Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

12. Februar 2016

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Wie viel Elektro steckt im Hybrid?

BMW-i8-GeitmannSind Autos wie der BMW i8 wirklich Elektrofahrzeuge? Diese Frage bewegt derzeit viele Akteure im Bereich der Elektromobilität – und darüber hinaus, nicht zuletzt seit angedacht wird, verschiedene Vergünstigungen für Elektroautos einzuführen. Gemäß dem im Juni 2015 erlassenen Elektromobilitätsgesetz (EmoG) dürfen Gemeinden ihre Busspuren für Elektroautos freigeben, wobei dann allerdings unerheblich ist, ob das jeweilige Fahrzeug tatsächlich gerade mit Benzin oder Strom fährt. Auch Parkplätze an Ladesäulen können für E-Autos reserviert werden, ohne dass diese Wagen tatsächlich elektrisch bis dorthin gefahren sein müssen. Zur Sachverhaltsklärung hat HZwei einmal beispielhaft einen BMW i8 unter die Lupe genommen, um zu überprüfen, wie viel Benziner und wie viel Stromer in Hybridautos wirklich steckt.
Der i8 ist ein Hingucker – ganz klar. Egal wo man hinkommt, die Augen der Passanten verfolgen einen. Insbesondere bei der Jugend kommt der Sportwagen extrem gut an. Sobald das E-Auto irgendwo parkt, bilden sich teilweise Grüppchen und bestaunen den Wagen. Mitunter machen Passanten spontan Fotos mit ihrem Smartphone, wenn die Elektroflunder an einer roten Ampel hält. Und er emotionalisiert: Die Bandbreite der Reaktionen reicht von offenen Mündern über verwunderte Blicke bis hin zu spontanen Liebesbekundungen.
Aber bekanntermaßen ist das Äußere nur die halbe Wahrheit. Was steckt tatsächlich unter der wohldesignten Carbon-Hülle?
Hinter der „visionären Interieurgestaltung“ (BMW-Zitat) des 2+2-Sitzers verbirgt sich ein Dreizylinder-Ottomotor (1,5 l Hubraum) mit TwinPower-Turbo-Technologie. Der Verbrenner verfügt über eine Leistung von 170 kW (max. Drehmoment: 320 Nm) und greift über ein Sechsgang-Automatikgetriebe auf die Hinterräder zu. Zusätzlich ist ein Hybrid-Synchron-Elektromotor eingebaut (96 kW, 250 Nm), der über eine Zweigangautomatik die Vorderräder antreibt. Als Strompuffer dient eine zentral im Unterboden angeordnete Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie (7,1 kWh).
Zusammen gewährleistet diese Hybrid-Antriebstechnik das Fahrverhalten eines „reinrassigen Sportwagens“, wie es die Bayern selber beschreiben. Otto- und Elektromotor beschleunigen das Auto (1,5 t Leergewicht) nebst Insassen in 4,4 Sekunden von null auf 100 km/h – nicht nur auf dem Papier, auch tatsächlich auf der Straße. Laut Verkaufsprospekt ist „die Höchstgeschwindigkeit elektronisch auf 250 km/h limitiert und kann allein durch die Kraft des Verbrennungsmotors erreicht und gehalten werden“.
Die Bayerischen Motoren Werke werben damit, dass eine derartige Performance bei gleichzeitigen „Verbrauchs- und Emissionswerten auf Kleinwagenniveau“ umgesetzt wird. Der offizielle EU-Testverbrauch soll demnach bei 2,1 l Benzin auf 100 km, der CO2-Wert bei 49 g/km liegen (Effizienzklasse A+). Spätestens hier klaffen jedoch Theorie und Realität weit auseinander, denn in unserem Testbetrieb lag der Spritverbrauch bei 6,7 l/100 km, der Stromverbrauch bei 7,5 kWh/100 km (zusammen 66,2 kWh/100 km, entsprechend 156 g CO2/km), wobei zugegebenermaßen nicht gerade energiesparend gefahren wurde. Der Grund für diese Abweichung bei den Verbrauchswerten ist, dass mitunter verschwiegen wird, dass zu dem benötigten Sprit auch noch der genutzte Strom hinzugerechnet werden muss (s. “Nur die halbe Wahrheit”) und dass unter Alltagsbedingungen der Energieverbrauch sehr viel höher ist als unter Laborbedingungen (s. derzeitige öffentliche Diskussion).
BMW scheint allerdings bei seiner Berechnung davon auszugehen, dass der Fahrstrom zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, denn in den Emissionswerten wurde nur das vom Kraftstoff emittierte CO2 berücksichtigt. Wird hingegen Haushaltsstrom, der in Kohlekraftwerken erzeugt wurde, getankt, fällt die Umweltbilanz schlechter aus.
Nur die halbe Wahrheit
Die Münchener geben in der ausführlichen Produktbeschreibung dieses Autos an:
„Der im EU-Testzyklus für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge ermittelte, kombinierte Kraftstoffverbrauch des BMW i8 beträgt 2,1 Liter je 100 Kilometer zuzüglich 11,9 kWh elektrischer Energie (zusammen: 30,3 kWh/100 km), der entsprechende CO2-Wert beläuft sich damit auf 49 Gramm pro Kilometer.“
Der Wert von 2,1 l auf 100 km ist also nur die halbe Wahrheit und in der Praxis nicht erreichbar, das wissen auch die Bayern, und sie weisen sogar darauf hin:
„Kommen – etwa bei Ausflügen am Wochenende – längere Landstraßen- und Autobahnpassagen hinzu, ermöglicht das intelligente Antriebsmanagement des BMW i8 Fahrfreude bei Verbrauchswerten unterhalb von sieben Litern je 100 Kilometer. Und selbst reine Langstreckenfahrten auf dem Weg in den Urlaub können mit einem Durchschnittsverbrauch von weniger als acht Litern je 100 Kilometer absolviert werden.“
BMW stellt weiterhin fest:
„Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs wird im EU-Testzyklus bei Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen auch die Nutzung der in einer vollständig aufgeladenen Batterie zur Verfügung stehenden Energiekapazitäten in Anrechnung gebracht.“
Daraus ergibt sich dann Folgendes:
„Dieser Wert basiert auf einem Fahrprofil, in dem zunächst die Kapazität des Hochvoltspeichers für rein elektrisches Fahren genutzt wird. Im anschließenden Hybridbetrieb erfolgt die Rekuperation der Batterie, so dass weitere Streckenabschnitte rein elektrisch zurückgelegt werden können. Für 100 Kilometer werden in diesem Fahrprofil 11,9 kWh Strom und 2,1 Liter Kraftstoff benötigt.“
Mit einem leisen und emissionsfreien Elektroauto hat dieses Fahrzeug allerdings kaum etwas gemein. Rein elektrisches Fahren ist nach offiziellen Angaben ohnehin nur auf einer Strecke von bis zu 37 km möglich, und dies nur mit beschränkter Höchstgeschwindigkeit (< 120 km/h). Im Normalbetrieb (Modus: Comfort) sollen bis zu 600 km realisierbar sein, im Sportmodus (mit Boost-Funktion) entsprechend weniger. Trotzdem gilt dieses Auto vor dem Gesetz, insbesondere vor dem neuen Elektromobilitätsgesetz, als Elektroauto: Gemäß EmoG können auch Plug-in-Hybride die darin niedergelegten Privilegien für sich in Anspruch nehmen, wenn sie nicht mehr als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen oder mindestens 30 km rein elektronisch fahren können.
Als Fazit lässt sich somit feststellen, dass der BMW i8 primär darauf ausgerichtet ist, die Erwartungen zu erfüllen, die klassische Motorsport-Fans an Rennwagen haben. Umso unerklärlicher ist es, warum viele i8-Exemplare ins Ausland verkauft werden, wo doch nur in Deutschland kein Tempolimit gilt. Aber egal wo dieses Auto gefahren wird, dürfte klar sein, dass im Vordergrund stets der Fahrspaß steht. Reiner Elektrobetrieb dürfte nur äußerst selten zum Einsatz kommen. Und auch eine regelmäßige Aufladung an einer freistehenden Ladesäule dürfte eher die Ausnahme bleiben. Für Vorschub wird also meist Benzin sorgen, so dass die Bezeichnung „Elektrofahrzeug“ bei diesem Wagen irreführend und eine Privilegierung gegenüber anderen Verbrennern ungerechtfertigt genannt werden muss.
Die gute Nachricht für den bayerischen Automobilbauer dürfte trotzdem lauten, dass dieses Modell in Kombination mit der aktuellen Gesetzgebung wesentlich dazu beiträgt, dass die Emissionswerte der BMW-Neuwagenflotte eingehalten werden.
Noch mehr Informationen über den BMW i8 und Elektrofahrzeuge gibt es in der neuen HZwei.

