Hzwei Blogbeitrag

Beitrag von Sven Geitmann

10. September 2015

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Wird China Vorreiter bei der Brennstoffzellen-Mobilität?

Qin-BYD

Qin ist bereits ein Bestseller in China. (Foto: BYD)


Wenn man sich die heutigen Brennstoffzellen-Aktivitäten in China anschaut, dann kann mit ziemlicher Sicherheit behauptet werden, dass die Volksrepublik in den nächsten Jahren nicht plötzlich zum Vorreiter für BZ-Mobilität werden wird. Allerdings stellt das Land im Bereich Forschung und Entwicklung sowie auf Regierungsseite die Weichen, um international bei den Themen saubere Mobilität sowie Einsatz von erneuerbaren Energien in der Energieversorgung aufzuschließen. Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die aktuelle Entwicklung verwundert niemanden, der in den letzten Jahren in China war und mit eigenen Augen gesehen hat, wie rapide sich das Land entwickelt. Die Metropolen wachsen unaufhaltsam, weil es immer mehr Chinesen auf der Suche nach Bildung, Arbeit und Wohlstand in die Städte zieht. Es wird an allen Ecken und Enden gebaut: Straßen, Brücken, Industrieanlagen, Bürokomplexe und riesige Wohnhochhäuser im Dutzenderpack auf wenigen Quadratkilometern. Millionen von Chinesen wollen mit Energie und Mobilität versorgt werden, und so steigt der fossile Energieverbrauch dermaßen an, dass die gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt in den Großstädten immer sichtbarer werden. Dies gilt insbesondere für die Luftqualität: Smog und Dauerdunst, die kein direktes Sonnenlicht mehr durchlassen und den Menschen die Luft zum Atmen nehmen.
Die schlechte Luft in den Städten rührt daher, dass der Großteil des Stroms in China nach wie vor mit Kohle erzeugt wird. Der Anteil der Kohle an den fossilen Energiequellen liegt bei sage und schreibe 93 Prozent. Dabei werden riesige Mengen Kohlendioxid freigesetzt, die 80 Prozent der Gesamt-CO2-Emissionen Chinas ausmachen. China verursacht mit 10 Mrd. Tonnen heute 30 Prozent der weltweiten CO2-Emssionen. Zum Vergleich: In Europa sind es heute knapp 4 Mrd. t [1]. 2013 wurden 4.000 Mrd. Kilowattstunden Strom mit Kohle erzeugt, was rund 80 Prozent des gesamten chinesischen Strombedarfs (5.245 Mrd. kWh) entspricht. Deshalb spielt die Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere von Sonne und Wind, eine zunehmend wichtige Rolle.
China ist mittlerweile der weltweit größte Hersteller von Solarzellen und -zubehör. Die Photovoltaikkapazität im Land lag 2014 aber bei gerade erst 28 Gigawatt. Im Vergleich dazu waren laut Europäischem Solarindustrieverband in Europa im Jahr 2012 insgesamt 70 Gigawatt ans Stromnetz angeschlossen. Das sind 69 Prozent der weltweiten Photovoltaikkapazitäten. Windenergie macht in China heute erst drei Prozent der Stromerzeugung aus. Das entspricht 180 Mrd. Kilowattstunden bei einer installierten Kapazität von 115 Gigawatt. Zum Vergleich: In Europa gibt es knapp 129 GW installierte Windkapazität, davon 121 GW onshore und knapp 8 GW offshore.
Nicht nur die Kohle, auch die Mobilität hat einen großen Anteil an der Luftverschmutzung in China. 2014 waren 140 Mio. Fahrzeuge in China zugelassen, die vorwiegend mit konventionellen Verbrennungsmotoren angetrieben werden. Im Land werden mittlerweile jährlich 30 Mio. Fahrzeuge produziert. Die Hälfte des in China verbrauchten Öls geht in den Transportsektor mit entsprechenden Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß. Da ein Großteil des Öls importiert werden muss (Importquote liegt bei 60 %) und die Auswirkungen auf die Umwelt enorm sind, hat die Regierung verordnet, dass nach 2020 Neuwagen nur noch maximal fünf Liter auf 100 Kilometer verbrauchen dürfen. Aus diesem Grund tauchen in China vor allem in den Städten inzwischen vermehrt Elektrofahrzeuge auf. China ist mit 55.000 verkauften Elektrofahrzeugen bereits der zweitgrößte Markt für E-Fahrzeuge.
Der von BYD produzierte Plug-in-Hybrid Qin steht beispielsweise mit 15.000 verkauften Einheiten auf Platz vier der weltweit meistverkauften E-Fahrzeuge. Aller Voraussicht nach wird China bereits dieses Jahr zum weltgrößten Markt für Elektrofahrzeuge. In 2015 wurden schon mehr als 27.000 Fahrzeuge produziert und davon im ersten Quartal über 26.000 Einheiten abgesetzt. Dabei handelt es sich vorwiegend um batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride. Brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge wurden bisher nur im Rahmen von Demonstrationsprojekten aufgebaut und betrieben. Diese Demoprojekte werden sich allerdings in den nächsten Jahren fortsetzen.
