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Beitrag von Sven Geitmann

13. April 2016

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Ballard: Optimistische Töne aus China

H2-Bus-London-Geitmann

H2-Bus auf der Tower Bridge


Sehr interessante Nachrichten, Kommentare und Pläne enthält die Telefonkonferenz von Ballard Power anlässlich der Veröffentlichung der Zahlen für das Jahresendquartal 2015 und damit für das Gesamtjahr 2015. Auf die Zahlen (Verlustausweis) und deren Interpretation (Entwicklung der einzelnen Unternehmensbereiche) verzichte ich allerdings, stattdessen konzentriere ich mich auf die ausgezeichneten Perspektiven und zitiere CEO Randy Mac Ewen: „Wir haben in jeder unserer beiden Wachstumsplattformen eine Reihe von wesentlichen Meilensteinen erreicht. Somit sind wir gestärkt für Wachstum und eine verbesserte finanzielle Performance im Jahr 2016 und darüber hinaus.“
Jetzt startet die Massenproduktion
Im Einzelnen: 150 BZ-Hybridbusse fahren gegenwärtig in 20 Städten der Welt. Allerdings sind dies vor allem noch Testreihen. Ballard hat aber damit das branchenbeste Know-how (Eigenbezeichnung) in 25 Jahren sammeln können. Insgesamt wurden über 8 Mio. km in BZ-Bussen zurückgelegt und über 10 Mio. Menschen transportiert. Die Fahrzeuge sind unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen (Straßen- und Witterungsverhältnisse, H2-Infrastruktur u. v. a.) unterwegs, sei es geographisch oder bezogen auf die Klimabedingungen wie auch vor allem im operativen täglichen Betrieb. In London fahren acht Busse, die mittlerweile 20.000 Stunden im Einsatz sind. Die Ausfallzeiten sind ausgesprochen gering, die Zuverlässigkeit ist somit sehr hoch.
Die siebte Generation der BZ-Stacks für Busse ist nun am Markt verfügbar. Ihr Preis konnte in den vergangenen sechs Jahren um 65 % reduziert werden und soll um weitere 30 % sinken. 500 bis 1.000 BZ-Busse sollen in der Zeit von 2017 bis 2020 in Europa auf die Straße kommen, was nach viel klingt, aber gegenüber dem, was in China möglich erscheint, wenig ist.
Ballard konnte in 2015 in China US-$ 48 Mio. an festen Aufträgen verzeichnen. 300 Busse sind bereits als Auftrag gebucht. Für Schienenfahrzeuge müssten 2016 die ersten Aufträge – nach Testlauf und Prototypen – reinkommen, so meine Interpretation. Wenn man die geplante BZ-Stack-Produktion von 12.000 Einheiten p. a. als Maßstab nimmt, dann geht Ballard einem sehr hohen Wachstum entgegen und lässt die Zeit von Versuchsreihen jetzt vom groß angelegten Markteintritt ablösen.
China hat den dreizehnten Fünfjahresplan in den Grundzügen offengelegt: Vor allem die Mobilitätsinfrastruktur wie auch Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung – vor allem Luftverunreinigung – stehen darin ganz oben. Staatliche Stellen sind angehalten, 50 % ihrer Kfz-Flotten zukünftig elektrisch auszurichten, wozu auch die Brennstoffzelle zählt. 5.000 E-Fahrzeuge sollen erworben werden und auch 5.000 Hybridbusse. Bis 2020 sollen 5 Mio. E-Autos im Markt sein. Auch hier ist die BZ-Technik mit dabei. Gewaltige Perspektiven.
Starke Position von Ballard
Ballard arbeitet ja für Volkswagen, die Patente erworben haben und zusätzlich Ingenieursleistungen von den Kanadiern einkaufen. Vor allem Audi ist im Konzern die Speerspitze für Elektromobilität. Spannend klingen da Aussagen des Ballard-Vorstandes, dass man über Know-how und Intellectual Property (IP: Patente u. a.) verfügen würde, welche für die ganze Kfz-Industrie in Bezug auf Brennstoffzellen von erheblicher Bedeutung seien. Für mich heißt das: Schlüsselpatente. Anders ausgedrückt: Die weltweite Fahrzeugindustrie kommt an Ballard wohl nicht vorbei, wobei ich damit die Hoffnung verbinde, dass Ballard hieraus perspektivisch Lizenzerlöse generieren kann. Interessant ist am Rande, dass man die mit VW gesteckten Meilensteine nicht nur erreicht, sondern überschritten hat, besser als gedacht.
