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Beitrag von Sven Jösting

29. Dezember 2020

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Nikola Motors – Krise als produktiver Zustand

Für Nikola Motors war 2020 ein Jahr des Höhenfluges und der enttäuschten Erwartungen. Da setzte ein den Shortsellern nahestehender Informationsdienst das Unternehmen arg mit Betrugsvorwürfen unter Druck, wodurch der Wunschpartner für die Produktion des SUV Badger, General Motors, aussteigt und ein Großauftrag über 2.500 batteriegetriebene Müllwagen storniert wird. Der Gründer des Unternehmens verlässt das Unternehmen mit der Begründung, dass er dadurch Schaden vom Unternehmen abhalten wolle, aber letztendlich wirkt es so, als wenn den Shortsellern Recht gegeben wird. Last but not least senkt der strategische Partner Bosch dann auch noch seine Beteiligung auf unter 5 %, indem 4 Mio. Aktien an der Börse abgestoßen werden – just in dem Moment, als GM seine Absage bekannt gibt.

Mehr geht nicht an negativen Entwicklungen. Der damit verbundene Einbruch des Aktienkurses war damit auch eine Antwort auf all das Vorangegangene. Zwischenzeitlich sind wohl nun auch alle Aktien, gerade die der Gründungsaktionäre, frei handelbar. Die Lockup-Zeit für diese Aktien lief am 21. Dezember 2020 aus. Wie geht es nun weiter? Ist Licht am Ende des Tunnels zu erkennen?

Ich würde dies mit einem Ja beantworten. Meinen Optimismus beziehe ich zum Teil aus einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 6. Dezember mit dem Titel „Auf Achse“. Da wird beschrieben, dass Nikola das richtige Softwarekonzept haben würde, Nfz mit der Brennstoffzelle und Wasserstoff auf die Strasse zu bringen – auch als Batterieversion sowie in Kombination als Hybrid.

Das Design der Lkw hat man sich eingekauft. Ein anderes Unternehmen scheint es gar kopiert zu haben. Prototypen sind mittlerweile in den USA angekommen, so ein Sprecher von Iveco. Dieses Unternehmen der CNH-Gruppe (vormals Fiat Industrie, dazu gehören Magirus, New Holland, Case und eben Iveco) ist Partner von Nikola, mit dem in Ulm zusammengearbeitet wird. CNH hat 100 Mio. Euro investiert. Weitere 100 Mio. Euro fließen via Arbeitsleistung. Gut 6,7 % hält CNH an Nikola Motors. Parallel wird in Arizona am Bau einer Fabrik für die E-Trucks gearbeitet. Auf der Bank sollen noch gut 900 Mio. US-$ liegen, wobei hierin auch rückzahlbare Anzahlungen für den Badger in nicht genannter Höhe enthalten sein sollen. Soweit zu den aktuellen – mehrheitlich negativen – Meldungen.

Turning-Point in Sicht?

Nun zu dem Szenario für 2021: Die Shortseller haben bis dato über 45 Mio. Aktien leer verkauft. Wann decken sich diese wieder ein, denn ihren Gewinn haben sie ja – buchmässig – schon durch den massiven Kursrückgang erzielt. Wie werden sie sich verhalten, wenn es vielleicht positive Meldungen gibt? Was ist, wenn sich CNH entschließen sollte, seinen Anteil an Nikola zu erhöhen? Und was wäre, wenn FiatChrysler Automobiles den Ball auffängt, den GM weggeworfen hat?

Klar ist, dass wasserstoffbetriebenen Lkw die Zukunft gehört. Viele Länder wie auch der US-Bundestaat Kalifornien haben klare Vorgaben entwickelt, die die Schadstoffemissionen gerade für Nfz in den kommenden Jahren regeln. Nikolas Strategie, das Problem der noch fehlenden H2-Infrastruktur selbst zu lösen, indem man via Partner wie Nel Asa ein eigenes H2-Tankstellennetz aufbaut, ist vielversprechend. Da werden auch Namen von Ölkonzernen genannt, die Partner werden woll(t)en. Ich kann mir da auch Gasekonzerne wie Linde, Air Liquide oder Air Products als Partner vorstellen.

Kurzum: 2021 besteht die gute Chance auf den Turnaround von Nikola Motors und dessen Aktienkurs. Aber es wird „bumbie“, d. h. nichts für schwache Nerven, denn die Volatilität im Kurs bleibt – dafür werden schon die Shortseller sorgen. Klar ist auch, dass es jede Menge Sammelklagen gibt, die Geld kosten, aber eben auch inhaltlich widerlegt werden können. Zudem ist am Horizont ein spannender Wettbewerb zu erkennen, da Tesla in 2021/22 mit einem eigenen batteriegetriebenen Lkw auf den Markt kommen will und den Wettbewerb zwischen Batterie und Brennstoffzelle anregt.

