Gruppenrotation wird Wasserstoff voranbringen

Gruppenrotation wird Wasserstoff voranbringen

Aktien aus dem Krypto-Universum und von vielen Hightech-Unternehmen erreichen derzeit neue Höchstkurse. Auch Rüstung boomt an der Börse angesichts der vielen, teils kriegerischen weltpolitischen Konflikte. Nur der Themenkomplex Wasserstoff und Brennstoffzelle führt noch ein Schattendasein mit Kursen auf Crash-Niveau, die aber die Perspektiven von nachhaltig erzeugter Energie und vor allem von Wasserstoff völlig ausblenden – noch.

Die Börse funktioniert auch immer nach dem Prinzip der Gruppenrotation, wonach immer genau die Branchen in den Fokus und ins Zentrum des Anlegerinteresses rücken, die bisher völlig vernachlässigt wurden, aber über hervorragende Perspektiven verfügen. Genau daher rührt meine Erwartung, dass nach fast drei Jahren fallender Aktienkurse nun allmählich die Trendwende einsetzt und ein nachhaltiger, langfristiger Aufwärtstrend an der Börse beginnt, der seine Basis in einem sehr hohen Unternehmenswachstum hat. Vielen Marktteilnehmern ist derzeit noch unklar, wie Wasserstoff in großen Mengen verfügbar werden könnte, dabei steht heute schon fest, dass die Produktionsmengen enorm steigen und die Preise fallen werden. Das alles geht aber nicht über Nacht: Riesige Kapazitäten an Elektrolyseurtechnologie – PEM, AFC, AEM, SOFC – müssen entstehen, um ausreichend Wasserstoff produzieren zu können.

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Hydrogen economy is on its way and will come!

„Die H2-Wirtschaft ist auf dem Weg und wird kommen“, so das Fazit des H2-Forums in Berlin (19. und 20. Febr. 2024, s. S. 20). Ein Referent führte aus, dass wir jetzt, nach den übertriebenen Erwartungen, „aus dem Tal des Todes“ heraus- und auf dem Boden der Tatsachen angekommen seien. Jetzt gehe es darum, die Risiken abzuschätzen und in konkrete Projekte einzusteigen, die sich in Investitionen in den gesamten Themenkomplex Wasserstoff niederschlagen würden. Vom Reden zum Handeln.

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Blicken wir visionär in die Jahre 2030, 2035 und 2040, so ist klar, was heute technologisch alles auf den Weg gebracht werden muss. Grüner und vorübergehend blauer Wasserstoff (erzeugt durch Erdgasreformierung – 70 Prozent weniger CO2) werden dominieren und den grauen Wasserstoff aus Erdgas CO2-frei ablösen. Regenerativ erzeugter Wasserstoff wird zum Rohstoff, der als Commodity an der Börse einen Marktpreis erhält. Diejenigen Produzenten, die über große Mengen an kostengünstiger regenerativer Energie (Sonne, Wind und Wasserkraft) verfügen und den notwendigen Zugang zu Wasser (vor allem Meerwasser) haben, erhalten ein handelbares Gut, das sie mit hohen Gewinnmargen auf dem Weltmarkt verkaufen oder selbst nutzen können.

Für letzteren Fall ist zu beobachten, dass Länder mit idealen Rahmenbedingungen zunehmend darüber nachdenken, den erzeugten Wasserstoff durch den Aufbau entsprechender Industrien selbst vor Ort zu nutzen, statt ihn an Länder wie Deutschland zu verkaufen, da Energie ein sehr wichtiger Standortfaktor ist.

Wasserstoff und Börse

In Ländern wie China und einzelnen Regionen wie dem US-Bundesstaat Kalifornien entwickeln sich Wasserstoffstrategien, die Vorbildcharakter haben und auch als Blaupause für die Welt dienen. In China sollen bis 2025 über 1.200 H2-Tankstellen in Betrieb sein. Derzeit sind es etwa 400. Südkorea will langfristig mehr als 1.600 H2-Tankstellen im Land etablieren. Hier in Deutschland sind nach wie vor rund 100 in Betrieb.