O-Ton: „Wir denken, dass unser Team den weltbesten Automotive-BZ-Stack produziert und auch neue proprietäre Technologie entwickelt hat, die Ballards Position gegenüber der Automobilindustrie wesentlich stärkt.“ – Meine Interpretation: Mehr geht nicht.
Material Handling
Fast 10.000 Gabelstapler – die meisten mit BZ-Stacks von Ballard ausgestattet – sind bereits via Plug Power im Markt. Hier sieht Ballard Möglichkeiten, auch mit anderen Gabelstaplerherstellern ins Geschäft zu kommen. Zudem ist interessant, dass nun auch Hyster Yale über die zugekaufte BZ-Firma Nuvera Fuelcells in dieses Metier einsteigt. Plug baut allerdings mittlerweile eigene BZ-Stacks ein (ReliOn), wodurch Ballard eventuell allmählich immer weniger Aufträge erhalten wird. Aber: Dieses Metier soll nicht so margenstark sein, so dass die Positionierung auf wachstums- und vor allem margenstärkere BZ-Märkte und -Produkte Sinn ergibt. Interessant ist es indes für mich zu erfahren, ob Plug nicht eventuell Patente von Ballard nutzt, die zu einem späteren Zeitpunkt Lizenzzahlungen auslösen könnten.
Die Ballard-Tochter Protonex soll schon 2016 US-$ 20 Mio. als Umsatzbeitrag beisteuern. Wichtiger als diese Umsatzgröße (und eventuelle Ertragsanteile) ist für mich aber, dass Protonex verschiedene Listungsbedingungen der U.S. Army erhalten hat, die es nun allen Teilstreitkräften erlauben, bei Protonex Aufträge zu platzieren. Dies dürfte Grundlage für erhebliche Auftragszuwächse in der Zukunft sein. Denn die Army hat als einer der größten Arbeitgeber der USA mittlerweile klar verstanden, welche Potentiale die Brennstoffzelle bzw. der Einsatz von Wasserstoff bietet, auch hinsichtlich der Umweltaspekte (s. Kooperation mit GM und Boeing).
Der Backup-Power-Bereich scheint indes viel zu langsam zu laufen und nicht gerade margenstark zu sein und zu viel Kapital zu binden. Zwar gibt es enorme Wachstumsperspektiven (z. B. Indien), aber es scheint, dass man diesen Bereich seitens Ballard zur Disposition stellen wird. Entweder erfolgt der Verkauf, ein Venture oder eine Einbringung in ein anderes Unternehmen der Branche wie auch ein Tausch von IP – auf jeden Fall noch in 2016.
Fazit Ballard
Ballard ist perfekt positioniert und immer mehr fokussiert. Die Verkleinerung des Vorstandes und/oder der Ersatz durch andere kompetente Personen ist ein Zeichen des Umbruchs, zumal damit natürlich auch Kostensenkungen einhergehen. US-$ 58 Mio. an festen Aufträgen für 2016 liegen schon jetzt vor – immerhin bereits mehr als der Umsatz von $ 56,5 Mio. in 2015. China ist der Motor des Unternehmens, denn hier entstehen die mit Abstand größten Potentiale – obwohl es weltweit parallel auch zu immer mehr Einsatzmöglichkeiten der BZ-Technik kommt und extrem große und wichtige Märkte wie die Kfz-Industrie immer mehr im Rahmen der Elektromobilität auf die Brennstoffzelle und ergänzend auf die Batterie als Hybrid – allen voran Toyota – setzen. In China werden aber wichtige Skalierungseffekte realisiert, die sich dann natürlich auf die Kosten/Preise für BZ-Stacks im positiven Sinne auswirken. Und: Angesichts von 1 Mrd. Kraftfahrzeugen auf dem Globus ist es sowieso vonnöten, dass fossile Energieträger etappenweise von „grünem“ Wasserstoff ersetzt werden. Ballard spielt hier ganz weit vorne mit – nur der Aktienkurs noch nicht.
Risikohinweis
Jeder Anleger muss sich immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bei der Anlage in Aktien bewusst sein und auch eine sinnvolle Risikostreuung bedenken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien sind aus dem Bereich der Small- und MidCaps, d. h. es handelt sich nicht um Standardwerte und auch deren Volatilität ist wesentlich höher. Es handelt sich bei diesem Bericht nicht um Kaufempfehlungen – ohne Obligo. Alle Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen, was die Einschätzung angeht, ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar.
Autor: Sven Jösting

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