Man bedenke, dass auch Tesla bis vor wenigen Jahren zunächst einmal nur ein Konzeptunternehmen mit einer Vision war.

Ich halte es mit dem Fachanalysten von JP Morgan, der in einer Note am 28. Dezember verkündete: „dreht generell ins Positive nächstes Jahr“ (neues Kursziel: 35 US-$ – vorheriges Ziel: 40 US-$).

Die passende Börsenweisheit lautet: Kaufe bei schlechten Meldungen – Buy on bad news, was der Contrary-Opinion geschuldet ist, wonach eine Kurswende just zu dem Zeitpunkt kommt, wo alles negativ erscheint.

Ich wünsche Ihnen einen guten Rutsch und ein erfolgreiches neues Börsenjahr 2021: stay tuned, happy, busy und vor allem healthy.

Risikohinweis

Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, d. h., es handelt sich nicht um Standardwerte, und ihre Volatilität ist auch wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, der seinen Fokus auf eine mittel- und langfristige Bewertung und nicht auf einen kurzfristigen Gewinn legt. Der Autor kann im Besitz der hier vorgestellten Aktien sein.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 29. Dezember 2020

Kategorien: Allgemein
Bosch | CNH | Fiat | GM | Iveco | JP Morgan | Krise | Magirus | Müllwagen | Tesla :Schlagworte

1 Kommentar

  1. Joe Schmidt

    “… Klar ist, dass wasserstoffbetriebenen Lkw die Zukunft gehört. … Zudem ist am Horizont ein spannender Wettbewerb zu erkennen, da Tesla in 2021/22 mit einem eigenen batteriegetriebenen Lkw auf den Markt kommen will und den Wettbewerb zwischen Batterie und Brennstoffzelle anregt…. ”
    Na was denn nun?!?
    Entweder gehört dem wasserstoffbetriebenen (eigentlich ja elektrisch betriebenem, mit Wasserstoff als Energiespeicher) LKW die Zukunft – also dem FCEV – oder dem LKW mit Akkuspeicher /Traktionsbatterie – dem BEV.
    Warum baut /will bauen eine Firma wie Nikola als erste BEV-LKW und verschiebt die “wasserstoffbetriebene” Variante auf später?
    Transport und Logistik ist ein Markt mit hartem Preiskampf. Ich will nicht ausschließen, dass es eine Zeit möglich sein kann, FCEV hier wirtschaftlich zu betreiben – speziell auf Langstrecken. Vor allem, wenn die Politik fleißig Steuergeld zubuttert.
    Aber niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass eine durch mehrfache, verlustbehaftete Umwandlungen teurere Technologielösung langfristig gegen preiswertere Alternativen bestehen kann.
    Im Bereich PKW hat sich das BEV längst etabliert und gegenüber dem FCEV durchgesetzt.
    Wassersoff sollte /wird dort eingesetzt werden, wo es keine oder nur noch teurere Lösungen gibt. Und die heutigen ca. 95% Anteil fossile Wasserstofferzeugung auf grünen Wasserstoff umzustellen ist m.M.n. Herausforderung genug. Wenn ich lese, dass man statt in D die EE-Nutzung auszubauen /zu forcieren lieber Wasserstoff aus Marokko u.a. Staaten importieren will frage ich mich, ob den Verfechtern weder bekannt ist, dass diese Länder selbst ihre Wirtschaft auf EE umstellen wollen /müssen und vor allem auch dass es sich dabei i.d.R. um Länder handelt, die an Wassermangel leiden und vom Klimawandel /Dürre zunehmend bedroht sind.
    1kg Wasserstoff per Elektrolyse benötigt 9Liter reinstes Wasser …
    Grüner Wasserstoff wird sich nur etablieren können, wenn man ihn preisgünstig vor Ort – also hier in Deutschland herstellt. Der Schlüssel ist, endlich die Blockaden beim Ausbau der EE-Nutzung zu beseitigen! Dafür sollten sich alle Wasserstoffbefürworter stark machen!
    PVA auf jedes geeignete Dac!
    Neue Anwendungsbereiche für Wasserstoff wie die Stahlindustrie oder die “stromerzeugende Heizung” per Brennstoffzelle, die ohne die zusätzlichen Verluste einer mobilen Verwendung auskommen, sind m.M.n. dabei erfolgversprechender als die angebliche klare Zukunft der “wasserstoffbetriebenen LKW”.

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