Firmen mit Kapazitäten für Brennstoffzellen-Stacks sowie -Module für Nutzfahrzeuge stehen in den Startlöchern (Bosch, Cummins, Ballard, Hyzon, Toyota, Hyundai u. v. a.), denn diese Märkte werden riesig sein. Man kann von mehreren Millionen Lkw und Bussen ausgehen, die in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren auf Batterie und Brennstoffzelle (auch in Kombination) umgestellt werden. Auch Wasserstoffmotoren bekommen viel Aufmerksamkeit, verschiedene Prototypen wurden bereits entwickelt (Bosch, Cummins, Toyota).

Die Frage nach den richtigen H2-Aktien lässt sich insofern gut beantworten, als vor allem solche Unternehmen gewinnen werden, die über eine ausgereifte Technologie verfügen, robuste Geschäftsmodelle betreiben, lieferfähig sind und möglicherweise selbst von Consumable Hydrogen profitieren, wenn sie diesen kostengünstig selbst herstellen oder als Handelsgut vertreiben und nutzen können.

Hier winkt perspektivisch eine gute Gewinnmarge mit hohem Steigerungspotenzial. An der Börse gibt es allerdings gerade in Sachen Wasserstoff noch eine Phase der Enttäuschung, da erstens alles nicht so schnell geht und zweitens auch Rückschläge zu verkraften sind. Neben Fragen der Umsetzungsgeschwindigkeit geht es oft auch um regulatorische Fragen auf der Zeitschiene. Dass die Börse das Potenzial der Unternehmen mit deren Aktienkursen und Börsenbewertungen noch nicht erkannt hat, ist an den aktuellen Kursen unschwer abzulesen. Dass es aber zu einer völligen Neubewertung kommen wird, steht außer Frage, auch wenn es länger dauern wird. Haben Sie Geduld. Wir stehen erst am Anfang dieses neuen Mega-Trends – auch an der Börse. Warten wir auf die Gruppenrotation, dann geht alles ganz schnell.

Risikohinweis
Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024

FuelCell Energy – Carbon Capture als Wachstumsstory?

FuelCell Energy – Carbon Capture als Wachstumsstory?

FuelCell Energy hat mit SOFC-Brennstoffzellenkraftwerken eigene Kapazitäten für saubere Energie im Umfang von 62,8 MW (Vorjahr: 43,7 MW) aufgebaut. Die eigene Hochtemperatur-Brennstoffzelle dient als Basis für den Einsatz in der Elektrolyse, wo das Unternehmen großes Potenzial für sich erkannt hat. Dazu kommen diverse Forschungsprojekte, unter anderem in Kanada, und man setzt auf die eigens entwickelte Carbon-Capture-Technologie, die Emissionen vermeiden und gleichzeitig emissionsfreie Energie erzeugen soll. So weit, so gut. Unweigerlich denkt man an Konkurrenten wie Bloom Energy, Sunfire und Ceres Power (indirekt auch Weichai Power und Bosch), die ähnliche Visionen und Technologieansätze wie FuelCell Energy verfolgen.

Was das alles an Auftrags- und Umsetzungspotential hat, erschließt sich mir leider noch nicht. Die Zahlen sind bisher ernüchternd: Das erste Quartal (Fiskaljahr 31.01.24) brachte einen Verlust von 44,4 Mio. US-$. Der Umsatz sank in dem Quartal auf 16,7 Mio. US-$. An Liquidität mangelt es dem Unternehmen nicht: 348,4 Mio. US-$ waren am 31. Januar 2024 auf dem Konto. Allerdings ist seit Jahren ein permanenter Kapitalabfluss zu verzeichnen, der durch ständige Aktienplatzierungen an der Börse über ein ATM-Programm gestützt wird. Projekte wie mit Exxon in Holland klingen vielversprechend, lassen aber keine Rückschlüsse auf das Potenzial zu. In Südkorea hat der ehemalige Partner Posco über seine Tochter Korea Fuel Cells die Option auf weitere Aufträge in Ergänzung zu einem früheren Projekt verfallen lassen. Kein gutes Zeichen.

