransfer über Kooperationen und Joint Ventures in Indien mit Partnern eine Produktion (Brennstoffzelle, Elektrolyse, H2-Tanks und Zulieferteile) aufzubauen – nach der Devise: local for local.

Indien ist auf gutem Weg ins H2-Zeitalter

Indien hat das Potential der Eigenproduktion von Wasserstoff vollends erkannt und arbeitet an der Umsetzung. Sicherlich wird nicht alles von heute auf morgen realisierbar sein, da ein enormer Kapitaleinsatz erforderlich ist und die Projekte bestimmte Kriterien für ihre Finanzierung erfüllen müssen. Eine Reihe an persönlichen Gesprächen mit Topvertretern von Ministerien, Unternehmen und wichtigen Provinzen hat mich zu der Erkenntnis gebracht, dass sich Indien hier perfekt positioniert und ein weltweit führender Player werden wird.

Der steigende Energiebedarf wird vorerst noch von fossilen Energieträgern, aber step by step von regenerativen Energien und Wasserstoff gedeckt werden. Indien ist auf dem richtigen Weg. Bis zum Jahr 2047 will man energieautark und bis zum Jahr 2070 bei Net Zero im CO2-Ausstoß sein. Indien ist mit über 1,4 Mrd. Menschen seit wenigen Wochen der einwohnerstärkste Staat der Erde – vor China. Da sprechen wir von einem gewaltigen Energiehunger, der stark zunimmt – aber glücklicherweise mittel- bis langfristig regenerativ gestillt werden wird.

Ich konnte an diesem Kongress als Mitglied der Delegation der deutschen Beratungsinitiative Lili Navitas (der Name steht für grüne Energie) partizipieren. Der Unternehmenszweck: deutsche und indische Unternehmen in Sachen Wasserstoff und für dessen Produktion notwendige Technologien (u. a. Elektrolyse) zu verbinden und Kontakte mit dem Ziel gemeinsamer Projekte in Indien und Deutschland herzustellen. Initiator war Kiran Bhojani, selbst indischer Abstammung, der beruflich früher in Topposition bei E.ON in Deutschland gearbeitet hat. Er sieht es als seinen Auftrag an, Indien auf seinem Weg zu einer Wasserstoffgesellschaft zu begleiten und durch die Vermittlung von Kontakten und Unternehmensverbindungen zu unterstützen.

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