Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

16. Mai 2018

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Betankung mit Wasserstoff versus elektrisches Laden

FZ Juelich

Untersuchte Versorgungsinfrastrukturen, Quelle: © H2 MOBILITY / FZ Jülich


Elektrische Antriebe sind der Schlüssel zu einem klimafreundlichen Verkehr, basierend auf erneuerbaren Energien. Die lokale Emissionsfreiheit des Verkehrs ist eine weitere wichtige Voraussetzung, um zukünftig die Lebensqualität vor allem in Ballungszentren erheblich zu verbessern. Sowohl Batterie- als auch Brennstoffzellenfahrzeuge erfüllen diese wichtigen Kriterien. Für beide Technologiepfade sind jedoch neue Infrastrukturkonzepte notwendig.
Die vom Forschungszentrum Jülich durchgeführte Studie umfasst eine detaillierte Auslegung und Untersuchung der notwendigen Infrastrukturen für unterschiedliche Marktdurchdringungen von batterieelektrischen Fahrzeugen sowie von Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen in Deutschland. Sie beantwortet die Frage, wie hoch die Investitionen, Kosten, Wirkungsgrade und Emissionen der jeweiligen Infrastrukturen zur Versorgung von einigen Hunderttausend bis hin zu mehreren Millionen Fahrzeugen mit Strom oder Wasserstoff sind.
Aktuell stehen beide Technologien noch am Anfang ihrer Marktentwicklung. Die Auslegung sowie die Anpassung der benötigten Infrastruktur an die jeweilige Marktdurchdringung der Fahrzeuge ist bislang unklar. Weiterhin müssten die Infrastrukturen auch Optionen zur Integration von Stromüberschüssen bieten, welche zukünftig in von erneuerbaren Energien dominierten Energiesystemen entstehen werden.
Die Studie beinhaltet neben der detaillierten Auslegung der Infrastrukturen auch die Offenlegung der getroffenen Annahmen. Hierdurch wird eine transparente Grundlage geschaffen, die im weiteren Werdegang anhand neuer Erfahrungswerte angepasst werden kann und eine faktenbasierte Diskussion ermöglicht.
Ergebnisse
Die Szenarioanalysen zeigen, dass die Investitionen in den Infrastrukturausbau für beide Technologiepfade bei geringen Beständen bis hin zu einigen Hunderttausend Fahrzeugen nahezu gleich sind. Zunächst würde dabei in der Übergangsphase eine Umstellung der Wasserstofferzeugung auf die ausschließliche Nutzung von regenerativem Überschussstrom erfolgen, welche durch den Bau von saisonalen Wasserstoffspeichern zur Überbrückung von 60 Tagen flankiert würde. Dieses Konzept ermöglicht die Versorgung mit grünem Wasserstoff. In der Anfangsphase wären hierfür allerdings höhere Investitionen erforderlich als bei der Ladeinfrastruktur.
Für das Laden der Batteriefahrzeuge ist in der Studie keine saisonale Speicherung in der Stromversorgung berücksichtigt, die für eine sichere Versorgung mit 100 % erneuerbarem Strom notwendig wäre. Vergleicht man nun die kumulierten Investitionen beider Konzepte für eine hohe Marktdurchdringung von 20 Mio. Fahrzeugen, liegen die Investitionen für eine Ladeinfrastruktur mit rund 51 Mrd. € deutlich höher im Vergleich zur Wasserstoffinfrastruktur (rund 40 Mrd. €, s. Abb. 2).

Die resultierenden kilometerspezifischen Kosten sind bei hohen Marktdurchdringungen für beide Versorgungskonzepte annähernd gleich. Sie liegen im Durchschnitt bei 4,5 Eurocent pro Kilometer für das elektrische Laden und bei 4,6 Cent/km für Wasserstoff. Da die elektrische Erzeugung (Elektrolyse) und Speicherung des Wasserstoffs die Nutzung von sonst nicht nutzbarem erneuerbarem Strom direkt vor Ort ermöglicht, wird die geringere energetische Effizienz des Wasserstoffpfades annähernd durch die niedrigeren Kosten des Überschussstrombezugs ausgeglichen.
Für das Szenario mit 20 Millionen Brennstoffzellenfahrzeugen werden 87 TWh Überschussstrom für die Elektrolyse und zusätzlich 6 TWh Strom aus dem Netz (Transport und Verteilung des Wasserstoffs) benötigt. Das Laden von 20 Millionen Batteriefahrzeugen erfordert 46 TWh Strombezug aus dem Verteilnetz. Die Effizienz der Ladeinfrastruktur und der Fahrzeuge ist höher, aber die Flexibilität der Stromnachfrage ist auf kürzere Zeiträume begrenzt. Die Überschussstrommenge im unterstellten Energieversorgungsszenario mit hohen erneuerbaren Anteilen übersteigt daher den Bedarf zur Versorgung von 20 Millionen Fahrzeugen in beiden Infrastrukturpfaden um den Faktor drei bis sechs.