Bei den Olympischen Spielen im Jahr 2008 fuhren 23 Brennstoffzellenbusse durch Peking. Zwei Jahre später, während der World Expo in Shanghai 2010, transportierten bereits 173 Brennstoffzellenautos sechs Monate lang täglich Besucher und Gäste über das Ausstellungsgelände. Um die Fahrzeuge zu betanken, wurden vier Wasserstofftankstellen installiert, die durch mehrere mobile Betankungsanlagen, alle mit 350 bar, ergänzt wurden. Für die Zeit 2015 bis 2019 ist der Aufbau und Betrieb einer neuen Demonstrationsflotte mit 100 Bussen geplant. Diese werden in mindestens vier Städten – fest stehen Peking, Shanghai, Zhengzhou (Provinz Henan) und Foshan (Provinz Guandong) – betrieben.
Die Nutzung von E-Autos ist ausdrücklich erwünscht, und das Thema Elektromobilität wird maßgeblich von der Zentralregierung vorangetrieben. Sie greift mit verschiedenen Regelungen und Verordnungen immer stärker sowohl industriepolitisch als auch verbraucherseitig ein. So hat die chinesische Regierung bereits im November 2014 den „Energy Development Strategy Action Plan“ bis 2020 ausgerufen. Darin wird der Primärenergieverbrauch für diesen Zeitraum auf 4,8 Mrd. Tonnen Kohleäquivalent festgelegt. Gleichzeitig soll der Anteil an erneuerbaren Energien im gesamten Primärenergiemix bis zum Jahr 2020 auf 15 Prozent steigen. In diesem Aktionsplan sind gleichzeitig 20 Schlüsselbereiche für Energieinnovationen definiert worden. Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien gehören explizit dazu.
Im April 2015 wurde die „Financial Support Policy for New Energy Vehicles 2016 –2020“ gemeinsam von den Ministerien MoF (Finanzen), MoST (Wissenschaft), MIIT (Industrie und Information) sowie dem NDRC (Nationale Entwicklungs- und Reformkommission) veröffentlicht. Diese Förderrichtlinie legt fest, dass die Subventionen für batterieelektrische und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge in den Jahren 2017 und 2018 um 20 Prozent und in den Jahren 2019 bis 2020 um weitere 40 Prozent – jeweils gegenüber dem Jahr 2016 – reduziert werden. Von dieser Regelung sind Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb ausgenommen, beziehungsweise die Förderstandards bleiben für diese Art „New Energy Vehicles“ unverändert.
Förderstandards für brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge:
Fahrzeugart                                                                              Fördersumme pro Stück
Pkw                                                                                                         28.900 Euro
Leichte Pkw, Vans                                                                                   43.300 Euro
Mittlere/große Busse, mittlere/große Nutzfahrzeuge                              72.100 Euro
Darüber hinaus wurde die seit 2012 gültige steuerliche Ausnahmeregelung für „New Energy Vehicles“ durch das MOF, das MIIT und die Steuerverwaltung erneuert. Rein batterieelektrische Autos, Plug-in-Hybride und brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge sind danach von der Steuer befreit. Um die Anzahl elektrischer Busse im Stadtverkehr zu erhöhen, wird die Kraftstoffförderung für die Städte bis 2019 nach und nach reduziert. Derzeit bezahlt die Zentralregierung den Kraftstoff für Busse im öffentlichen Nahverkehr in den Städten.
Wissenschaft, Industrie und Politik sind bemüht, die internationale Zusammenarbeit insbesondere im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien auszubauen. So war China gerade erst Gastgeber des 23. Steering Committee Meeting der IPHE (International Partnership for Hydrogen and Fuel Cells in the Economy). In Wuhan, einer der Millionenmetropolen in Zentralchina, trafen sich die Vertreter der 18 Mitgliedsländer, um sich im Rahmen verschiedener Veranstaltungen über die neuesten Entwicklungen im Bereich H2 & BZ auszutauschen.
Literatur: Trends in Global CO2-Emissions 2014 Report, PBL Netherlands Environmental Assessment Agency & IES
Autorin: Alexandra Huss
Kategorien: 2015-2017 | Allgemein

2 Kommentare

  1. Arno A. Evers

    Das hätte der geneigte H2- und FC-Interessierte
    schon auf dem Messebeitrag bzw. der internationalen
    Konferenzsehen können, die wir im Auftrag des
    Chinesischen Ministeriums for Science and Technolgie
    (Wissenschaft und Technologie) zum Thema:
    Erneuerbare Energien in China mit Schwerpunkt
    Wasserstoff und Brennstoffzellen organisierten.
    DAS war im Jahr 2004:
    http://www.hydrogenambassadors.com/china2004/index.php

    Antworten
  2. Achim Behrenwaldt

    Die Chinesen pflegen erst dann in den Markt einzusteigen, wenn die Produkte reif sind (nicht unbedingt aus eigerner Entwicklung) und der Markt groß genug ist. Dann steigen sie allerdings gleich mit so großen Stückzahlen ein, das sie durch kostengünstige Serienproduktion alle Wettbewerber weltweit unterbieten können. So geschehen bei Solarmodulen, demnächst mit Windräder und dann wohl auch mit Elektro- und BZ-Autos.

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