Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

16. Oktober 2017

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DWV fordert Gleichstellung von Wasserstoff

Ferlemann

Enak Ferlemann (r.) im Dialog mit Olaf Lies, © NOW


Der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) setzt sich für die gesetzliche Gleichstellung von erneuerbaren strombasierten Kraftstoffen und Biokraftstoffen ein. Der Verband begründet diese Forderung in einem aktuellen Papier in klassischem Amtsdeutsch damit, das Wasserstoff mehr Vorteile und weniger Nachteile biete als biogene Kraftstoffe und damit zumindest ebenbürtig gestellt werden sollte, aber keinesfalls schlechter behandelt werden dürfe.
Eine Aufwertung von Wasserstoff würde aus Sicht des Berliner Vereins für die Wirtschaft Anreize schaffen, so dass sich mittelfristig Geschäftsmodelle für Elektrolyseure und Power-to-Gas-Anlagen entwickeln könnten. Dies ist für den DWV eine elementare Voraussetzung dafür, dass die erforderliche Speicherung der großen Strommengen, die bereits heute mit Hilfe von Solar- und Windparks bereitgestellt, aber in zunehmendem Maße nicht genutzt werden, funktioniere.
Vorstandsmitglied Dr. Oliver Weinmann erklärte dazu: „Solar- und Windenergie sind mittlerweile das günstigste Verfahren zur Stromerzeugung.“ Er verwies darauf, dass der französische Energieversorger EDF als Betreiber des in England geplanten Atomkraftwerks Hinkley Point 110 Euro pro Megawattstunde erhält. Demgegenüber würden die Stromkosten bei Ausschreibungen von Windparks nur etwa halb so hohe Stromkosten mit sich bringen. Kürzlich hätten sogar Offshore-Windparks ganz ohne Förderung den Zuschlag erhalten, so der Manager von Vattenfall Europe.
Der DWV-Vorsitzende Werner Diwald benannte als wesentliches Hemmnis die aktuelle europäische Gesetzgebung. Hinzu komme, dass in Deutschland gewisse Kreise auf politischer und wirtschaftlicher Ebene derzeit keinen Bedarf an einer Veränderung des Status quo sehen oder selber daran kein Interesse zu haben scheinen. Insbesondere im BMUB sowie im BMWi zeige man sich hier bislang beratungsresistent und verweise auf europäische Regularien.

