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Beitrag von Sven Geitmann

12. Dezember 2016

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Den Diesel in Rente schicken

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Thomic Ruschmeyer


Der Bundesverband Solare Mobilität e. V. (BSM) dürfte zumindest denjenigen bekannt sein, die ab und zu auf Automobil- oder Energiemessen unterwegs sind. Bei zahlreichen dieser Veranstaltungen ist der BSM seit seiner Gründung im Jahr 1989 mit einem großen Stand vertreten und bietet die verschiedensten Fahrzeugtypen – vom Solarmobil bis zum E-Bus – zum Anfassen und Fachsimpeln an. Für manch einen mag der Verein zwar zunächst wie eine Anlaufstelle für visionäre Solarpioniere erscheinen, tatsächlich aber leisten die Mitglieder unermüdlich überaus wichtige Informationsarbeit an der Basis, ohne die Elektromobilität nicht beim Endkunden ankommen würde. Seit einigen Jahren hat sich der BSM zudem politisch einen Namen gemacht, indem er unter anderem aktiv an der Ausgestaltung der Ladesäulenverordnung sowie an der Umsetzung der AFI-Richtlinie mitwirkte. HZwei besuchte den BSM-Vorstandsvorsitzenden Thomic Ruschmeyer in der Berliner Geschäftsstelle unweit des Brandenburger Tors.
HZwei: Im April 2016 hat die Bundesregierung die Kaufprämie beschlossen. Mittlerweile ist auch der Gesetzentwurf auch im Bundesanzeiger erschienen. Konnten Sie daraufhin jetzt bereits einen merklichen Schub beim Kauf von Elektroautos verzeichnen?
Ruschmeyer: Ich hab gerade gelesen, es sind doch tatsächlich schon 1.700 Einträge [2. August 2016; Anm. d. Red.] eingegangen. Der Ansturm hält sich also noch in Grenzen. Es ist gut, dass endlich, endlich, endlich mal irgendwas passiert ist, aber die Spreizung von 3.000 Euro für ein Hybrid- und 4.000 Euro für ein Elektrofahrzeug ist ein bisschen mau.
HZwei: Meinen Sie, dass Hybridfahrzeuge zu gut wegkommen?
Ruschmeyer: Die Förderung ist auf das ausgerichtet, was die deutsche Automobilindustrie kann: Verbrennungsmotoren – Elektroantrieb gibt es dann in der Hybridvariante dazu. Viele dieser Plug-in-Hybridautos sind aber so dimensioniert, dass sie eher über einen Elektroturbo verfügen. Um weite Strecken elektrisch zu fahren, sind sie derzeit nicht gemacht, aber dafür erhalten sie vergleichsweise viel Förderung.
HZwei: Wie ist denn jetzt der aktuelle Stand auf dem Markt?

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HZwei: Kommen wir zum Elektromobilitätsgesetz. Sind Sie damit zufrieden?
Ruschmeyer: Wir haben hier bereits hinlänglich kritisiert, dass Plug-in-Fahrzeuge überhaupt ein E-Kennzeichen bekommen. Das E-Kennzeichen selber ist zwar etwas, was wir gewollt haben und auch als Erfolg verzeichnen, aber …
HZwei: Wie viele Busspuren sind denn bislang freigegeben worden?
Ruschmeyer: So gut wie keine.
HZwei: Und wie sieht es mit dem Rest des Elektromobilitätsgesetzes aus?
Ruschmeyer: Das zeigt keine Wirkung…
HZwei: Gibt es ansonsten positive Ansätze in diesem Themenspektrum seitens der Regierung?
Ruschmeyer: Die zehn Jahre Steuerbefreiung für E-Autos, die zwar nicht im E-Mobilitätsgesetz verankert ist, aber für die sich die Regierung häufig rühmt, ist ja eigentlich ein Witz. Ähnlich ist es mit der Ladesäulenverordnung: Wenn man sich anschaut, wie das Prozedere ist, um einen Ladepunkt im öffentlichen Straßenraum in Deutschland genehmigt zu bekommen, muss man mit Vorlaufzeiten von sechs bis acht Monaten rechnen – mit entsprechenden Personalkosten für denjenigen, der das Projekt betreut. In Holland ist das beispielsweise deutlich kürzer und somit auch günstiger.
HZwei: Wie ist denn aktuell das Engagement von Bundesverkehrsminister Dobrindt in diesem Bereich? Bei der Abschlusskonferenz der Schaufenster in Leipzig war er nicht vor Ort. War er denn bei der Fachkonferenz der Bundesregierung im Juni 2016 in Berlin?
Ruschmeyer: Dort war kein Minister – und auch kein OEM-Chef.
HZwei: Wie muss denn rückblickend der deutsche Weg, die Förderung über Schaufenster vorzunehmen, beurteilt werden?
Ruschmeyer: Das war ein guter Weg, um in der Breite möglichst viele Anwendungen ausprobieren zu können. Allerdings wurden Projekte teils gedoppelt
HZwei: Wie könnte es denn jetzt weitergehen? Über Volkswagen wird berichtet, dass die angeblich eine eigene Batteriefabrik aufbauen wollen. Ist das glaubhaft?
Ruschmeyer: Volkswagen hat jetzt einen gewissen Handlungszwang. Außerdem haben sie das Problem, dass sie …
HZwei: Wäre das nicht auch für induktives Laden sehr viel sinnvoller als die kabelgebundene Variante? Und ab wann werden wir denn keine Kabel mehr herumschleppen müssen?
Ruschmeyer: Ganz ohne Ladekabel wird es, glaube ich, nicht gehen, weil der Aufwand für Induktionsladung nicht unerheblich ist…
HZwei: Wie sieht es denn mit Wasserstoff aus: Mittlerweile gibt es Stimmen, die sagen, wenn mehr E-Autos wie der Tesla eine Reichweite von 500 km gewährleisten, dann bräuchte man keine Brennstoffzellenautos mehr. Deswegen wird vermehrt über Brennstoffzellen als Range Extender gesprochen. Was halten Sie für sinnvoll?
Ruschmeyer: Letzteres sehe ich auf jeden Fall, weil Range Extender eine recht smarte Lösung sind. Den Akku also nicht nur als kleinen Puffer für die Bremsenergie nutzen, sondern grundsätzlich batterieelektrisch fahren und ansonsten Strom aus einer Brennstoffzelle, die man vielleicht auch nur optional einbaut, verwenden. Dieses Konzept sehe ich überall da, wo mehr Energie gebraucht wird, bis hin zum Flugzeug, wo ich der Brennstoffzelle eher zutraue, dass sie fliegt, als dass man hierfür Akkus nutzt. Brennstoffzellen in städtischen Geländewagen halte ich dagegen nicht für sinnvoll.

HZwei: Wird es denn solche Konzepte erst nach einem möglichen Regierungswechsel, beispielsweise mit Schwarz-Grün, geben?
Ruschmeyer: Dann wären die Chancen wahrscheinlich größer, noch größer wären sie allerdings mit Grün-Schwarz (lacht).

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