link-to-hzwei-web
Download: http://hdl.handle.net/2128/16709
Autoren: Dr.-Ing. Martin Robinius, Prof. Dr.- Ing. Detlef Stolten, beide vom Forschungszentrum Jülich, Institut für Energie- und Klimaforschung
Kategorien: Allgemein
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5 Kommentare

  1. Joe Schmidt

    Wow Herr Heyner:
    “Die Batterie-E-Mobilität ist bereits bei der Ressourcenbeschaffung, der Herstellung und im Betrieb, jedenfalls solange der heutige Strommix zum Einsatz kommt, durchweg umweltschädigend.”
    Starke Worte.
    Dumm nur, dass jedes “Wasserstoffauto” eigentlich ein normales E-Auto ist, dessen “zu kleine” Traktionsbatterie ständig über die Brennstoffzelle nachgeladen werden muss – ein serieller Hybrid. Noch dümmer, dass derzeit >95% allen H2 über Dampreformation aus Erdgas gewonnen wird – im deutschen Strommix aber schon >1/3 EE-Strom vorhanden ist …
    Die kolportierten Infrastrukturkosten “150.000 Tanksäulen bei ca. 300 Mrd. €!” sind schlicht eine Lüge, während bei den Kosten für die Wasserstoffversorgung gleich mal die Leitungsnetze oder Tanklasterflotten vergessen werden.
    Die Kosten für die H2-Infrastruktur werden über den Tankvorgang bezahlt?!?
    Ich weiß nicht, wo Sie wohnen, aber in Deutschland wird auf H2 noch nicht einmal Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) erhoben, während auf Strom für die “nichtprivilegierten Endverbraucher” (also auf >90% aller Ladevorgänge) mehr Steuern und Abgaben erhoben werden als auf Kraftstoff! Trotzdem kosten 100km im H2-Auto heute schon ca. 10€, im Batterieauto eher 5€ …
    Nicht eine öffentliche H2-Tankstelle ist bisher ohne Fördermittel /Subventionen errichetet wurden! Aber tausende privat betriebene Lademöglichkeiten wurden von den Nutzern selbst finanziert …
    Im Gegensatz zur H2-Betankung, die ausschließlich an Tankstellen stattfinden kann, wird das Aufladen der Batterieautos zum Großteil langsam stattfinden – an profanen Standorten daheim, auf Arbeit, …
    Wie wollen da “wenige Versorgungsunternehmen und die Automobilhersteller … die Kosten nur über die sukzessive jährliche Erhöhung der Stromtarife … aufbringen”?!? Diese Monopolstellung für Preiserhöhungen gibt es doch eher bei der H2-Betankung.
    “Solare Wasserstoffgewinnung durch PV-Technik, demnächst … auch durch Nieder- und Hochtemperatur-Elektrolyse” – ist für mobile Anwendungen ein energetischer und ökonomischer Unsinn. Denn wenn sie schon EE-Strom hergestellt haben, kann der problemlos ins Elektroauto geladen werden. Das H2 muss nach der aufwendigen Produktion auch noch auf 700bar verdichtet werden.
    Nur zum Vergleich: Ein Autoreifen wird mit 2,5-3bar betrieben …
    Ich warte auf die Wasserstofftechnologien und die dazugehörigen Autos nun schon >10Jahre – außer vollmundigen Ankündigungen und Förderprojekten läuft da nicht viel.
    Denn letztlich spricht die Ökonomie gegen mobilen (!) Wasserstoff!
    Nicht einmal die beworbenen 3min Tankdauer hält die derzeitige Technik in der Realität ein. Wir sprechen von 700bar Höchstdruckpumpen und schon nach wenigen Tankvorgängen macht sich der unvermeidliche Verschleiß bemerkbar. Wenn da einmal mehr als einzelne Autos betankt werden sollen, verlängert sich die Dauer schnell auf 10-15min …
    Wasserstoff hat als Speichermedium bestimm eine Zukunft. Aber wohl eher im stationären, als im mobilen Bereich. Denn dann vermeidet man zumindest die Verluste für Verflüssigung (Tanklaster) und 700bar Höchstkompression.

