Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

30. September 2016

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Clean Power Net – Leuchtturm oder Glimmstängel?

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GenStore-Anlage in Südafrika, © Heliocentris


Eigentlich sollte der USV-Sektor der vierte Leuchtturm im Nationalen Innovationsprogramm für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) werden. Stattdessen ist von dieser als innovativ geltenden Nische bis dato noch nicht viel mehr zu sehen als ein zaghaftes Glimmen. Das Branchennetzwerk Clean Power Net (CPN) versucht zwar, mit Mut machenden Meldungen Zuversicht zu verbreiten, tatsächlich warten einige der hier involvierten Player jedoch noch auf die richtigen Rahmenbedingungen, die etwas mehr Schwung in die Entwicklung und einen Wachstumsschub für ihre Produkte mit sich bringen könnten. Dass hier durchaus ein großes Potential schlummert, bestreitet indes kaum einer.
Clean Power Net wurde 2010 gegründet, um unterschiedliche Unternehmen aus dem Bereich der unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV – damals: „frühe Märkte“) zusammenzubringen. Am 15. März 2016 hielt der Verbund, dem inzwischen 21 Unternehmen und FuE-Institutionen angehören, in Berlin seine fünfte Vollversammlung unter dem Motto „Markt für Brennstoffzellen weiter im Aufwind“ ab. In der entsprechenden Meldung verwies CPN zwar darauf, dass „erfolgreiche Referenzprojekte den Weg der Brennstoffzelle in neue Märkte ebnen“, dass die BZ-Technologie zur Notstromversorgung „zunehmend gefragter“ wird und „zahlreiche Kunden die Brennstoffzelle bereits erfolgreich als Dieselersatzlösung im Notstrombereich einsetzen“. Einen selbsttragenden Volumenmarkt gibt es heute aber noch nicht.
Brennstoffzellen für Behördenfunk
Dabei sind die Aussichten gar nicht so schlecht: So werden beispielsweise zunehmend Brennstoffzellen als Notstromversorgungslösung für den digitalen Polizeifunk eingesetzt. Erste Feldversuche bei Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (kurz: BOS – s. HZwei-Heft Okt. 2015) wurden im März 2016 erfolgreich abgeschlossen. Dr. Henrik Colell, CTO der Heliocentris Energy Solutions AG und seit der Gründung Sprecher von Clean Power Net, freute sich: „Als Referenzprojekt hat BOS Brandenburg eine enorme Leuchtkraft für unser gesamtes Netzwerk.“
Zudem waren Mitglieder von CPN auch an der Ausschreibung des Landes Bayern beteiligt, das bei der Stromversorgung seines Behördenfunks im Notfall künftig ebenfalls auf die Brennstoffzelle statt auf Dieselgeneratoren als Netzersatzlösung setzen möchte, womit dann allein im Behördenfunk in Summe rund 220 Systeme in Betrieb sein werden.
Dementsprechend zeigte sich Colell zuversichtlich: „Wir haben die Bekanntheit und die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der Technologie nachhaltig vermitteln und die Brennstoffzelle fest als Alternative für eine sichere Stromversorgung in den Köpfen von Entscheidern aus Politik und Wirtschaft verankern können.“ Damit spielte er darauf an, dass künftig auch Energieversorgungslösungen für Signal- und Verkehrsleitsysteme im Bahnverkehr, bei Banken oder in Krankenhäusern verstärkt nachgefragt werden könnten, da beispielsweise die Deutsche Bahn von den Vorteilen dieser Technologie überzeugt und ihre Tochtergesellschaft, die DB Bahnbau Gruppe GmbH, als neues Mitglied gewonnen werden konnte. Die DB Bahnbau Gruppe hatte erst im Juli 2015 eine Kooperationsvereinbarung mit der Proton Motor Fuel Cell GmbH über den Verkauf und den Service von Brennstoffzellen-USV-Systemen unterzeichnet. Zudem engagiert sich Proton derzeit vermehrt im europäischen Ausland, von der Schweiz bis zu den Orkney-Inseln (s. HZwei-Heft Jul. 2016).
Exportfonds über 350 Mio. Euro
Gegenüber HZwei räumte Colell allerdings gleichzeitig ein, dass es den CPN-Playern trotz intensiver Bemühungen „bisher nicht gelungen ist, ein nationales Markteinführungsprogramm für USV-Systeme in die Wege zu leiten“. Demonstrationsprojekte sowie F&E-Aktivitäten sollen zwar auch im NIP 2.0 gefördert werden, um die Systemperformance weiter zu verbessern und die Kosten weiter zu reduzieren. Damit aber darüber hinaus die Auslandsaktivitäten der verschiedenen Akteure bestmöglich flankiert werden, wird derzeit über eine fondsgebundene Maßnahme zur Unterstützung des Exports deutscher BZ-Technik nachgedacht (s. Bonhoff-Interview).
Angedacht ist ein Exportfonds zur Projektfinanzierung von bis zu 90.000 Brennstoffzellenanlagen weltweit, der über sechs Jahre läuft und ein kumuliertes Fördervolumen in Höhe von 350 Mio. Euro umfasst. Dieses Geld könnte in Form von zinsgünstigen Projektdarlehen bereitgestellt werden, um den Unternehmen die Realisierung größerer Projekte zu ermöglichen, damit über Skaleneffekte Kostensenkungspotentiale erschlossen werden können. Bislang ist dies jedoch nur ein Gedankenexperiment, das mit dem Bundeswirtschaftsministerium diskutiert wird.
