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Beitrag von Sven Geitmann

19. Juni 2015

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Nationale Konferenz als “Kirchentag” der Elektromobilität

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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


„Deutschland wird um eine weitere Förderung nicht drumrumkommen.“ Dieser alles entscheidende Satz von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel spiegelt das Dilemma wider, in dem sich die Bundesregierung derzeit befindet: Eine direkte Förderung in Form einer Kaufprämie kommt aus Haushaltsgründen und auch aufgrund der bereits vielfach wiederholten Absagen nicht in Frage, aber ganz ohne Förderung wird voraussichtlich das selbst gesteckte 1-Mio.-Elektrofahrzeuge-Ziel bis 2020 nicht erreicht. Merkel erklärte deswegen ganz offen und unkonkret: „Man erwartet von uns noch in diesem Jahr eine Antwort. Wir werden uns bemühen.“
Die 3. Nationale Konferenz Elektromobilität, die am 15. und 16. Juni 2015 im Berlin Congress Center (bcc) stattgefunden hat und vom Moderator Jörg Thadeusz liebevoll als „Kirchentag der Elektromobilität“ bezeichnet wurde, war ein Stelldichein der prominenten Automobilvertreter Deutschlands. Alle waren sie da: Sowohl die Vorsitzenden der Autokonzerne als auch die Chefs der Zulieferunternehmen inklusive etlicher Lobbyisten, um in direkten Kontakt mit den politisch Verantwortlichen treten zu können.
Vor dem bcc standen sechs der mittlerweile 19 erhältlichen Modelle deutscher Automobilhersteller Spalier, während drinnen zahlreiche „Schaufenster“ und „Leuchttürme“ Werbung für Elektromobilität machten. Wirklich wichtig war allerdings eigentlich nur das Hinterzimmertreffen, zu dem Kanzlerin Merkel am Nachmittag des ersten Veranstaltungstages erschien. Nach einem kurzen Fototermin mit den Vorständen von 30 DAX-Unternehmen (Merkel eingerahmt von Kagermann, NPE; Zetsche, Daimler; Winterkorn, VW; Wissmann, VDA) enteilte die gesamte Polit- und Wirtschaftsprominenz in ein Separee und besprach hinter verschlossenen Türen den aktuellen Stand sowie die Zukunft der E-Mobilität.
In ihrer anschließenden Rede verwies die Bundeskanzlerin im voll besetzten Konferenzsaal gleich mehrfach darauf, dass sie von eben diesen Wirtschaftsführern „heute von hier neue Erkenntnisse mitnehme“. Sie machte deutlich, dass über weitere Fördermaßnahmen diskutiert werden müsse, ohne dabei jedoch konkreter zu werden. Klar sei allerdings, dass „die 95 g CO2 auf 100 km nur mit Elektromobilität zu erreichen sind“.
Ende 2015 soll die Zahl der von deutschen Automobilunternehmen produzierten Elektrofahrzeuge bei 29 liegen. Bislang wurden rund 36.000 Stromer in Deutschland neu zugelassen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kündigte während der von der GGEMO organisierten Veranstaltung an, eine Initiative starten zu wollen, um im Rahmen des Konjunkturpakets von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine europäische Zellenproduktion aufzubauen. Und Bundesforschungsministerin Johanna Wanka erklärte in diesem Zusammenhang, zusätzlich zu dem mit 60 Mio. Euro geförderten Forschungsprogramm Batterie 2020 jetzt das Verbundprojekt GIGA-LIB starten zu wollen, bei dem der Aufbau einer Batteriezellenproduktion in Deutschland vorangetrieben werden soll. Mehrfach Kritik einstecken musste in diesem Zusammenhang Daimler für seine Entscheidung, seine Batteriezellenfabrik wieder zu schließen. Dr. Dieter Zetsche versuchte zu erklären, dass sein Unternehmen aus Rücksichtnahme auf seine Aktionäre nicht so agieren könne wie ein Start-up Tesla, das jahrelang Verluste einkalkuliere.
Gabriel schlug zudem vor, ergänzend zu den bereits anvisierten steuerlichen Vergünstigungen eine Initiative zu starten, um den Anteil der E-Autos beispielsweise bei der Deutschen Post sowie bei ambulanten Diensten zu steigern. Er sagte: „Es muss doch möglich sein, dass Bund, Länder und Gemeinden sich zusammentun. Wir brauchen ein gemeinsames öffentliches Beschaffungsprogramm, um nicht gleich 50 %, aber 10 bis 20 % zu erreichen.“ Weiter sagte er: „Wir lassen uns etwas einfallen, damit wir das Ziel annähernd erreichen, aber das wird nicht einfach.“ Zudem erklärte er noch zum eRoaming: „Ich freue mich, dass die Industrie eine Kooperationsvereinbarung abschließen wird, damit Kunden deutschlandweit laden und den getankten Strom von unterschiedlichen Anbietern abrechnen können.“
Bezug nehmend auf die Kritik an der nach wie vor mangelhaften Ladeinfrastruktur in Deutschland kündigte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt an, bis zum Jahr 2017 alle 400 Autobahnraststätten in Deutschland mit Ladesäulen ausstatten zu wollen. Er sagte: „Wir wollen, dass jetzt eine stärkere Dynamik entsteht, dass Elektromobilität nicht der Sonderfall, sondern der Standard wird.“ Er unterstrich diesen Anspruch mit dem Hinweis darauf, dass in seinem Ministerium der Anteil der E-Autos dank der Unterstützung von Staatssekretär Rainer Bomba im nächsten Jahr die 50-%-Marke erreichen wird.
Sieben Leuchtturmprojekte
Die Bundesregierung nutzte die Konferenz, um sieben neue Leuchtturm-Projekte Elektromobilität zu nominieren und vorzustellen, die zu den 22 bereits bestehenden Leuchttürmen hinzukommen. Details dazu können Sie in den nächsten Ausgaben der HZwei nachlesen.

1 Kommentar

  1. Achim Behrenwaldt

    Solange die Deutschen mit Ihren Autos voll zufrieden sind und Elektroautos noch etliche Nachteile gegenüber konventionellen Autos haben, wird es keinen Boom von Elektroautos geben, zumal ja auch die Hersteller mit ihren Umsätzen und Gewinnen sehr zufrieden sind !
    Man sollte also daran arbeiten, die Nachteile gegenüber den konventionellen Modellen zu beseitigen ! Vielleicht wäre der Einbau eines Akkus und eines Elektromotors in ein konventionelles Modell eine Lösung? Dann könnte man in der Stadt zur Arbeit und zum Einkaufen elektrisch fahren und auf der Fernstrecke mit dem Benziner oder Diesel ! Auch damit kann man Spritverbrauch und CO2-Emission senken ! Das wäre doch ein brauchbarer und bezahlbarer Kompromiss !?

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