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  2. Heyner

    Guten Tag, Herr Dr. Braun!
    Grundsätzlich stimme ich dem Tenor dieses Berichtes zu! Allerdings muss ich hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und der Infrastrukturkosten groß Bedenken anmelden!
    Die Batterie-E-Mobilität ist bereits bei der Ressourcenbeschaffung, der Herstellung und im Betrieb, jedenfalls solange der heutige Strommix zum Einsatz kommt, durchweg umweltschädigend. Den Strom können wir auch besser verwenden, anstatt ihn zu “verjuckeln”, so zu verballern! Die Infrastrukturkosten für Wasserstoff liegen für angenommene ca. 12.000 Tankstellen bei etwa 12 – 24 Mrd. €, die aber vom H2-Automobilsten über den Tankvorgang bezahlt werden! Die Kosten für die Batterie-E-Mobilität liegen im 1. ausbau von 150.000 Tanksäulen bei ca. 300 Mrd. €! Das hängt mit dem teuren Ausbau der unterirdischen E-Versorgung durch Tiefbau und ihrer Ertüchtigung, bzw. Leistungsvergrösserung zusammen! Ein – bisher nicht vorhandenes – Regelungsnetz (Smart Grid) kommt noch obendrauf und birgt ein hohes Risiko gegen Störungen durch Umwelt, Verkehr, Vandalismus und durch Hacker. Das ist praktisch nicht zu schützen, sollte es erst einmal existent sein!. Die Entwicklung von geeigneten Batterien wird auch noch bis zu 10 Jahren andauern! Die Bauzeit durch Tiefbaumassnahmen u. Kapazitätserweiterung der Leitungswege kann “locker” auf 10 Jahre angesetzt werden, schon allein durch fehlende Baukapazität. Diese wird übrigens im Strassen- u. Brückenbau dringender und volkswirtschaftlich sinnvoller benötigt!
    Das Schönste aber kommt noch: Die Errichter der E-Infrastruktur, i.d.R. wenige Versorgungsunternehmen und die Automobilhersteller werden die Kosten nur über die sukzessive jährliche Erhöhung der Stromtarife – natürlich für Jedermann – aufbringen können, jedenfalls nicht durch die Batterie-E-Mobilisten!
    Wäre das ein kluge Entscheidung, eine kluge Fortsetzung der dringend notwendigen Energiewende?
    Anders bei der H2-Mobilität, die ist durch die solare Wasserstoffgewinnung, heute durch PV-Technik, demnächst – warten Sie einmal 5 Jahre – auch durch Nieder- und Hochtemperatur-Elektrolyse!
    Ich denke und die momentane “Stimmung” geht wohl dahin, dass wir der Batterie-E-Mobilität – eine rundum schlechte Lösung – bis auf Nischenprodukte, schnellsten politisch eine Absage erteilen müssen!
    Wasserstoff ist de intelligentere und klügere Lösung auch für viele andere Anwendungen!

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  3. Dr. Artur Braun

    Ich möchte hier wieder mit einem satirischen Beitrag antworten.
    Im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Gesundheit des Kraftfahrers und der Sicherheit im Strassenverkehr wäre das reine Batterieauto dem mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellenauto vorzuziehen, weil das Batterieauto dem Fahrer eine Stunde Pause beim Aufladen gönnt, wo er im Restaurant der Raststätte einen ruhigen Mittagstisch geniessen kann, während das Brennstoffzellenauto nach 3 Minuten Auftanken wieder bereit für die Fahrt ist und dem Fahrer damit keine Ruhe lässt und zur Weiterfahrt drängt.
    (ich fahr trotzdem lieber Wasserstoff)

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  4. Ron Barker

    Birne mit Äpfeln? “Wasserstofferzeugung auf die ausschließliche Nutzung von regenerativem Überschussstrom erfolgen ” im Vergleich zum welchem Verhältnis “Alternativen” + Konventionellen Strom fürs Laden aus dem Grid?
    Wir reden hier von circa 50% der PKW Flotte in DE, da LKW, Zug, Bus etc., mit BATs fragwürdig ist. Nun welcher Betrag in % zur GHG-Einsparung entspricht 50%? Order anderes gesagt, wo liegt die Schwelle für ein nennenswerter Betrag der E-mob, egal ob H2 oder BAT, zu klimarelevanten Aspekten wenn nur PKWs betrachtet werden. Daher muss Kraftverkehr auch in der H2 Rechnung berücksichtig werden, oder? Naja, auf jeden fall zeigt sich, das wenn wir in Richtung 100% E-Mob uns bewegen, das Argument für H2 wird immer stärker. Oder wollen wir keine 100% als Ziel?
    Bitte in der Zukunft, von “erneuerbaren” auf “PV/WKA Alternativen” umsatteln, oder leben Sie in einem Multiversum-:))

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  5. Anonymous

    Was immer noch vergessen wird , ist das die bei der Herstellung von Wasserstoff entstehende Wärme in der Kwk genutzt werden kann . Dieses sollte die Effizienz Betrachtung nochmal verbessern.

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