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Gemeinschaftsunternehmen mit ExxonMobil

Auf den ersten Blick klingt es vielversprechend: FuelCell Energy und ExxonMobil haben vereinbart, in Rotterdam eine Produktionsanlage für Carbon Capture zu bauen. Dabei geht es darum, CO2-Emissionen zu vermeiden bzw. CO2 zu speichern und nutzbar zu machen, ohne dass ein CO2-Fußabdruck entsteht. CCS steht für „Carbon Capture and Storage“. Nach erfolgreichem Einsatz direkt in der Nachbarschaft wichtiger Industrien könne das Projekt, das auf der Technologie von FuelCell Energy aufbaut, an allen Produktionsstandorten von ExxonMobil eingesetzt werden, an denen CO2-Emissionen anfallen. Der Prozess soll als Nebenprodukt Wärme erzeugen und die Produktion von grünem Wasserstoff ermöglichen.

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Leider gibt es keinen Hinweis auf das genaue Investitionsvolumen (Invest seitens FuelCell Energy) und darauf, welches Auftragsvolumen sich daraus ableiten lässt. Jedenfalls wird das Projekt von der EU über den Emissions Trading System Innovation Fund finanziell unterstützt. ExxonMobil und FuelCell Energy arbeiten bereits seit einiger Zeit an den begleitenden Technologien, so dass dieses konkrete Projekt einen weiteren wichtigen Meilenstein darstellt.

Das Cash-Polster sichert den Aktienkurs gut ab. Die Börse wird FuelCell Energy wiederentdecken, wenn gezeigt werden kann, wie mit Technologien wie Carbon Capture und SOEC Aufträge generiert und Geld verdient werden kann. Das wird noch dauern. Zum Trading ist die Aktie immer geeignet, da gute Nachrichten hier schnell zu größeren Kursausschlägen führen.

Risikohinweis

Jeder Anleger sollte sich bei der Investition in Aktien immer seiner eigenen Risikoeinschätzung bewusst sein und auch an eine sinnvolle Risikostreuung denken. Die hier genannten BZ-Unternehmen bzw. Aktien stammen aus dem Bereich der Small- und Mid-Caps, das heißt, es handelt sich nicht um Standardwerte, und auch die Volatilität ist deutlich höher. Diese Analyse stellt keine Kaufempfehlung dar. Alle Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen und stellen hinsichtlich der Bewertung ausschließlich die persönliche Meinung des Autors dar, wobei der Fokus auf einer mittel- bis langfristigen Bewertung und nicht auf kurzfristigen Gewinnen liegt. Die hier vorgestellten Aktien können im Besitz des Autors sein. Es handelt sich nicht um eine Anlage- oder Kaufempfehlung, sondern lediglich um eine unverbindliche persönliche Einschätzung – ohne Obligo.

Autor: Sven Jösting, verfasst am 15. März 2024

Hintergründe zur Trennung des BMDV von Mister Wasserstoff

Hintergründe zur Trennung des BMDV von Mister Wasserstoff

Eigentlich hatte sich alles schon wieder beruhigt um die Causa Bonhoff, aber dann tauchten im Februar 2024 neue Informationen auf, die Bundesverkehrsminister Volker Wissing zum Anlass nahm zu handeln: Am 15. Februar entband er seinen Leiter der Abteilung Grundsatzangelegenheiten, Prof. Dr. Klaus Bonhoff, mit sofortiger Wirkung von dessen Dienstpflichten und versetzte zudem einen Referatsleiter. Anlass für die Entbindung war eine Diskrepanz im Rahmen eines Prozesses der Innenrevision im Verkehrsministerium. Zusätzliche Brisanz erhielt diese Affäre, als der Spiegel meldete, Wissing habe am 20. Februar „komplett die Bewilligung von Wasserstoffförderung“ gestoppt. Tatsächlich besteht jedoch kein Förderstopp. Es werden lediglich im Ministerium nochmalige Prüfungen durchgeführt, die zu Verzögerung führen können.