4 Kommentare

  1. Gerd

    Das war aber doch auch klar, oder? Ich freue mich wirklich auf die ersten rein elektrischen Autos, die man sich leisten kann, gut aussehen und eine gute Performance zeigen. Ich bin ehrlich: Gerade die Teslas machen meiner Meinung nach einen billigen Eindruck von der Verarbeitung. Und einen Zoe von Renault möchte ich als Autoliebhaber nun wirklich nicht fahren.

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  2. Jens Hafner

    Man kann es mit technischen Kniffen (Hybrid, Li-Akku-Autos u.a.) drehen und wenden wie man will. Die heutigen Fahrzeug sind zu schwer, weil zu komfortabel. Wenn ich daran denke, wie mein einstiger VW Polo 80 mit einem Leergewicht von rund 800 kg nur zwischen 5.5 (Arbeitsweg) und 7.5 Liter (Langstrecke Autobahn 130 km/h) verbrauchte, frage ich mich, in welche Richtung der Fortschritt hinfortgeschritten ist. Die Masslosigkeit der Moderne, die alles will ohne irgendetwas sein zu lassen, benötigt einen Technolgiesprung, den vermutlich nur eine dynamische, forcierte H2-Technologie bringen könnte – zu der aber der Mut fehlt.
    Die Elektro-Spielereien im Automobilsegment sind Luxusträumereien für grüne und halbgrüne Geister.
    Der ausserordentliche Boom der E-Fahrräder zeigt, dass dort moderne und alte Technik eine hervorragende Beziehung eingegangen sind, weil physikalisch alles harmoniert.

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  3. Sven

    Richtig interessant! Aber das meiste habe ich mir schon gedacht, also das es mehr Benzinmotor und fahren mit Benzin ist vorallem bei schnellem Fahren und weniger das elektrische und umweltfreundliche Fahren. Ich selbst frage mich wieviel BFFT Fahrzeugtechnik steckt in diesem ganzen BMW ? Es ist erstaunlich wieviel Technik in einem Auto verbaut wird, aber wieviel man tatsächlich davon braucht ist fraglich 😉 .
    Ich finde Motorgeräusche und Benzin gehören zu einem Auto einfach dazu und nciht ein leises Summen von einem Elektromotor, denn dann kann ich auch Fahrrad fahren :-)!
    Lg Sven

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