Aktienkurs abgerutscht
Unabhängig von diesen CPN-Aktivitäten kämpfen jedoch derzeit einige Partner – zum Teil alteingesessene Firmen wie Heliocentris und SFC – darum, dass ihre Investoren bei der Stange bleiben. Beide Firmen sind bereits seit den Anfängen der intensivierten Brennstoffzellenentwicklung Ende des letzten Jahrhunderts im Geschäft, laufen aber Gefahr, dass der äußerst langsam verlaufende Kommerzialisierungsprozess die Geduld der Geldgeber strapaziert. So dümpelt der Aktienkurs der SFC Energy AG seit sieben Jahren auf dem gleichen Niveau vor sich hin. Dieses Niveau liegt wohlgemerkt 80 Prozent unterhalb des ursprünglichen Ausgabepreises von 2006, woran auch die letzte Kapitalerhöhung (Bruttoemissionserlös: ca. 1,5 Mio. Euro) Mitte August 2016 kaum etwas änderte.
Einerseits vermeldet das Unternehmen zwar regelmäßig den Abschluss neuer Millionenaufträge, andererseits ist der Kurs in den vergangenen Jahren aber nicht mehr über 7 Euro hinausgekommen. Dementsprechend verhalten ist die Stimmung unter den Anlegern. Hinzu kommt, dass seit 2015 ein weiteres Unternehmen mit vergleichbaren Produkten auf den bislang noch recht überschaubaren Markt drängt: Keymile hat sich unlängst mit dem dänischen BZ-Hersteller IRD zusammengetan und deren DMFC-Generator Modell 800 in die eigenen USV-Systeme integriert. Während der Hannover Messe 2016 präsentierte das Unternehmen aus Niedersachsen erstmals seine Aggregate, die ebenso wie bei SFC mit Methanol betrieben werden. Ähnlich wie das Brunnthaler Unternehmen visieren die Hannoveraner Einsatzgebiete wie Flugleit-, Pipeline- und Grenzüberwachungssysteme an, bei denen eine unterbrechungsfreie Energieversorgung auch bei Stromausfall beziehungsweise komplett unabhängig vom Netz gewährleistet sein muss.
Ähnlich sieht es bei der Heliocentris Energy Solutions AG aus, die ebenfalls 2006 an die Börse ging. Bei dem seit 1995 in Berlin-Adlershof ansässigen Unternehmen setzte der Absturz allerdings erst Ende 2015 ein. Auch hier lag der aktuelle Kurs 80 % unterhalb des Ausgabepreises, zuletzt sogar 90 % drunter, obwohl er im Sommer 2015, ein halbes Jahr nach der Übernahme der FutureE Fuel Cell Solutions GmbH, noch bei plus 25 % rangierte (Weiteres: s. Heft).
USV-Workshop
Die EnergieAgentur.NRW und Clean Power Net veranstalten am 6. Oktober 2016 am ZBT in Duisburg einen gemeinsamen Workshop zum Thema „Netzersatzanlagen (NEA/USV/Backup) mit Brennstoffzellen“.
NOW-Studie: Attraktive Alternative
Eine optimistisch stimmende Studie haben kürzlich Dr. David Hart und Franz Lehner von E4tech für die NOW GmbH angefertigt. Bei dieser Untersuchung des europäischen Marktes für Netzersatzanlagen bis 100 kW Leistung kamen die Autoren zu folgendem Schluss: „Der Einsatz von Brennstoffzellen anstelle von konventionellen Netzersatzanlagen in einer Vielzahl von Pilotprojekten in den vergangenen Jahren hat dazu beigetragen, die Vorteile dieser neuen Technologie unter Beweis zu stellen und sie als ausgereifte Alternative, die betriebliche Vorteile liefert, am Markt zu positionieren. […] Dank spezieller Steuererleichterungen für Brennstoffzellensysteme in den USA konnten sich hier BZ-Lösungen in den vergangenen Jahren bereits als attraktive Alternative zu Dieselgeneratoren etablieren. […] Brennstoffzellensystemen als Gesamtlösung werden im unteren Leistungsbereich bis etwa 10 kW im derzeitigen Marktumfeld die besten Chancen eingeräumt, mit konventionellen Anlagen zu konkurrieren.“
Weiter heißt es in dieser Analyse, dass derzeit die hohen Anschaffungskosten die größte Barriere für eine weitere Verbreitung darstellen. Diesen Kosten stehen allerdings geringere Betriebsausgaben entgegen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der Brennstoffzelle bis 2020 beziehungsweise 2025 in greifbare Nähe rücke.

2 Kommentare

  1. Arno A. Evers

    Ist es nicht so, das “wir alle…” auf den verkehrten potenziellen Märkten operieren?

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  2. Hydrogeit

    Gerade heute meldet SFC eine Änderung der Umsatz- und Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2016, da ein geplantes Großprojekt im Verteidigungsbereich in Deutschland wird in 2016 nicht mehr realisiert wird. Die neue reduzierte Umsatzprognose für 2016 liegt bei ca. EUR 40-42 Mio., da Profitabilität und
    Liquiditätslage entsprechend negativ beeinflusst werden.

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