Aber der Reihe nach. Wir versuchen jetzt hier zu beleuchten, wer wie mit wem verbandelt ist und was wann geschah:

Es begann im Sommer 2023 mit einer Veröffentlichung des Handelsblatts über ein fragwürdiges Freundschafts- und Lobbynetzwerk. Der Verdacht der Vetternwirtschaft, der von unterschiedlicher Seite erhoben wurde, wird damit begründet, dass ein zu enges Geflecht an Kontakten zwischen verschiedenen Akteuren aus Politik und Wirtschaft bestehe. So wird Bonhoff vorgeworfen, dass er freundschaftlich mit Werner Diwald, dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Wasserstoff-Verbandes e. V. (DWV), sowie mit Dr. Oliver Weinmann, dem DWV-Präsidenten, verbunden sei und gemeinsam mit beiden in den Skiurlaub fahre. Weiter heißt es, Bonhoff habe dem DWV 2021 zu Fördermitteln verholfen.

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Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), wurde mit der Klärung dieses Sachverhalts beauftragt und gab laut Spiegel wenige Wochen später Entwarnung: „Keine Spur von Günstlingswirtschaft.“ Parallel dazu erhielt Bonhoff, insbesondere aus der Wasserstoffbranche, breite Rückendeckung.

Anfang 2024 kam dann aber alles nochmals hoch, nachdem der Spiegel aus dem E-Mail-Verkehr zwischen Bonhoff und Diwald zitierte (s. www.fragdenstaat.de). Daraus werde ersichtlich, so die Unterstellung, dass zwischen den Akteuren eine große Nähe und Vertrautheit bestehe.

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Ungereimtheiten und Widersprüche

Tatsächlich lässt sich aus den offengelegten E-Mails ablesen, dass seitens des DWV gewisse Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich einiger Fördermaßnahmen artikuliert wurden. So schrieb Werner Diwald beispielsweise im September 2021: „In Anbetracht der anstehenden Wahlen wäre es sicherlich gut, wenn ein Zuwendungsbescheid noch in dieser Legislaturperiode erteilt wird.“ (Spiegel, 6. Februar 2024)

Bonhoff hatte daraufhin diese E-Mail an das zuständige Fachreferat im BMDV weitergeleitet, wobei er sich nach dem Sachstand erkundigt habe, wie er gegenüber HZwei erklärte. Wie Spiegel und Tagesspiegel Background einhellig darlegen, habe er zudem dieses Projekt „mündlich befürwortet“. Ebendiese Befürwortung wurde allerdings zuvor bestritten, was nun zu weitreichenderen Problemen im Bundesverkehrsministerium führen könnte.

LobbyControl sah es daraufhin als erwiesen an, dass es sehr wohl eine Günstlingswirtschaft gab. Am 16. Februar berichtet die Internetplattform dann darüber, dass tags zuvor das Verkehrsministerium eingeräumt habe, dass es „Ungereimtheiten und Widersprüche“ bei der Vergabe der Fördergelder gegeben und Verkehrsminister Wissing deswegen Abteilungsleiter Klaus Bonhoff von seinen Tätigkeiten entbunden habe.

„Das nötige Vertrauensverhältnis des Ministers zu dem Abteilungsleiter besteht nicht mehr fort.“ BMDV-Staatssekretär Stefan Schnorr in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)

Darüber hinaus bemängelt LobbyControl, dass die Compliance-Regeln im Bundesverkehrsministerium unzureichend seien und Bonhoff bei der Vergabe von Fördergeldern nicht sauber zwischen privaten und dienstlichen Kontakten getrennt habe.

Zu enges Geflecht?