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UBA: Angst vor eigener Courage
Das Umweltbundesamt, das noch 2015 Wasserstoff für „eine sehr langfristige Option – jenseits 2050“ hielt, scheint inzwischen seine Haltung grundlegend überdacht zu haben. So wurde mittlerweile in einem UBA-Positionspapier vom März 2016 festgestellt: „Nur durch die Nutzung von PtG/PtL besteht langfristig die Möglichkeit, eine vollständige regenerative Energieversorgung ohne die energetische Nutzung von Anbaubiomasse zu realisieren. Die langfristige Verfügbarkeit der PtG/PtL-Technik ist daher von zentraler Bedeutung und muss bei der Gestaltung des Transformationsprozesses bedacht werden.“ Die energetische Nutzung von Anbaubiomasse erachtet das UBA indes wegen der Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau als problematisch.
Allerdings sieht das Umweltbundesamt durchaus auch Probleme bei Power-to-X: „Die derzeitigen EE-Überschüsse reichen bei weitem nicht für den wirtschaftlichen Betrieb von PtG/PtL-Anlagen aus.“ Das UBA befürchtet, dass der Betrieb großtechnischer Systeme in Deutschland zu einer höheren Auslastung konventioneller Kraftwerke führen könnte, was „die Erreichung der Klimaschutzziele im erheblichen Maße gefährden würde und vermieden werden muss“. Das Amt empfiehlt deswegen, PtG/PtL-Anlagen in den nächsten Jahren nur in begrenztem Maße zum Einsatz kommen zu lassen.
Der DWV kritisiert diese Sichtweise als zu kurz gedacht. Diwald geht davon aus, dass es sehr viel nachhaltiger ist, den Ausbau der erneuerbaren Energien schneller voranzutreiben und nicht zu deckeln. Es müsse gemeinsam nach gangbaren Wegen gesucht werden, damit es beim Stromtrassenbau nicht zu „stranded investments“ komme.
Im Herbst 2016 hatte Rainer Baake, der gegenüber Wasserstoff stets äußerst kritische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, eingeräumt: „Die Power-to-Gas-Technologie wird immer wichtiger.“
SPD will grünen Wasserstoff
Zumindest bei einigen Politikern scheint diese Botschaft mittlerweile angekommen zu sein: Am 21. Juni 2017 präsentierte die SPD-Fraktion ein achtseitiges Positionspapier, in der sie sich für „mehr Erneuerbare, mehr Wasserstoff und ein Klimaschutzgesetz“ ausspricht. Unter dem Motto „Investieren für Arbeit, Innovation, Klimaschutz und gutes Leben“ fordert sie darin als erstes eine „deutliche Erhöhung der Ausbauziele der erneuerbaren Energien, auch zur Versorgung der Sektoren Verkehr und Wärme“. In Bezug auf den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien heißt es: „Wir setzen uns daher für eine Nutzung statt Abschaltung ein.“
Gleich an zweiter Stelle kommt dann die „Weiterentwicklung des regulativen Rahmens zur Förderung des Einsatzes von ‚grünem Wasserstoff‘, unter anderem als Speicher mittels sogenannter Power-to-X“.
Weiter hieß es, dieses Papier diene als Skizze für den Weg der SPD „hin zu einem klimafreundlichen Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts“. Dafür wolle die Bundestagsfraktion in der neuen Legislaturperiode ein nationales Klimaschutzgesetz verabschieden, das im Rahmen eines breiten gesellschaftlichen Dialogprozesses umgesetzt werden soll. Ausdrücklich war die Rede von einer sektorübergreifenden Strategie, wobei insbesondere die Bereiche Umwelt, Verkehr, Wirtschaft und Landwirtschaft genannt wurden.
An das heikle Thema des europäischen Emissionshandels traute sich die SPD-Fraktion ebenfalls heran und forderte eine Reformierung, da sich die gewünschte Lenkungswirkung aufgrund von Zertifikatsüberschüssen nicht entfalten könne. Eine Verhandlung über CO2-Mindestpreise auf europäischer Ebene wurde ausdrücklich in Erwägung gezogen. Schätzungen von Energieexperten besagen, dass rund ein Fünftel aller Emissionszertifikate vom Markt genommen werden müssten.
CDU: H2 unverzichtbare Alternative
Auch in der CDU ist Wasserstoff ein Thema. Enak Ferlemann, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (s. Foto), erklärte im Juni 2017: „Investitionen, Kooperationen und Innovationen – dies sind die drei Säulen unserer Wasserstoffstrategie. Wasserstoff und Brennstoffzellen im Verkehrsbereich sind eine unverzichtbare Alternative und Ergänzung zu den leistungs- und reichweitenbeschränkten Batteriefahrzeugen. Damit erreichen wir unser Ziel: mehr Mobilität bei weniger Emissionen.“
Die Grünen wollen PtG fördern
Seitens der Grünen erklärte Dr. Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik, zum Thema Wasserstoff/PtG: „Wir sehen diese Technologiepfade als wichtige Bausteine für die Energiewende – und zwar in allen Bereichen.“ Weiter hieß es bei der Ökopartei: „Wir wollen weg vom Öl im Straßenverkehr in den nächsten zwei Jahrzehnten und über Kaufprämien den Einstieg in eine grüne Mobilität mit Elektromobilen auf den Weg bringen. Wir wollen Power-to-Gas fördern, das heißt Kraftstoffe aus erneuerbarem Strom etablieren. […] Statt Windenergie abzuregeln, sollte der Ökostrom am Ort der Erzeugung einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. So könnte er in Wasserstoff umgewandelt und ins Erdgasnetz eingespeist oder direkt über Wärmespeicher in Heizungssysteme fließen.“
Dietrich von Tengg-Kobligk, Referent für Klima und Energie der Grünen im Brandenburger Landtag, erklärte: „Investitionen in Power-to-Gas und ähnliche Technologien werden dadurch gebremst, dass der Strommarkt durch starke Überkapazitäten und niedrige Preise geprägt ist.“ Weiter teilte er mit: „Der relativ geringe Gesamtwirkungsgrad der PtG-Technologie und die potentiell kurzen Jahresvolllaststunden der Elektrolyseanlagen während der Verfügbarkeit von überschüssigem erneuerbarem Strom führen zu hohen Kosten, die das sinnvolle Nutzungsspektrum […] beschränken.“
H2-Kilopreis sinkt
Dr. Jörg Wind erklärte während des 5. Wasserstofftags am 6. Juli 2017 in Lampoldshausen, Daimler gehe davon aus, dass Wasserstoff im Jahr 2020 rund 8 Euro pro Kilogramm kosten wird und sich dieser Preis bis 2030 auf 6 Euro reduziere. Wind berief sich dabei auf die Studie von BMU, DLR und Fraunhofer IWES aus dem Jahr 2012 „Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global“.
Kategorien: Allgemein

1 Kommentar

  1. Arno A. Evers

    Wenn man diese ganze Entwickelung, so wie ich,
    seit 1995 interessiert verfolgt, kann man nur feststellen:
    SIE wollen ES einfach nicht.
    Wobei jedeR bitte selbst festlegen kann, wer oder was mit SIE gemeint ist.
    ES ist auf jeden Fall die Nutzung von wirklich nachhaltig erneuerbar hergestelltem Wasserstoff als potenzieller zukünftiger Energieträger.
    Davon sind wir noch meilenweit entfernt, das zeigt erneut dieser Artikel.

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