Klaus Bonhoff, der aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit in Führungsfunktionen im H2– und BZ-Sektor auch als „Mister Wasserstoff“ bezeichnet wird, hatte jahrelang bei Daimler an Brennstoffzellenautos gearbeitet, bevor er 2008 Geschäftsführer der Nationalen Organisation für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie GmbH (NOW – s. HZwei-Hefte Apr. 2011 & Okt. 2019) wurde. Von dort wechselte er ins Bundesverkehrsministerium. Sein Nachfolger bei der NOW wurde im Mai 2020 Kurt-Christoph von Knobelsdorff (s. HZwei-Heft Jan. 2021).

Aufgrund seiner umfangreichen Expertise war er viele Jahre lang auf zahlreichen Branchen-Events ein gerngesehener Gast, da er auch als versierter Redner gilt, der sehr diplomatisch und präzise formuliert. Verständlich, dass insbesondere der DWV seine Nähe suchte, da in diesem Verband viele wesentliche deutsche Industrieunternehmen aus der H2-Community Mitglied sind und Bonhoff als NOW-Sprecher Hauptansprechpartner für die Beantragung von Fördermitteln im Wasserstoffsektor war. Die Bewilligung oblag hingegen damals und obliegt auch heute noch dem Projektträger Jülich (PtJ).

Die Rolle des DWV

Der DWV hat sich im Laufe der Jahre – insbesondere unter der Führung von Werner Diwald – von einem engagierten Verein motivierter Idealisten zu einem industriellen Lobby-Verband entwickelt. Einige der ursprünglichen Mitglieder, die eher die ideellen Ansätze unterstützten, kehrten deswegen dem Verband in den vergangenen Jahren den Rücken. Einige von ihnen drängten immer wieder auf weniger Industriehörigkeit und mehr Transparenz. Zuletzt legte zum Jahreswechsel Dr. Johannes Töpler, langjähriger DWV-Vorsitzender, seine Ernennung zum DWV-Bildungsbeauftragten nieder, weil er unter anderem das von ihm für elementar erachtete Thema der Aus- und Weiterbildung in der Verbandsarbeit nicht mehr angemessen berücksichtigt und gewürdigt sah.

Der DWV ist offiziell ein eingetragener Verein. Diwald setzte sich über die Jahre für die Einrichtung verschiedener Fachkommissionen ein, bei denen die mitwirkenden Firmen hohe Beiträge bezahlen, damit der DWV, unter anderem auf dem politischen Parkett in Berlin und Brüssel, deren Interessen vertreten kann. So werden regelmäßig politische Abende und Wirtschaftsgespräche organisiert, wo Repräsentanten aus Industrie und Politik zusammenkommen, so wie es heutzutage bei Verbänden üblich ist. Eine dieser Fachkommissionen, HyMobility, hat 2021 einen Millionen-Euro-Betrag an Fördergeldern über das PtJ, also aus dem Etat des Bundesverkehrsministeriums, zugesprochen bekommen, was nun Bonhoff vorgeworfen wird.

LobbyControl kritisiert in diesem Zusammenhang: „Es ist ungewöhnlich und fragwürdig, dass ein Wirtschaftslobbyverband wie der DWV einen staatlichen Zuschuss für Aufgaben bekommt, die er ohnehin tut: Netzwerke pflegen und Lobbyarbeit betreiben.“

Bonhoff entgegnete darauf gegenüber HZwei: „Die Förderung von HyMobility erfolgt analog zu dem vom BMUV geförderten Vorhaben HySteel, das zeitlich vor HyMobility bewilligt wurde.“ Genau darüber hatte am 7. Februar 2024 Tagesspiegel Background berichtet: „Das Ministerium [Bundesumweltministerium; Anm. d. Red.] ist mit dem Projekt zufrieden. ‚Solche Netzwerk-Bildungen sind effektiv und erfolgreich, dienen dem Best-Practice-Austausch und der Gründung von horizontalen und vertikalen Partnerschaften bei der Erforschung, Erprobung und Produktion.‘“

„Das Projekt HyMobility wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt 1,8 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.“

https://dwv-hymobility.de/organisation/

Unter den insgesamt 22 Mitgliedern von HyMobility sind auch die NOW GmbH sowie die H2 Mobility Deutschland GmbH & Co. KG. H2 Mobility ist ein Zusammenschluss verschiedener Automobil-, Industriegas- und Mineralölunternehmen sowie einem Investmentfonds, der sich um den Aufbau von H2-Tankstellen in Deutschland kümmert. So gut wie jede Station, die von dieser Berliner Gesellschaft errichtet und betreut wird, wird mit annähernd 50 Prozent Fördermitteln aus europäischen, Bundes oder Landesmitteln bezuschusst. Einer von drei Geschäftsführern ist seit April 2023 Lorenz Jung (s. HZwei-Heft Okt. 2023), nach Angaben von LobbyControl der Schwiegersohn von Dr. Oliver Weinmann. Jung, dessen Ehefrau (Weinmanns Tochter) bei der NOW in der Kommunikationsabteilung arbeitet, war quasi seit der Gründung leitender Mitarbeiter des Unternehmens.

Die Rollen von Weinmann und Diwald

Weinmann ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des damaligen Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (s. HZwei-Heft Okt. 2010). Der gebürtige Hamburger arbeitete zunächst für die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), die 2001 mehrheitlich von dem schwedischen Großkonzern Vattenfall Europe übernommen wurden. Von 2010 bis Juli 2023 war er Geschäftsführer der Vattenfall Europe Innovation GmbH, dann war er Head of Innovation Management bei der Vattenfall Europe AG. Seit 2020 ist er zudem ehrenamtlich Präsident des DWV. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des NOW-Beirats, stellvertretender Vorsitzender der Wasserstoffgesellschaft Hamburg e.V. und hat bzw. hatte – laut seiner eigenen HyAdvice-Homepage, über die er freiberuflich Beratungsdienstleistungen, auch zu Fördermitteln, anbietet – weitere Führungspositionen inne, unter anderem bei Hydrogen Europe sowie beim Bundesverband Energiespeicher (BVES).


Dr. Oliver Weinmann bei einem parlamentarischen Abend 2022 in Berlin

Ähnlich, wie Weinmann mit HyAdvice agiert, verfährt Diwald mit der PtXSolutions GmbH, ehemals ENCON.Europe GmbH. Über diese Firma berät der DWV-Vorsitzende nebenbei Institutionen wie DWV, Encon Energy EOOD (ENCON-Tochterfirma), Enertrag (ehemaliger Arbeitgeber), NOW, Performing Energy (DWV-Think-Tank), Vattenfall Europe Innovation usw. Ursprünglich hatte ENCON.Europe einige Tätigkeiten für den DWV übernommen (s. HZwei-Heft Okt. 2020). Nach Aussage Diwalds trug die ENCON.Europe GmbH damals erheblich dazu bei, die Sichtbarkeit des DWV zu steigern, ohne selbst großartig in Erscheinung zu treten. Sie habe exklusiv den DWV und die Fachkommission Performing Energy als Markennamen im politischen Umfeld platziert und im Interesse des Verbands gehandelt. Zum Team zählte seit 2017 unter anderem Dennitsa Nozharova, die Ehefrau von Werner Diwald, die gleichzeitig auch für den DWV arbeitete und auch für Encon Energy EOOD tätig ist.


Werner Diwald ist seit 2014 DWV-Vorstandsvorsitzender

Performing Energy war die erste Fachkommission, die der DWV 2015 auf Diwald Bemühungen hin initiierte, nachdem er selbst dieses Bündnis für Windwasserstoff im Jahr 2011 gegründet und den Sprecherposten übernommen hatte (s. HZwei-Heft Jan. 2012). Neben Enertrag und Vattenfall sind dort noch weitere Mitgliedsfirmen beteiligt, die auch in anderen Gruppierungen dieses Netzwerks mitwirken.

Werner Diwald bezog zu diesem Sachverhalt gegenüber einigen Vereinsmitgliedern Stellung mit den Worten (E-Mail liegt der HZwei-Redaktion vor): „Die Verdachtsvermutungen der Medien über einen möglichen Verstoß seitens des DWV gegen Compliance-Regeln in Bezug auf die Beantragung der Förderung des Innovationsclusters HyMobility sind unbegründet. […] Eine unzulässige Einflussnahme durch den DWV hat nicht stattgefunden. Der DWV lässt sich seine satzungsgemäße Arbeit nicht fördern. […] Aufgrund der Förderung des Innovationsclusters HyMobility durch das BMDV hat sich der DWV somit eindeutig nicht in eine Abhängigkeit der Regierung begeben.“

Darüber hinaus gab es bislang von Seiten des DWV keine offizielle Stellungnahme – außer der Verweigerung der „Freigabe“ mehrere Passagen dieses Textes, weil sie „nichts mit dem gesamten Vorgang zu tun“ hätten und „nur zur Erzeugung einer unberechtigten Verdachtsvermutung“ dienten, nachdem die HZwei-Redaktion bei Diwald und Weinmann vor der Online-Veröffentlichung um eine Rückmeldung gebeten hatte.

H2-Fördergelder eingefroren

Den zwischenzeitlichen Höhepunkt erfuhr diese Affäre am Dienstag, nachdem der Spiegel berichtete, dass der Bundesverkehrsminister alle Fördergelder für H2-Projekte eingefroren habe. Demnach sollten vorerst keine Gelder für diesen Sektor mehr bewilligt und auch keine Verträge mehr abgeschlossen werden. Selbst Änderungsbescheide bedürften einer Freigabe von Staatssekretärsebene, hieß es.

Eine BMDV-Pressesprecherin stellte diesbezüglich allerdings am 21. Februar in einer Pressekonferenz klar, dass das Ministerium „nicht die Wasserstoffförderung als solche gestoppt“ habe, sondern sorgfältigere Prüfungen von Förderanträgen vorgenommen werden. Diese „fokussieren sich derzeit auf das Bewilligungsverfahren für die Fördervorhaben HyMobility des DWV“. Sollten sich im Rahmen der Untersuchung entsprechende Anhaltspunkte ergeben, werden gegebenenfalls auch weitere Fördervorhaben näher beleuchtet.

Anlass für dieses verschärfte Vorgehen scheint die Causa Brunner zu sein. Hierbei geht es unter anderem um den E-Mail-Verkehr über einen privaten GMX-Account, über den Klaus Bonhoff unter anderem mit dem bayerischen Unternehmer Tobias Brunner, Geschäftsführer der Cryomotive GmbH sowie der Hynergy GmbH und zentrale Figur beim Aufbau des Wasserstoff Technologie- und Anwenderzentrums (WTAZ) in Pfeffenhausen, kommuniziert hat. LobbyControl moniert diese „Nutzung eines privaten Mailaccount für dienstliche Kommunikation“, weil dieser Mailverkehr der ministeriumsinternen Innenrevision nicht bekannt war und somit auch nicht in deren Abschlussbericht entsprechend Berücksichtigung hatte finden können. Hierbei geht es um 14 GB an Daten, die jetzt gesichtet werden müssen.

Autor: Sven Geitmann

Start des Forschungsnetzwerkes

Start des Forschungsnetzwerkes

Am 9. Februar 2021 hat die Kick-off-Veranstaltung des neu gegründeten Forschungsnetzwerkes Wasserstoff (s. HZwei-Heft Jan. 2021) stattgefunden. Der Verbund mit mehr als 1.100 Mitgliedern aus unterschiedlichen Forschungsdisziplinen und Wirtschaftsbereichen wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ins Leben gerufen und ist Bestandteil der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung.

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Die Entwicklung der Brennstoffzelle

Die Entwicklung der Brennstoffzelle

boerse-n

Im BOERSE-N-Interview erklärt Sven Geitmann die Brennstoffzellen-Technologie, macht eine gedankliche Reise zurück in die Geschichte der Brennstoffzelle und gibt seine Einschätzung zur Entwicklung und zur Zukunft dieser Technologie ab. Sven Geitmann ist der Herausgeber der Zeitschrift HZwei, dem Magazin für Wasserstoff und Brennstoffzellen.

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